Künstliche Intelligenz

Boom des KI-Marktes: Verschiebung der Geschäftsmodelle bei Foxconn

In einem modern gestalteten, hell erleuchteten Hightech-Fabrikraum steht ein Team konzentrierter Ingenieure um einen offenen Server-Rack, die in freundlicher Atmosphäre die Montage von KI-Servern für die Zukunft der Digitalisierung vorantreiben und dabei den Wandel von traditioneller Smartphone-Fertigung zu smarter KI-Infrastruktur lebendig spiegeln.

Foxconn vollzieht einen strategischen Wandel: Der traditionelle Smartphone-Fertigungsriese setzt zunehmend auf KI-Server und Rechenzentrumsinfrastruktur. Warum dieser Paradigmenwechsel jetzt passiert – und was er für die Technologiebranche bedeutet.

Foxconn im Wandel: Vom Smartphone-Giganten zum KI-Treiber

Die Hon Hai Precision Industry Co., besser bekannt als Foxconn, ist seit Jahrzehnten als weltgrößter Auftragsfertiger von Elektronikprodukten bekannt – insbesondere durch ihre Rolle in der iPhone-Produktion für Apple. Doch angesichts stagnierender Umsätze im Smartphone-Segment und einem rasanten Anstieg der Nachfrage nach Infrastrukturen für Künstliche Intelligenz (KI) hat sich der taiwanesische Technologiekonzern neu ausgerichtet.

Im Jahr 2024 verzeichnete Foxconn einen deutlichen Anstieg in der Nachfrage nach KI-Servern. Der Vorsitzende Young Liu erklärte bei der Vorstellung der Quartalsergebnisse: „Der Markt für traditionelle elektronische Fertigung stagniert, aber unsere Server-Sparte, insbesondere für KI-Anwendungen, wächst zweistellig.“ Tatsächlich wuchs der Umsatz aus dem Servergeschäft im Vergleich zum Vorjahr um über 25 % – das stärkste Wachstum aller Unternehmensbereiche.

Triebkräfte des Wandels: Nachfrage, Margen und geopolitischer Druck

Der entscheidende Treiber für die Kurskorrektur liegt im globalen Boom von Künstlicher Intelligenz. Unternehmen investieren in GPUs, Server und Rechenzentren, um Sprachmodelle, autonome Systeme oder Bildanalysen anzutreiben – Infrastruktur, die Foxconn jetzt bereitstellt. Im Fokus: High-Performance-Computing (HPC)-Server für Cloud-Anbieter, Hyperscaler und KI-Start-ups.

Laut einer Studie von IDC wird der weltweite Markt für KI-Infrastruktur von 2023 bis 2027 jährlich um durchschnittlich 26,9 % wachsen – von 29 Milliarden USD auf über 77 Milliarden USD (Quelle: IDC, AI Infrastructure Tracker, März 2024).

Zusätzlich leidet die Smartphone-Sparte unter Margendruck und Marktsättigung. Apple sah 2024 erstmals seit über einem Jahrzehnt einen Rückgang der iPhone-Absätze um 2,5 % (Quelle: Counterpoint Research, Q4 2024 Report). Auch der Trend zur längeren Nutzungsdauer von Smartphones hinterlässt Spuren – Verbraucher wechseln Geräte weniger häufig.

Hinzu kommt politischer Druck, Produktionsketten stärker zu diversifizieren: Die Spannungen zwischen China und den USA zwingen multinational agierende Hersteller dazu, resilientere, geopolitisch neutrale Standorte zu favorisieren. Foxconn investierte deshalb massiv in Werke in Mexiko, Vietnam und Indien – viele davon fokussiert auf Servermontage und Edge-Computing-Hardware.

Die Rolle von NVIDIA und die neue Abhängigkeit

Eine tragende Rolle im neuen Geschäftsmodell spielt die Partnerschaft mit NVIDIA. Foxconn fertigt KI-Server nach exakter Spezifikation mit GPUs der H100- und GH200-Serie – dem Rückgrat moderner generativer KI-Systeme. Diese werden in sogenannten „NVIDIA-Certified Systems“ zertifiziert, um den hohen thermischen und elektrischen Anforderungen gerecht zu werden.

Taiwan ist mittlerweile ein Zentrum für solche Installationen. Laut TrendForce entfielen im dritten Quartal 2024 über 48 % aller in Asien hergestellten AI-Server auf taiwanesische Unternehmen – mit Foxconn, Quanta und Wistron als Marktführern.

Ein wachsendes Risiko: Die starke Abhängigkeit von NVIDIAs Hardware. Sollte sich das regulatorische oder technische Umfeld ändern, gerät das Wachstum in Gefahr. Foxconn arbeitet daher parallel an eigenen Computing-Plattformen mit ARM-basierten Designs, etwa in Partnerschaft mit Ampere Computing.

Produktionsverlagerung: Von Shenzhen nach Guadalajara und Chennai

2023 kündigte Foxconn an, 1,6 Milliarden USD in ein neues Data-Center-Kompetenzzentrum in Indien zu investieren. Parallel wurde die Fertigung von Serversystemen für nordamerikanische Kunden nach Mexiko ausgeweitet – inklusive eines neuen Werks in Guadalajara mit einer Kapazität von bis zu 4.000 Racks pro Monat.

Ziel ist es, Transportwege zu verkürzen, schnellere Lieferzeiten zu ermöglichen und sich von politisch sensiblen Regionen wie dem chinesischen Festland unabhängiger zu machen. Für viele Kunden – darunter Amazon Web Services und Microsoft Azure – ist dies ein entscheidendes Kriterium bei der Auswahl ihrer Hardwarelieferanten.

Foxconn geht sogar noch einen Schritt weiter: In Taiwan baut das Unternehmen gemeinsam mit TSMC und Delta Electronics ein Hochleistungsrechenzentrum für lokale KI-Projekte wie die Trainingsinfrastruktur für Taiwanese-Language-Modelle.

Konsequenzen für den Markt: Kampf um Hardwarekapazitäten

Der strategische Turnaround von Foxconn spiegelt einen tiefergreifenden Branchentrend wider. Die Nachfrage nach KI-Rechenleistung ist exponentiell gestiegen – die Lieferketten sind angespannt. Wer heute Server mit H100-GPUs bestellen will, wartet mitunter Monate. Unternehmen wie Foxconn werden zum Engpass-Entscheider: Wer Ressourcen bekommt – und wann.

Laut Angaben von Dell’Oro Group wird sich der Markt für AI-Server bis 2026 auf 58,5 Milliarden USD nahezu verdoppeln (Stand: AI Server Market Report Q2 2024).

Dadurch verändern sich auch die Machtverhältnisse: Auftragsfertiger wie Foxconn gewinnen an strategischer Bedeutung, während klassische OEMs unter Druck geraten, ihre Lieferketten neu zu strukturieren. Parallel entstehen neue Anbieter wie Lambda Labs oder CoreWeave, die eigene Racks bauen – oft mit Foxconn-Komponenten.

Risikofaktoren und Antwortstrategien

Trotz des Erfolgs bestehen Risiken. Neben der Abhängigkeit von Nvidia sind auch die Energieverfügbarkeit, Rohstoffpreise und regulatorische Anforderungen kritische Faktoren. Moderne AI-Rechenzentren verbrauchen enorme Mengen Strom – geschätzt benötigt ein einzelner Cluster mit 10.000 GPUs mehrere Dutzend Megawatt dauerhaft.

Im April 2025 kündigte Foxconn an, seine Werke in Vietnam vollständig mit regenerativen Energien zu versorgen – in Kooperation mit Vingroup Energy. Auch in Taiwan soll ein neuer Solarkomplex mit 250 MW Peak-Leistung entstehen.

  • Unternehmen, die auf KI-Infrastruktur setzen, sollten frühzeitig ihre Lieferanten absichern – durch langfristige Verträge oder Co-Investments.
  • Beim Aufbau eigener Rechenzentren empfiehlt sich eine Modularisierung, die spätere Upgrades und Hardware-Wechsel vereinfacht.
  • Für Geschäftskunden und Start-ups ist es entscheidend, Server-Hardware rechtzeitig zu reservieren – insbesondere bei starken Quartalsnachfragen.

Ein Blick in die Zukunft: KI als Rückgrat der Wertschöpfungskette

Foxconns Wandel ist ein Indikator für die fundamentale Verschiebung in der IT-Wertschöpfung: Nicht ein Gerät wie das Smartphone steht im Zentrum, sondern die Infrastruktur, die unsere digitalen Anwendungen antreibt – von generativen Sprachmodellen bis zu Industrieautomation.

Die neue Realität lautet: Wer den Zugang zu Rechenleistung kontrolliert, kontrolliert den Fortschritt. Hersteller wie Foxconn, die frühzeitig in diesen Markt drängen, nutzen ihre Skalierbarkeit und Erfahrung in der Hochvolumenfertigung jetzt als Wettbewerbsvorteil.

Für Entwickler, Systemplaner und Unternehmen ergibt sich daraus eine zentrale Frage: Wie kann man mit diesem Trend Schritt halten – technologisch, wirtschaftlich und regulatorisch?

Wir laden unsere Leserinnen und Leser ein: Diskutieren Sie mit uns – wie schätzen Sie Foxconns strategischen Wandel ein? Nutzen Sie die Kommentarfunktion und teilen Sie Ihre Sicht auf die Zukunft der KI-Infrastruktur.

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