Beim t3n Virtual Summit 2025 trafen sich führende Köpfe der Tech-Branche, um über die nächste Evolutionsstufe des Internets und den Aufstieg intelligenter KI-Agenten zu diskutieren. Die Panels lieferten nicht nur einen fundierten Ausblick auf die technologische Entwicklung, sondern auch auf tiefgreifende Veränderungen in Arbeitswelt, digitalem Alltag und wirtschaftlicher Struktur.
Intelligente Agenten: Die nächste Stufe künstlicher Intelligenz
Spätestens seit dem Durchbruch von ChatGPT und Co. sind KI-gestützte Sprachmodelle ins Zentrum der Diskussion gerückt. Der t3n Virtual Summit führte diese Debatte weiter in Richtung autonomer KI-Agenten – Systeme, die nicht nur Sprache generieren, sondern eigenständig handeln, planen und lernen können. Sie übernehmen Aufgaben, führen Prozesse aus und agieren auf Basis komplexer Zielstellungen.
Laut dem Zukunftsforscher und Autor Dr. Tobias Recke, der in der Keynote des Summits sprach, sei dies „der logische nächste Schritt nach der Automatisierung von Sprache: die Dezentralisierung und Delegation komplexer Entscheidungen an künstliche Agenten“.
Praxisbeispiele wie Auto-GPT, BabyAGI oder IBM’s Project Wisdom zeigen bereits heute, wie KI-Agenten komplexe Aufgaben erledigen: vom Verfassen und Einplanen von Content über das selbstständige Durchführen von Recherchen bis hin zur kundenindividuellen Kommunikation im Serviceprozess.
Ein aktueller Report von McKinsey (2024) prognostiziert, dass bis 2030 rund 30 % aller digitalen Aufgaben durch autonome KI-Systeme ausgeführt werden. Besonders betroffen sind administrative Berufe, Kundenservice, Softwareentwicklung und Finanzen.
Wie KI-Agenten die Arbeitswelt transformieren
Besonders intensiv diskutiert wurde auf dem Summit die Frage, wie Unternehmen künftig mit dieser mächtigen Technologie umgehen sollten. Während viele Organisationen noch damit beschäftigt sind, generative KI zu integrieren, steht bereits die nächste Disruptionswelle bevor.
Prof. Dr. Jana Bischof von der Universität Hamburg stellte in einem Panel heraus: „Wir erleben eine Transformation hin zum postdigitalen Arbeiten – begleitet von intelligenten Agenten, die eng mit dem Menschen kooperieren, aber auch zunehmend autonom agieren.“
Die Konsequenzen für Führung, Organisation und Weiterbildung sind tiefgreifend. Klassische Rollenbilder verschwimmen, Tätigkeiten werden modularisiert, Arbeitsmärkte neu geordnet.
- Nutzer:innen sollten frühzeitig den Umgang mit KI-Agenten lernen und deren Logik verstehen – sowohl technisch als auch ethisch.
- Unternehmen investieren idealerweise in eigene Agenten-Ökosysteme, die auf ihre Daten und Workflows angepasst sind.
- Chefetagen benötigen eine neue Governance für KI: klar definierte Zuständigkeiten, Transparenzregeln und Risikomanagement.
Laut einer Deloitte-Studie (2024) planen 43 % aller befragten europäischen Unternehmen, bis Ende 2026 eigene KI-Agenten zur Prozessautomatisierung einzusetzen. Die wichtigsten Einsatzfelder: internes Wissensmanagement, HR-Prozesse, IT-Troubleshooting und Vertrieb.
Neue Architektur: Wie das Internet sich verändert
Ein weiterer Fokus lag auf der technischen und infrastrukturellen Neuausrichtung des Internets. Denn damit KI-Agenten effizient und sicher agieren können, bedarf es neuer Protokolle, Datenstandards und Interoperabilität.
Der Unternehmer und dezentrale-Web-Vordenker Holger Lehnert plädierte auf dem Summit für ein „agentenzentriertes Internet“, bei dem Nutzer:innen ihren digitalen Zwilling kontrollieren und über sichere APIs mit Plattformen, Diensten und anderen Agenten interagieren. Er formulierte: „Die Zukunft ist dezentral, semantisch vernetzt und selbstverwaltet.“
Technologische Bausteine hierfür werden bereits entwickelt: Solid (von WWW-Erfinder Tim Berners-Lee), Web5-Initiativen, personalisierte Datenspeicher („Pods“) und neue Protokolle wie DID (Decentralized Identifiers) oder ActivityPub für soziale Netzwerke. Auch Open-Source-Agentenframeworks wie AutoGen oder LangChain spielen dabei eine zentrale Rolle.
Mit steigender Agentenanzahl wächst jedoch auch die Komplexität – und damit die Verantwortung für Sicherheit, Datenschutz und ethische Leitlinien. Hier fordert die Community stärkere Standards, Interoperabilität und Open-Source-basierte Kontrolle durch transparente Algorithmen.
Marktentwicklung: Chancen für Unternehmen, Risiken für Monopole
Ökonomisch bieten KI-Agenten enorme Potenziale. Start-ups wie Lindy, Personal.ai oder Rewind.ai entwickeln bereits spezialisierte Personal Agents, die als virtuelle Assistenz tief in den Alltag integriert werden. In Unternehmen entstehen Plattformen wie Cognosys oder Slack GPT, um wachsendes Agentenaufkommen zu steuern.
Gleichzeitig warnen Experten vor einer Re-Monopolisierung durch die großen Tech-Konzerne. Microsofts Copilot ist tief in Office 365 integriert, Google treibt Gemini Advanced als BASIS für ein agentenzentriertes Workspace-Erlebnis voran. Meta experimentiert mit Open Agent Interfaces für Messenger-Dienste.
Die Frage lautet: Wer kontrolliert künftig die KI-Agenten, ihre Schnittstellen und den digitalen Alltag der Nutzer:innen? Panelist Maximilian Kästner, Mitbegründer von Open Agent Commons, formulierte es so: „Es geht nicht nur um Technologie – sondern um Machtverteilung und digitale Souveränität.“
Regulierung und Normen im Agentenzeitalter
Ein breiter Konsens unter den Summit-Teilnehmenden war, dass politische und gesellschaftliche Leitplanken dringend notwendig sind. Die EU hat mit dem AI Act zwar einen ersten regulatorischen Rahmen geschaffen – jedoch hinkt die konkrete Umsetzung dem technischen Fortschritt hinterher.
Ein Vorschlag aus Berlin: ein „European Trust Framework“ für KI-Agenten, das Zertifizierung, Datenherkunft, Sicherheitsarchitekturen und Audits standardisiert. Vergleichbar mit der DSGVO, aber auf Ebene der autonom agierenden Systeme.
Laut einer Umfrage des Digitalverbandes Bitkom (Q2 2025) befürworten 61 % der Deutschen eine Kennzeichnungspflicht für KI-Agenten in digitalen Interaktionen – insbesondere in Bewerbungsverfahren, Kundenservice und Journalismus.
Auch Ethikrat und Wissenschaft fordern eine „KI-Etikette“ zur transparenten und fairen Nutzung autonomer Systeme. Handlungsempfehlungen umfassen:
- Agenten müssen im Interface als solche erkennbar und adressierbar sein.
- Log-Daten sollten nachvollziehbar, überprüfbar und anonymisiert gespeichert werden.
- Nutzer:innen müssen Rechte zur Einschränkung oder Kontrolle ihres Digital Twins erhalten.
Fazit: Intelligente Autonomie als Zukunftsmodell
Die Diskussionen auf dem t3n Virtual Summit haben gezeigt: KI-Agenten sind kein ferner Hype, sondern der aufkommende Standard des Internets von morgen. Ihre Integration verändert nicht nur Geschäftsprozesse, sondern auch gesellschaftliche Machtverhältnisse, technologische Architekturen und das Verständnis von digitaler Arbeit.
Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um sich als Individuum, Unternehmen oder Politik aktiv mit der Agenten-Zukunft auseinanderzusetzen. Ob als Entwickler:in, Anwender:in oder Gestalter:in – das kommende Jahrzehnt schreibt das Internet neu.
Was denkst du über die nächste KI-Welle? Teile deine Meinung in den Kommentaren, diskutiere mit der Community und gestalte das agentenzentrierte Internet von morgen mit!