Die Landwirtschaft steht am Beginn einer neuen Ära: Künstliche Intelligenz und Robotik dringen zunehmend in die Arbeitswelt der Landwirte vor. Ein bemerkenswertes Beispiel liefert das Startup Prefiro mit seinem autonomen Spargelernteroboter, der Effizienz, Präzision und Nachhaltigkeit miteinander verbinden soll.
Prefiro – innovative Robotik für das Spargelfeld
Das 2020 gegründete Münchner AgTech-Startup Prefiro entwickelte einen autonomen Roboter, der mithilfe von KI-gestützter Bildverarbeitung Spargel mit hoher Präzision erntet. Das System erkennt mithilfe neuronaler Netze exakt jene Spargelstangen, die die richtige Länge für die Ernte erreicht haben, und sticht sie automatisch – ganz ohne menschliches Zutun.
Die Technologie kombiniert maschinelles Lernen, GPS-gesteuerte Bewegungskoordination und robotische Arme. Ein verbautes Kamerasystem analysiert das Spargelfeld in Echtzeit und trifft auf Basis eines trainierten Modells decisions darüber, welche Stangen geerntet werden – ähnlich wie bei Systemen aus der industriellen Qualitätssicherung. Prefiro setzt dabei auf Edge-Computing, um eine schnelle Verarbeitung vor Ort zu gewährleisten und Latenzzeiten zu minimieren.
Bereits im Frühjahr 2024 lieferten die ersten Pilotprojekte in Süddeutschland ermutigende Ergebnisse: In nur acht Stunden konnte der Roboter bis zu 1.200 Kilogramm Spargel ernten – vergleichbar mit der Leistung von zehn Erntehelfern.
Ökonomische Vorteile: Effizienz, Verfügbarkeit und Fachkräftemangel
Der Einsatz KI-gestützter Erntetechnologie bringt deutliche betriebswirtschaftliche Vorteile mit sich – gerade in einer Branche, die bisher stark auf saisonale Arbeitskräfte angewiesen ist. Laut einer Studie des Deutschen Bauernverbands sank die Verfügbarkeit von Erntehelfern zwischen 2015 und 2023 um 18 %, insbesondere wegen verschärfter Einwanderungsbedingungen und steigender Lohnkosten (Quelle: DBV, 2024).
Prefiros Spargelroboter kann rund um die Uhr bei nahezu jedem Wetter arbeiten. Das führt zur:
- Reduktion der Lohnkosten um bis zu 40 % innerhalb von drei Jahren
- Planbarkeit der Erntezeit und Minimierung von Ernteverlusten
- Steigerung der Produktqualität durch präzise Ernteentscheidungen
Hinzu kommen strukturelle Vorteile. Während menschliche Erntehelfer oft saisonal eintrainiert werden müssen, bietet der Roboter eine gleichbleibende Qualität – unabhängig von Personalfluktuation. Auch kleinere Betriebe profitieren: Prefiro bietet ein Leasingmodell an, das Einstiegskosten senkt und die Technologie skalierbar macht.
Ökologische Auswirkungen: KI als Schlüssel zu nachhaltiger Landwirtschaft
Ein signifikanter Vorteil autonomer Agrartechnologie liegt im ökologischen Bereich. Der gezielte und selektive Eingriff in den landwirtschaftlichen Prozess reduziert nicht nur den Energieverbrauch, sondern auch die Bodenverdichtung – beim Spargel besonders kritisch.
Präzisionsmechaniken wie die von Prefiro tragen dazu bei, dass nur wirklich reife Pflanzen geerntet werden. Das verbessert das Pflanzenwachstum und reduziert Verluste durch Übernutzung oder manuelle Fehler. Zudem lassen sich über das KI-System wichtige Umweltparameter dokumentieren – etwa Bodenfeuchtigkeit, Pflanzenwachstum oder Schädigungsgrade – und langfristig auswerten.
Ein Bericht der EU-Kommission aus dem Jahr 2024 identifizierte autonome Agrarrobotik als eine Schlüsseltechnologie zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele des Green Deal. Besonders hervorgehoben wurde die Möglichkeit, durch Automatisierung den CO₂-Ausstoß pro produzierter Tonne Agrarware um bis zu 33 % zu senken (Quelle: European Commission Agriculture Report, 2024).
Herausforderungen in der Praxis
Doch so vielversprechend die Technologie auch ist – die Integration in bestehende landwirtschaftliche Betriebe ist komplex. Drei zentrale Herausforderungen dominieren:
- Infrastrukturbedingte Hürden: Viele Höfe verfügen nicht über flächendeckenden Mobilfunk oder stabile Stromnetze – ein Problem für cloud-basierte Lernmodelle oder Fernwartung.
- Technologische Skepsis: Studien des Fraunhofer IAO zeigen, dass insbesondere ältere Landwirte gegenüber autonomen Systemen zurückhaltend sind. Der Übergang erfordert Beratung, Schulung und Vertrauen.
- Regulatorische Unsicherheit: Bislang fehlen EU-weite Standards für autonome Landmaschinen. Auch beim Datenschutz – etwa bei Bildern vom Hof oder Arbeitsabläufen – herrscht rechtliche Unsicherheit.
Prefiro begegnet diesen Herausforderungen mit gezielter Partnerschaftsstrategie: In Kooperation mit der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft werden Standards getestet und Weiterbildungsangebote entwickelt.
Best Practices für Landwirte – so gelingt der Einstieg in KI-gestützte Erntetechnologie
Für interessierte Agrarbetriebe gibt es bereits heute praktikable Schritte, um sich auf die Einführung solcher Systeme vorzubereiten:
- Analysieren Sie Ihre bestehenden Ernteprozesse auf Automatisierungspotential und definieren Sie kritische Punkte für die Integration digitaler Technologien.
- Nutzen Sie Fördermöglichkeiten auf Landes- und EU-Ebene – etwa das AEFIS-Programm zur Digitalisierung der Landwirtschaft.
- Kooperieren Sie mit Technologieanbietern und Forschungseinrichtungen und nehmen Sie an Pilotprojekten teil, um Erfahrungen zu sammeln.
Auch der Auf- und Ausbau lokaler digitaler Infrastruktur – z. B. durch Edge-Server oder 5G-Netze – ist essenziell. Einige Regionen in Baden-Württemberg und Niedersachsen zeigen hier bereits Vorbildcharakter. Dort profitierten teilnehmende Betriebe von einer bis zu 20 % höheren Betriebseffizienz in der Pilotphase (Quelle: BMEL Smart Farming Trials, 2024).
Fazit: Die Felder der Zukunft sind digital und autonom
Die Landwirtschaft steht vor einem Paradigmenwechsel – und Prefiro ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie KI nicht nur Produktivität steigert, sondern auch ökologische und soziale Herausforderungen adressiert. Der Trend zur autonomen Ernte zeigt: Künstliche Intelligenz ist kein Denkspiel mehr, sondern Realität auf deutschen Feldern.
Doch der Erfolg hängt von einem intelligenten Gesamtansatz ab – technologische Innovation, Begleitung durch Forschung, passende politische Rahmenbedingungen und der Mut zur Veränderung auf Seiten der Landwirt:innen.
Wie sehen Sie die Zukunft der autonomen Landwirtschaft? Welche Erfahrungen haben Sie mit KI-Technologien im Feld gesammelt? Teilen Sie Ihre Meinung mit der Community und bringen Sie neue Perspektiven in die Diskussion ein!