Hosting & Infrastruktur

Open Source in der IT: Unabhängigkeit durch XCP-ng und Co.

Ein modern eingerichteter, lichtdurchfluteter IT-Arbeitsplatz mit einem entspannten Techniker, der vor mehreren Bildschirmen mit klar erkennbaren Server- und Virtualisierungsoberflächen sitzt, umgeben von warmen Holztönen und grünen Pflanzen, die eine Atmosphäre von Offenheit, Freiheit und technologischer Unabhängigkeit vermitteln.

Open-Source-Projekte gewinnen in der IT-Infrastruktur zunehmend an Boden. IT-Entscheider setzen vermehrt auf freie Lösungen, um Abhängigkeiten von Herstellern zu reduzieren und strategische Kontrolle zurückzugewinnen. Ein Paradebeispiel dafür ist die Virtualisierungsplattform XCP-ng.

Der Wandel in der Infrastrukturwelt

In den letzten Jahren ist ein deutlicher Paradigmenwechsel in der IT zu beobachten: Statt proprietären Komplettlösungen wenden sich Unternehmen verstärkt quelloffenen Alternativen zu. Open Source wird zur strategischen Basis moderner Infrastrukturarchitekturen – aus technologischen wie wirtschaftlichen Gründen.

Eine 2024 durchgeführte Umfrage von Red Hat zeigt, dass 82 % der IT-Verantwortlichen Open Source in ihren strategischen Initiativen als „sehr wichtig“ bezeichnen. Besonders ausgeprägt ist dieser Trend in Bereichen wie Cloud-Infrastruktur, DevOps und Virtualisierung.

Warum Open Source? Treiber und Vorteile

Organisationen entscheiden sich aus verschiedenen Gründen für Open-Source-Lösungen:

  • Technologische Unabhängigkeit: Der Verzicht auf proprietäre Plattformen verringert Vendor-Lock-in und erhöht die strategische Handlungsfreiheit.
  • Kostenoptimierung: Während Lizenzkosten entfallen, entstehen Werte im operativen Betrieb – mit mehr Kontrolle über Investitionen.
  • Transparenz und Sicherheit: Offener Quellcode ermöglicht tiefergehende Audits, schnellere Reaktionszeiten bei Schwachstellen und mehr Vertrauen.
  • Innovation & Community-Unterstützung: Die Entwicklung erfolgt oft in agilen, hochspezialisierten Communities, die schneller auf Trends und Sicherheitsbedarfe reagieren.

Diese Faktoren führen dazu, dass Open Source heute nicht mehr nur eine ideologische Alternative ist, sondern zunehmend zur besten technologischen Wahl avanciert.

XCP-ng: Eine echte Alternative im Virtualisierungsstack

Ein herausragendes Beispiel in der modernen IT-Landschaft ist XCP-ng – ein freier Hypervisor, der sich als Alternative zu Citrix XenServer bzw. VMware vSphere positioniert. Entstanden ist XCP-ng ursprünglich 2018 als Fork von XenServer, nachdem Citrix begann, wichtige Funktionen dessen kostenpflichtiger Version vorzubehalten. Seither entwickelt das französische Unternehmen Vates gemeinsam mit der Community XCP-ng als vollständig Open-Source-basierte Lösung weiter.

XCP-ng basiert technologisch auf dem bewährten Xen-Hypervisor und ergänzt ihn um moderne Features sowie ein Web-GUI (Xen Orchestra), das Verwaltungsaufgaben deutlich vereinfacht. Es unterstützt Live-Migration, Hochverfügbarkeit, automatisierte Backups und erweiterte Storage-Funktionen – alles ohne kommerzielle Lizenzbindung.

Typische Anwendungsfelder reichen von Unternehmensvirtualisierung über Lab- und Testumgebungen bis hin zu Hosting- und MSP-Lösungen. Laut Vates wird XCP-ng heute weltweit auf über 100.000 Hosts eingesetzt – Tendenz steigend.

Fallbeispiel: Wie ein Mittelständler Unabhängigkeit gewinnt

Ein deutsches Systemhaus, das namentlich nicht genannt werden möchte, stellte 2023 seine gesamte Virtualisierung von VMware vSphere auf XCP-ng um. Hintergrund war die Preisgestaltung nach der Übernahme von VMware durch Broadcom: Bestehende Lizenzmodelle wurden gekappt, perpetual Lizenzen eingestellt, der Funktionsumfang von kostenlosen Versionen massiv eingeschränkt.

Durch den Wechsel konnte das Unternehmen nicht nur signifikante Lizenzkosten vermeiden, sondern erhielt auch mehr Kontrolle über Supportzyklen und Updates. Die Migration verlief in mehreren Etappen über sechs Monate hinweg – unterstützt durch die Migrationswerkzeuge von Xen Orchestra und Community-Dokumentation.

Der CTO des Unternehmens zieht heute eine positive Bilanz: „Mit XCP-ng haben wir unsere Infrastruktur flexibilisiert, Risiken minimiert und gleichzeitig neue Möglichkeiten erschlossen – etwa beim automatisierten Provisioning neuer VMs.“

Weitere Open-Source-Alternativen für Infrastruktur-Komponenten

XCP-ng ist kein Einzelfall. Im gesamten Infrastruktur-Stack entstehen derzeit leistungsfähige Open-Source-Alternativen zu etablierten Enterprise-Produkten:

  • Proxmox VE: Eine weit verbreitete Lösung für Virtualisierung und Container-Orchestrierung (LXC/KVM) mit integriertem Web-GUI.
  • OpenNebula: Lightweight-Alternative zu OpenStack für Private- und Hybrid-Cloud-Deployments.
  • Ceph und TrueNAS SCALE: Software-defined Storage-Lösungen, die sowohl Performance als auch Flexibilität bieten.
  • Kubernetes (K8s): De-facto-Standard für Container-Orchestrierung – vollständig Open Source und breit unterstützt.
  • Ansible / SaltStack: Infrastruktur-orientierte Konfigurationsmanagement-Tools mit starkem Community-Backing.

Der gemeinsame Nenner dieser Projekte: transparente Entwicklung, offene Roadmaps und ein wachsendes Ökosystem an Partnern und Integratoren.

Herausforderungen und Stolpersteine beim Wechsel

So attraktiv Open-Source-Infrastruktur auch ist – der Umstieg erfordert Planung und Ressourcen. Unternehmen sollten insbesondere folgende Herausforderungen beachten:

  • Know-how: Für Aufbau, Betrieb und Troubleshooting wird internes Fachwissen oder externer Support benötigt.
  • Migrationsaufwand: Abhängig vom bisherigen Stack sind Integrationen oder Konvertierungen erforderlich.
  • Langfristige Wartung: Nicht jedes Projekt bietet LTS-Versionen oder kommerzielle SLA-Modelle an – ein sorgfältiger Blick auf Projekt-Governance ist essenziell.

Dennoch bieten viele Projekte heute professionelle Supportoptionen – etwa durch Firmen wie Red Hat, SUSE, Vates oder Proxmox. Auch Zertifizierungen und OEM-Integrationen (z. B. XCP-ng im Secure Boot Modus mit HPE ProLiant-Servern) stärken das Vertrauen in Open-Source-Infrastrukturen.

Open Source wird strategisch – auch in der Cloud

Ein weiterer Treiber ist die wachsende Cloud-Souveränität. Gerade in Europa steigt das Bedürfnis nach technologischer Kontrolle. Initiativen wie Gaia-X oder Projekte wie Nextcloud Hub zeigen, wie Open Source auch Plattformen und Kollaborationsdienste durchdringt.

Mit dem Projekt Sovereign Cloud Stack (SCS) etwa entsteht ein vollständiger, modularer Infrastruktur-Stack auf Open-Source-Basis, getrieben u. a. vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und der OSB Alliance.

Die Cloud Native Computing Foundation (CNCF) registrierte 2024 einen Anstieg um 34 % bei Open-Source-Contributions zum Kubernetes-Ökosystem – ein Indikator für die wachsende Aktivität auch im Enterprise-Kontext.

Praktische Tipps für den Einstieg in Open-Source-Infrastruktur

Für Unternehmen, die einen Wechsel planen, sind folgende Handlungsempfehlungen hilfreich:

  • Assessment der bestehenden Infrastruktur: Klare Analyse aktueller Abhängigkeiten, Lizenzmodelle und Integrationen.
  • Schrittweise Migration: Proof-of-Concept-Phasen einführen, z. B. mit Testumgebungen auf XCP-ng oder Proxmox VE.
  • Knowledge-Transfer aktiv fördern: Workshops, Community-Partizipation und Zertifizierungen (z. B. bei Kubernetes oder Ansible) stärken das interne Know-how.

Fazit: Mehr Freiheit, mehr Kontrolle

Der Trend ist eindeutig: Open Source hat sich im IT-Infrastrukturmanagement vom Nischenthema zur wettbewerbsfähigen, strategischen Alternative entwickelt. Lösungen wie XCP-ng, Proxmox und Kubernetes bieten nicht nur technologische Vorteile, sondern auch neue wirtschaftliche Spielräume.

Gerade in Zeiten von Preiserhöhungen, Zwangs-Migrationen und geopolitischen Risiken gewinnen offene Plattformen an Bedeutung. Sie ermöglichen Organisationen, Kontrolle über ihre Infrastruktur zurückzugewinnen – mit Unterstützung starker Communities und wachsender Anbieterlandschaften.

Wer langfristig resilient bleiben will, sollte sich heute mit Open-Source-Infrastruktur befassen. Die Open-Source-Community lebt vom Mitmachen – ob durch Code, Support oder konstruktive Kritik. Der Dialog lohnt sich. Machen Sie mit.

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