Die Firmware moderner Geräte ist ein oft übersehener, aber äußerst kritischer Bestandteil der digitalen Sicherheit. Hacker konzentrieren sich zunehmend auf diese tiefliegende Systemebene – zulasten ahnungsloser Endnutzer. Wer seine Geräte absichern will, muss verstehen, wo die Risiken liegen und was zu tun ist.
Was ist Firmware – und warum ist sie angreifbar?
Firmware ist eine spezielle Software, die direkt auf Hardware-Komponenten wie Mainboards, SSDs, Netzwerkkarten oder sogar Druckern läuft. Sie ist notwendig, um grundlegende Funktionen des Geräts zu steuern – und läuft oft noch bevor das Betriebssystem geladen wird. Genau darin liegt das Sicherheitsproblem: Firmware operiert auf einer privilegierten Ebene, entzieht sich klassischen Schutzmechanismen und wird seltener aktualisiert.
Laut einer Studie von Microsoft aus dem Jahr 2021 gaben 83 % der befragten Unternehmen an, dass sie in den letzten zwei Jahren mindestens einen Firmware-Sicherheitsvorfall erlebt haben. Dennoch investieren nur 29 % aktiv in den Schutz dieser Komponente (Microsoft Security Signals Report, 2021).
Für Endnutzer bedeutet das: Geräte können mit manipulierter Firmware kompromittiert werden, ohne dass klassische Antiviren-Software dies erkennt. Angreifer erhalten tiefgreifenden Zugriff, können Sicherheitssoftware umgehen und sogar persistente Hintertüren installieren – mitunter dauerhaft.
Risiken durch unsichere Firmwarekomponenten und Sicherheitschips
Auch spezielle Hardware-Sicherheitsfunktionen wie TPM (Trusted Platform Module) oder Apples T2-Chip sind nicht per se unangreifbar. Im Gegenteil: Schwachstellen in sicherheitssensitiven Chips können besonders folgenschwer sein, da diese tief mit dem Systemkern verbunden sind.
Ein bekanntes Beispiel ist der sogenannte Thunderspy-Angriff, der Sicherheitslücken im Thunderbolt-Standard ausnutzt – selbst bei aktivierter Vollverschlüsselung. Auch Sicherheitschips wie Intels Management Engine oder AMDs PSP standen bereits im Fokus der Forschung, da sie eigene, nicht einsehbare Firmware-Segmente verwenden. Solche Komponenten agieren autonom und sind schwer zu prüfen.
Ein besonders dramatischer Fall war die Schwachstelle CVE-2022-21882 im UEFI (Unified Extensible Firmware Interface), welche es Angreifern erlaubte, über manipulierte Bootloader Rootzugriff zu erhalten – unabhängig vom Betriebssystem. Da UEFI systemweit agiert, stellt es ein attraktives Angriffsziel dar.
Typische Firmware-Angriffsvektoren – und neue Trends
Die häufigsten Angriffsvektoren im Firmware-Kontext sind:
- Hardware-Manipulation durch infizierte Zwischenhändlerlieferungen („Supply Chain Attacks“)
- Firmware-Updates mit schädlichem Code (häufig durch gefälschte Hersteller-Tools)
- Exploitation von Legacy-Firmware mit bekannten Schwachstellen ohne Patch-Strategie
- Angriffe auf Embedded Systems in IoT-Geräten mit veralteter Firmware
Zudem beobachten Sicherheitsexperten einen Trend hin zu Cross-Layer-Angriffen. Dabei wird Firmware genutzt, um Sicherheitsfunktionen höherer Schichten zu unterlaufen. Vor allem in Smart Homes und hybriden Arbeitsumgebungen kann dies schwerwiegende Folgen haben.
Laut Sophos wurde 2023 ein Anstieg von 21 % bei Angriffen auf Embedded Firmware-Komponenten in Office-Hardware (z. B. Drucker und Router) verzeichnet (Sophos Threat Report 2024).
Wie können sich Endnutzer schützen?
Firmware-Sicherheit ist kein Thema nur für IT-Abteilungen – auch Privatnutzer können und sollten aktiv vorbeugen. Die gute Nachricht: Viele Angriffe lassen sich durch einfache Vorsichtsmaßnahmen abwehren. Jeder – vom Technik-Laien bis zum Power User – kann seinen Beitrag leisten.
Folgende Best Practices sind empfehlenswert:
- Regelmäßige Firmware-Updates durchführen: Viele Hersteller bieten UEFI-, SSD- oder Peripherie-Updates an. Diese sollten über verifizierte Software bezogen und installiert werden.
- Secure Boot und BIOS-Passwörter aktivieren: Diese Funktionen erschweren unautorisierte Änderungen an der Firmware signifikant.
- Geräte nur von vertrauenswürdigen Quellen kaufen: Besonders bei gebrauchten oder günstigen Geräten aus Drittquellen besteht ein erhöhtes Risiko von Manipulationen.
Darüber hinaus lohnt sich ein Blick in die System-Logs oder spezielle Tools, die Firmwareänderungen dokumentieren. Für fortgeschrittene Nutzer sind TPM-Verifizierungen und Tools zur Integritätsprüfung wie „Chipsec“ oder „Firmware Test Suite“ von UEFI Forum empfehlenswerte Optionen.
Herstellerverantwortung und Transparenz: Was sich verbessern muss
Viele Probleme im Bereich Firmware-Sicherheit lassen sich auf mangelnde Transparenz und Support der Hersteller zurückführen. Firmware-Updates werden oft unzureichend dokumentiert oder eingestellt, sobald ein Gerät nicht mehr im aktiven Verkauf ist. Dies führt zu sogenannten „Firmware Orphan Devices“ – funktionstüchtige Geräte mit potenziellen Sicherheitslücken.
Einige Hersteller gehen hier bereits mit gutem Beispiel voran – etwa Framework oder Lenovo mit regelmäßigen Firmware-Patchzyklen. Apple stellt zumindest sicher, dass kritische iBoot- und SEP-Bestandteile im iPhone lange gepflegt werden. Dennoch bleiben branchenweite Standards aus.
Die EU fordert mit dem Cyber Resilience Act (CRA), der bis 2025 in Kraft treten soll, eine Mindestunterstützungsdauer und Sicherheitsupdatepflichten für Hersteller digitaler Produkte. Endnutzer profitieren dann nicht nur von mehr Schutz, sondern auch von mehr Rechtssicherheit.
Fazit: Sicherheit beginnt auf unterster Ebene
Firmware-Sicherheit ist eines der am stärksten unterschätzten Themen im Bereich Endgeräteschutz. In einer zunehmend vernetzten Welt reicht es nicht mehr aus, sich auf Antivirenprogramme oder App-Sandboxing zu verlassen. Wer seine digitale Privatsphäre wirklich schützen will, muss bei der Firmware beginnen.
Präventionsmaßnahmen wie regelmäßige Updates, vertrauenswürdige Hardwarequellen und sichere Boot-Konfigurationen sind dabei unerlässlich. Nutzer, die sich aktiv informieren und sorgfältig konfigurieren, minimieren das Risiko drastisch – und werden zum Teil einer breiteren Sicherheitskultur.
Welche Tools nutzt ihr zur Firmware-Verifikation? Habt ihr schon Erfahrungen mit Firmware-Attacken gemacht? Diskutiert mit uns in den Kommentaren und helft mit, das Thema sichtbarer zu machen!