Webdesign & UX

Figma: Revolution im Webdesign oder nur ein Hype?

Ein modernes, lichtdurchflutetes Büro mit einem freundlichen Team aus Designern und Entwicklern, die gemeinsam an hellen Bildschirmen mit webbasierten Design-Tools arbeiten und dabei lebhaft Ideen austauschen – eine warme, einladende Atmosphäre voller Kreativität und digitaler Zusammenarbeit.

Figma hat sich binnen weniger Jahre vom Außenseiter zum Branchenführer im UI- und UX-Design entwickelt. Die cloudbasierte Design-Plattform verspricht kollaboratives Arbeiten in Echtzeit, schlanke Prozesse und eine völlige Neudefinition der Zusammenarbeit zwischen Designern, Entwicklern und Stakeholdern. Doch bleibt die Frage: Ist Figma wirklich eine Revolution im Webdesign – oder nur ein clever vermarkteter Hype?

Warum Figma anders ist: Der Paradigmenwechsel im Designprozess

Als Figma 2016 öffentlich gestartet ist, war der Markt fest in der Hand von Adobe XD, Sketch und InVision. Alle genannten Tools hatten eines gemeinsam: Sie waren lokal installierbare Anwendungen, ergänzt durch Plug-ins oder Sync-Lösungen für Teams. Figma hingegen setzt von Anfang an auf den Browser und die Cloud – mit beachtlichem Erfolg. Die Idee: Design soll so kollaborativ funktionieren wie Google Docs. Und genau das ist Figma gelungen.

Die Vorteile liegen auf der Hand: Designer arbeiten simultan an einem File, Änderungen sind sofort sichtbar, Feedback-Loops radikal verkürzt. Entwickler wiederum erhalten via Figma Inspect direkte Einblicke in Styles, Assets und Code-Snippets, ohne zusätzliche Übergaben oder Abstimmungen. Diese neue Arbeitsweise hat vielerorts alte Prozesse über Bord geworfen – hin zu agilen, integrierten Workflows.

Stärken im Vergleich: Figma vs. Sketch, Adobe XD und Co.

Während Sketch lange Zeit der De-facto-Standard im Mac-Ökosystem war, mangelte es dem Tool an nativer Kollaboration. Zwar erschienen später Cloud-Funktionen, doch blieben diese im Vergleich zu Figmas Echtzeit-Erfahrung blass. Adobe XD punktet durch nahtlose Einbindung in die Creative Cloud – doch der Innovationsdruck seitens Figma ist spürbar. In einer Design Tools Survey von UX Tools (2024) gaben 67 % der 8000 befragten Designer an, Figma als ihr primäres Design-Tool zu verwenden – Sketch und XD kamen zusammen auf unter 20 %.

Ein weiterer Vorteil: Cross-Plattform-Kompatibilität. Figma läuft in jedem modernen Browser, unabhängig vom Betriebssystem. Sketch hingegen bleibt macOS-exklusiv. Auch was Plug-ins, Auto-Layout, Komponenten-Verwaltung und Prototyping betrifft, hat Figma früh starke Maßstäbe gesetzt und die Konkurrenz gezwungen, aufzuholen.

Nachteile und Kritik: Was Figma (noch) nicht kann

Doch nicht alles an Figma ist perfekt. Die browserbasierte Architektur bringt – vor allem bei sehr komplexen oder großen Dateien – Performance-Probleme mit sich. RAM-intensives Arbeiten oder Offline-Funktionalitäten bleiben eingeschränkt. Auch beim Thema Versionierung werden weiterhin Schwächen genannt: Zwar existiert eine Historie, doch echte Git-ähnliche Funktionen für Branching oder Merging fehlen (noch).

Ein weiterer Kritikpunkt: Während Figma als Start-up agil und community-nah agierte, hat sich die Wahrnehmung seit der Übernahme durch Adobe (geplant für 2022, final noch nicht regulatorisch freigegeben) verändert. Viele Designer befürchten, dass Figma künftig stärker an die Creative Cloud angebunden oder proprietärer werden könnte – ähnlich wie Adobes bisherige Produkte.

Wie Figma Teams und Arbeitskulturen verändert

Figma ist mehr als nur ein Design-Tool – es fungiert zunehmend als zentrale Schnittstelle zwischen Design, Product Management und Entwicklung. Dank Features wie FigJam (das kollaborative Whiteboard) und Embed-Funktionen für Notion oder Jira wird Figma zur Kommunikationsplattform im Produktentwicklungsprozess. Projekte wie das Redesign von Slack (2023) oder die UX-Strategie von Stripe zeigen eindrucksvoll, wie cross-funktionale Teams mit Figma arbeiten.

Die Kollaboration in Echtzeit spart laut einer McKinsey Digital-Erhebung (2023) im Schnitt 25 % der Gesamtdesign-Zeit bei Softwareprojekten ein – insbesondere, wenn Feedback-Prozesse oder Design Reviews direkt im File stattfinden.

Weitere Vorteile entstehen durch die Demokratisierung des Designs: Nicht nur klassische UI-Designer, sondern auch Copywriter, Developer oder Stakeholder können Inhalte direkt kommentieren oder explorativ unterstützen. Das fördert ein tieferes Verständnis für das Produkt und verstärkt die Interdisziplinarität.

Drei praktische Tipps für Teams, die auf Figma wechseln wollen:

  • Definiert Design-Systeme frühzeitig und nutzt gemeinsam genutzte Libraries, um Konsistenz und Skalierbarkeit zu gewährleisten.
  • Nutzt die Rollen- und Kommentar-Funktionen, um Stakeholder gezielt einzubinden, ohne Designprozesse zu verlangsamen.
  • Integriert Figma in bestehende Tools wie Zeplin, Jira oder GitHub, um Brüche in der Produktentwicklung zu vermeiden.

Ein Beispiel aus der Praxis liefert Zalando: Dort wurde Figma 2022 im gesamten Produktdesign eingeführt. Laut interner Analyse sank die Time-to-Prototyping um 38 %, gleichzeitig stieg die Zufriedenheit im Entwicklerteam signifikant, da Übergaben effizienter gestaltet wurden.

Einfluss auf den Markt und die Tool-Landschaft

Der kometenhafte Aufstieg von Figma hatte weitreichende Folgen für den Design-Tool-Markt. Sketch veränderte sein Lizenzmodell, Adobe investierte massiv in XD und versuchte letztlich, den Wettbewerber aufzukaufen – ein Beleg für die disruptive Kraft von Figma.

Gleichzeitig etablieren sich Ökosysteme: Die Community rund um Figma stellt Tausende von UI-Kits, Iconsets, Plug-ins und Templates zur Verfügung. Laut BuiltWith nutzen heute über 3,2 Millionen Websites weltweit Figma-basierte Komponenten oder ähnliche Web-kompatible Design-Standards (Stand: Q2/2024). Zudem entstehen zunehmend neue Rollen wie „DesignOps“, die sich um Modularisierung und Tooling kümmern – ein Trend, der durch Figma verstärkt wird.

Insbesondere Start-ups und Remote-Teams setzen früh auf Figma – etwa Unternehmen wie Notion, Linear oder AirBnB, weil sich Prozesse damit schneller iterieren lassen und neue Features direkt im Design sichtbar werden. Das asynchrone Arbeiten wird erleichtert, da Feedback, Versionen und Speicherorte zentral verwaltet sind.

Wohin entwickelt sich Figma? Ein Ausblick

Auch 2025 bleibt Figma hochinnovativ: Mit Features wie „Dev Mode“ (Beta 2024) bemüht sich die Plattform, Entwickler stärker anzubinden – inklusive Token-Support, Commit-Logs und verbesserten Code-Snippets. Die Integration von KI in Autolayout oder Content-Vorschlägen schreitet voran, wie etwa das Experiment „Figma AI Drafting“ zeigt. Gleichzeitig werden durch neue Sicherheitsfunktionen wie Enterprise-SSO und DSGVO-konforme Hosting-Angebote auch große Unternehmen angesprochen.

Es stellt sich jedoch auch eine strategische Frage: Welche Rolle wird Adobe künftig spielen? Bleibt Figma unabhängig genug, um weiterhin den Markt zu treiben, oder folgt es dem Kurs etablierter Konzernlogik? Die finale Antwort steht noch aus – entscheidend wird sein, ob Entwickler und Designer der Plattform weiterhin ihr Vertrauen schenken.

Fazit: Evolution, nicht nur Hype

Figma revolutioniert die Art und Weise, wie digitale Produkte konzipiert und gestaltet werden. Durch Echtzeit-Kollaboration, niedrige Zugangshürden und einen starken Community-Driven-Ansatz hat das Tool nicht nur Prozesse optimiert, sondern auch Unternehmenskulturen verändert. Trotz einiger Schwächen bei Performance, Offline-Nutzung oder Branching bleibt der Mehrwert für Design-Teams unbestritten.

Ob Figma langfristig den Ton im Design-Ökosystem angibt, hängt jedoch davon ab, inwiefern Innovation und Offenheit weiterhin gelebt werden – gerade unter dem Dach eines Großkonzerns. Die Zeichen stehen gut, dass es sich nicht um eine schnelle Mode handelt, sondern um einen nachhaltigen Wandel in der Designarbeit.

Welche Erfahrungen haben Sie mit Figma gemacht? Teilen Sie Ihre Workflows, Tipps oder Kritik gerne in den Kommentaren oder in unserer Tech-Community. Der Austausch macht uns alle besser.

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