Girocard-Betrug ist ein unterschätztes, aber hochaktuelles Problem im deutschen Zahlungsverkehr. Auch 2025 fehlt es nicht an Schlagzeilen über manipulierte Geldautomaten, skimming-verseuchte Händlerterminals und leere Bankkonten. Doch wo liegt die Hauptursache – und wie kann man sich konsequent schützen?
Technische Schwachstelle: Die Magnetstreifen-Problematik
Obwohl die Girocard längst mit einem EMV-Chip ausgestattet ist, bleibt der Magnetstreifen ein unterschätztes Sicherheitsrisiko. Viele kriminelle Angriffe basieren nämlich noch immer auf der sogenannten „Skimming“-Methode: Dabei wird der Magnetstreifen kopiert und gleichzeitig die PIN ausgespäht, etwa durch manipulierte Terminals oder getarnte Kameras.
Der Hauptgrund für die anhaltende Relevanz des Magnetstreifens liegt in der internationalen Kompatibilität. Zwar erfolgen die meisten Zahlungen innerhalb der EU via Chip, doch in einigen außereuropäischen Ländern wird der Magnetstreifen weiterhin akzeptiert – was ihn für Betrug attraktiv macht.
Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) meldete in ihrem Sicherheitsbericht 2023 über 795 Fälle von Skimming-Attacken, wobei der Großteil der Schäden im Ausland entstand. Dieser scheinbar altmodische Angriff bleibt also trotz modernem Chip-Standard weiterhin effektiv.
Betrug über manipulierte Händlerterminals nimmt zu
Ein moderneres Angriffsmuster betrifft direkt die Verkaufsstellen. Bei dieser Variante werden Kartenterminals so manipuliert, dass sie Kartendaten und PIN mitschneiden. Besonders problematisch: Immer öfter sind es Insider, also Mitarbeitende bei Einzelhändlern oder Franchise-Nehmerketten, die bei der Manipulation mitwirken oder diese ermöglichen.
Im März 2024 bestätigte das Bundeskriminalamt (BKA) in einer Pressemeldung eine zunehmende Professionalisierung solcher Angriffe. Dabei werden Geräte nicht mehr sichtbar modifiziert, sondern Hackertools direkt über die Servicezugänge eingespielt, mit denen Händler das Terminal warten oder updaten. Für Betroffene sind die Risiken gewaltig, denn selbst geringe Abbuchungen fallen oft zu spät auf.
Online-Zugänge und Phishing rund um Girocards
Ein wachsendes Risiko geht auch von digitalem Social Engineering aus: Der klassische Bankkunden-Phishing-Angriff wurde weiterentwickelt. Nutzer erhalten täuschend echte Mails oder SMS, die angeblich vom Kundendienst stammen (“Aktualisierung ihrer Girocard-PIN erforderlich”) und zu Fake-Websites führen.
Ein besonderes Augenmerk gilt hier der Kombination aus Kartendaten und Bankzugängen. Wird zusätzlich Zugang zum Onlinebanking erlangt, öffnen sich Betrügern viele Türen – von Überweisungen über Daueraufträge bis zur Neubeantragung digitaler Karten.
Laut Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) stieg die Zahl der Phishing-Vorfälle im Zusammenhang mit Girocards und Onlinebanking im Jahr 2023 um über 28 % gegenüber dem Vorjahr (Quelle: Jahresbericht IT-Sicherheit 2023, vzbv).
Warum existiert das Problem weiterhin?
Die anhaltende Bedrohungslage lässt sich nicht allein auf technische Defizite zurückführen. Zwar ist der Magnetstreifen überholt, doch regulatorisch bleibt sein Einsatz notwendig – insbesondere für den internationalen Kartenverkehr.
Hinzu kommt: Betrugsprävention ist für Banken und Zahlungsdienstleister ein wirtschaftliches Rechenbeispiel. Solange Betrugskosten nicht höher ausfallen als Investitionen in neue Technologien oder flächendeckende Terminalkontrollen, bleibt der Handlungsdruck begrenzt. Einige Banken wie die Commerzbank setzen inzwischen stärker auf Auslands-Restriktionen bei Magnetstreifenbuchungen, standardmäßig werden diese Funktionen nur auf Wunsch aktiviert.
Ein weiteres Problem stellt die firmenseitige Integration neuer Terminaltechnologien dar. Die Aktualisierung der Terminalinfrastruktur, insbesondere im bargeldintensiven Einzelhandel oder bei kleinen Händlern, erfolgt oft schleppend – sei es aus Kostengründen oder komplexen Franchisestrukturen.
Wie reagieren Banken, Verbände und Politik?
Die Reaktion der deutschen Bankenlandschaft ist zweigleisig: Einerseits wird auf Information gesetzt – mit Kampagnen wie „Karte? Sicher!“ der Deutschen Kreditwirtschaft –, andererseits auf konkrete technische Maßnahmen. Seit 2021 unterstützen alle neuen Girocards standardmäßig NFC mit Tokenisierung, wodurch kontaktlose Zahlungen lokal abgesichert werden.
Gleichzeitig arbeiten Banken mit der BaFin und dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) an härteren regulatorischen Vorgaben für Verkaufsstellen. So wurde Anfang 2025 ein Entwurf zur besseren Terminal-Zertifizierung veröffentlicht, der verpflichtende Patch-Zyklen und penetrierbare Geräte vorsehen soll.
Auf europäischer Ebene plant die Europäische Zentralbank (EZB) einheitliche Sicherheitsstandards bis 2026, um grenzüberschreitende Kartenbetrugsquellen zu eliminieren. Der „Magnetstreifen-Ausstieg“ ist zwar für 2030 vorgesehen, wurde bislang jedoch nicht verbindlich beschlossen.
Praktische Tipps: So schützen Sie Ihre Girocard effektiv
Technologie kann nicht jede Schwachstelle eliminieren – aber durch umsichtiges Verhalten kann man sich als Nutzer und Unternehmen gut absichern. Folgende Maßnahmen sind besonders wirkungsvoll:
- Regelmäßige Kartenkontrolle: Überprüfen Sie Transaktionen wöchentlich auf Ihrem Onlinebanking. Je eher Unregelmäßigkeiten auffallen, desto schneller kann Schaden begrenzt werden.
- Limit-Regelung aktivieren: Viele Banken bieten die Möglichkeit, individuelle Tageslimits für Girocard-Zahlungen und Abhebungen festzulegen – aktivieren Sie diese konsequent.
- Geoblocking nutzen: Schalten Sie Magnetstreifen-Nutzung oder Karteneinsätze außerhalb Europas in der Banking-App gezielt ab – oder lassen Sie diese nur temporär zu.
Darüber hinaus empfehlen Sicherheitsexperten, NFC-Zahlungen zu bevorzugen, da diese auf einem kryptografisch gesicherten Token basieren und keine originalen Kartendaten übertragen.
Fazit: Aufklärung, Wachsamkeit und kluge Techniknutzung
Girocard-Betrug wird nicht über Nacht verschwinden – doch die Verantwortung liegt nicht allein bei Banken oder dem Gesetzgeber. Konsumenten, Händler und IT-Sicherheitsakteure müssen aktiv zusammenwirken, um die bestehenden Sicherheitslücken zu schließen.
Besonders der nicht deaktivierte Magnetstreifen bleibt ein antiquiertes Problem in einem modernen Zahlungsverfahren. Es ist höchste Zeit für mehr Transparenz, technische Alternativen und striktere Standards.
Nutzen Sie die Kommentarfunktion und teilen Sie Ihre Erfahrungen oder Tipps zum Thema Kartensicherheit mit der Community – gemeinsam lassen sich Betrugsrisiken besser erkennen und vermeiden.