Moderne Geräte bieten zahlreiche Sicherheitsfunktionen – doch viele davon sind ab Werk deaktiviert. Warum ist das der Fall? Und weshalb ist es so wichtig, dass Nutzer diese Funktionen bewusst und manuell aktivieren?
Standardmäßig deaktivierte Sicherheitsfunktionen – aus gutem Grund?
Hersteller moderner Smartphones, Laptops und IoT-Produkte statten ihre Geräte mit immer ausgefeilteren Datenschutz- und Sicherheitsfeatures aus. Doch längst nicht alle sind beim ersten Einschalten aktiv. Häufig müssen Nutzer die Funktionen in den Systemeinstellungen selbst aktivieren – etwa den sicheren Ordner bei Samsung oder den fortgeschrittenen Schutzmodus in Android.
Ein prominentes Beispiel ist Samsung Knox: Die leistungsfähige Sicherheitsplattform bietet Funktionen wie App-Containerisierung zum Schutz sensibler Daten. Doch viele dieser Funktionen, etwa der „Sichere Ordner“ oder die Hardware-Backed Keystore-Nutzung, müssen—trotz Sicherheitsvorteile—vom Nutzer manuell aktiviert werden.
Diese Zurückhaltung ist häufig bewusst gewählt: Funktionen mit potenziellen Auswirkungen auf Anwenderkomfort, App-Kompatibilität oder Systemressourcen werden deaktiviert ausgeliefert. Der Grundgedanke dahinter: Nutzer sollen Sicherheit nicht erleiden, sondern wählen.
Psychologie der Kontrolle: Warum bewusste Aktivierung wirkt
Die manuelle Aktivierung sicherheitsrelevanter Funktionen hat nicht nur technische Auswirkungen, sondern auch psychologische. Studien im Bereich Human-Computer Interaction (HCI) zeigen: Wer ein Feature bewusst aktiviert, versteht tendenziell besser, was es bewirkt – und setzt es nachhaltiger ein.
Eine Untersuchung der University of California (2023) ergab, dass Nutzer, die aktiv Sicherheitsfunktionen in Geräten einschalten, diese zu 67 % länger aktiv lassen als solche, bei denen die Funktion voraktiviert war und später deaktiviert wurde (Quelle: Proceedings of CHI 2023).
Zudem erlebt der Nutzer durch bewusst herbeigeführte Entscheidungen ein gesteigertes Sicherheitsgefühl – ein Faktor, der laut einer Bitkom-Umfrage von 2024 für über 78 % der Deutschen entscheidend bei der Geräteausschreibung ist (Quelle: Bitkom Research, Sicherheit in digitalen Geräten 2024).
Welche Hersteller setzen auf manuelle Aktivierungsstrategien?
Samsung ist nicht allein mit diesem Sicherheitsansatz. Auch andere Hersteller folgen dem Prinzip, wichtige Features nur auf explizite Nutzereingabe hin zu aktivieren:
- Apple: Ab iOS 15 ist Mail Privacy Protection deaktiviert und muss manuell zugeschaltet werden, um Tracker zu blockieren.
- Google: Enhanced Safe Browsing in Chrome wird nicht automatisch aktiviert, sondern erfordert ein explizites Opt-In.
- Microsoft: In Windows 11 Pro ist die Virtualization-Based Security (VBS) zwar vorhanden, oft aber standardmäßig aus Performancegründen ausgeschaltet.
- Xiaomi: Der „Second Space“ (zweite Nutzerumgebung) muss ebenfalls manuell eingerichtet werden – als optionaler Datenschutz innerhalb MIUI.
All diese Beispiele zeigen: Die manuelle Sicherheitsentscheidung ist branchenweit etabliert, auch wenn sie mehr Verantwortung auf den Nutzer abwälzt.
Vor- und Nachteile deaktivierter Features ab Werk
Die Strategie der Hersteller, Sicherheitsfunktionen beim Auslieferungszustand zu deaktivieren, ist nicht unumstritten. Sie bringt klare Vor- und Nachteile mit sich:
- Vorteile:
– Nutzer erleben weniger Systemeingriffe oder Bedienhürden
– Ersparnis von Ressourcen im Stand-by (z. B. Batterie, CPU)
– Vermeidung von Inkompatibilität mit bestimmten Apps oder Workflows - Nachteile:
– Sicherheitsfunktionen bleiben bei Unwissenheit ungenutzt
– Nutzer glauben fälschlicherweise, ein Gerät sei voll abgesichert
– Erhöhter Aufwand für Endanwender mit wenig technischer Erfahrung
Auch Datenschutzbehörden sehen diesen Spagat kritisch. Die Datenschutzkonferenz (DSK) fordert bereits seit 2022, dass „Privacy by Default“ konsequenter umgesetzt und datenschutzfreundliche Voreinstellungen zur Norm werden sollen.
Die Praxis zeigt: Sicherheitsfunktionen fristen oft ein Schattendasein
Ein Beispiel dafür liefert die Analyse von Android’s erweiterten Sicherheitsoptionen: Funktionen wie die App-verifizierende Google Play Protect oder das automatische Zurücksetzen von Berechtigungen sind nützlich – aber in Nutzerumfragen weitgehend unbekannt. Laut Android Security Year in Review 2023 nutzen nur 38 % der Anwender aktiv die Erweiterte Sicherheitsüberwachung in Android-Geräten (Quelle: Google Security Report 2023).
Auch Features wie der iOS-Datenschutzbericht oder der Edge-Tracking-Schutz bleiben oft ungenutzt, obwohl sie wertvolle Einblicke und Abschottung gegenüber Tracking ermöglichen.
Ein Grund dafür liegt in der UI-Designstrategie der Hersteller: Die Funktionen sind oft tief verschachtelt oder unter nicht intuitiven Begriffen abgelegt – ein klarer UX-Fehler mit Datenschutzfolgen.
So gelingt der verantwortungsvolle Umgang mit Sicherheitsfeatures
Damit manuelle Aktivierungen nicht zur Schwachstelle werden, sollten Nutzer auf ein bewusstes Sicherheitsverhalten setzen. Drei praxisnahe Empfehlungen:
- Regelmäßig Einstellungen prüfen: Einmal pro Quartal die Sicherheits- und Datenschutzeinstellungen durchgehen – insbesondere nach Systemupdates.
- Herstellerspezifische Sicherheitszentralen nutzen: Tools wie Samsung Security Hub, Apple Sicherheitscheck oder Microsoft Defender Portal bieten gebündelte Einstellungen und Warnungen.
- Sicherheitsbenachrichtigungen nicht ignorieren: Viele Systeme warnen bei Inaktivität oder Risiken – diese Hinweise ernst nehmen und Maßnahmen umsetzen.
Perspektiven und Entwicklungen: Mehr Kontrolle für Nutzer oder mehr Verantwortung?
Die Zukunft liegt in der Balance zwischen Nutzungskomfort und Sicherheitsverantwortung. Während KI-gestützte Systeme wie Apple Intelligence oder Googles Gemini bald proaktiv Schutzmaßnahmen empfehlen könnten, bleibt die finale Entscheidung oft beim Menschen. Die EU arbeitet parallel an gesetzlichen Vorgaben zur Sicherstellung datenschutzfreundlicher Basiseinstellungen – eine Herausforderung für Hersteller mit globalen Distributionsmodellen.
Gleichzeitig entstehen neue UX-Konzepte, um manuelle Sicherheitsaktivierungen intuitiver zu gestalten – etwa in Form von Tutorial-basierten Setups oder Gamification-Ansätzen im Security-Onboarding.
Was bleibt: Nur wer weiß, dass Sicherheitsfunktionen vorhanden sind, kann sie auch aktivieren. Deshalb sollten Hersteller, Bildungseinrichtungen und IT-Experten gemeinsam daran arbeiten, Aufklärung und einfache Aktivierungsmöglichkeiten in den Fokus zu rücken.
Fazit: Die manuelle Aktivierung von Sicherheitsfeatures mag auf den ersten Blick umständlich wirken – sie ist aber ein zentrales Element für digitale Mündigkeit. Sie gibt dem Nutzer Entscheidungsgewalt, fördert das Verständnis für Datenschutz – und erhöht letztlich die Sicherheit der gesamten digitalen Infrastruktur. Zeit, bewusster hinzusehen.
Welche Strategie bevorzugen Sie: Komfort durch Standardaktivierung oder Kontrolle durch bewusste Entscheidung? Diskutieren Sie mit uns in den Kommentaren oder teilen Sie Ihre Erfahrungen mit #SicherGestartet auf LinkedIn!