Mit dem geplanten Datacenter-Campus von Maincubes in Nauen bei Berlin entsteht einer der größten Rechenzentrumsstandorte Deutschlands. Doch hinter dem ambitionierten Projekt steckt mehr als nur Fläche und Technik – es signalisiert einen entscheidenden Wandel im Bereich digitaler Infrastruktur und regulatorischer Rahmenbedingungen.
Strategischer Standort Nauen: Mehr als nur Nähe zu Berlin
Maincubes, ein schnell wachsender europäischer Betreiber von Rechenzentren, hat Nauen im brandenburgischen Havelland als Standort für einen neuen, massiv skalierbaren Datacenter-Campus gewählt. Die Nähe zur Hauptstadt Berlin, eine sehr gute Anbindung an das europäische Glasfasernetz sowie verfügbare Fläche von rund 100.000 Quadratmetern machen den Standort strategisch besonders attraktiv.
Ein weiterer Standortvorteil: Brandenburg hat vergleichsweise günstige Stromkosten, zunehmend verfügbare grüne Energiequellen und – besonders wichtig – eine fortschrittliche Haltung in Sachen Rechenzentrumspolitik. Die Digitalisierung Brandenburgs gilt als strukturpolitische Priorität.
Neue rechtliche Rahmenbedingungen schaffen Planungssicherheit
Im Herbst 2024 trat in Brandenburg eine wegweisende Änderung der Landesbauordnung in Kraft, die speziell auf großvolumige Rechenzentrumsprojekte zugeschnitten ist. Künftig gelten schnellere Genehmigungsverfahren, transparente Vorgaben für Energieeffizienz und erleichterte Flächenausweisungen in Bebauungsplänen. Das Vorhaben in Nauen ist eines der ersten, das konkret von diesen Neuerungen profitiert.
Der Gesetzgeber verfolgt dabei ein klares Ziel: Brandenburg soll zu einem bevorzugten Hosting-Standort im europäischen Maßstab werden. Wie wichtig regulatorische Planungssicherheit ist, zeigt eine Analyse der Bitkom: Laut „Bitkom Digital Infrastructure Report 2024“ geben 81 % der befragten Rechenzentrumsbetreiber an, dass uneinheitliche Bauvorgaben ein zentrales Investitionshemmnis darstellen.
Der Maincubes-Campus: Spezifikationen, Nachhaltigkeit und Ausbaupläne
Der zunächst geplante Teil des Datacenter-Campus in Nauen umfasst drei modulare Gebäude mit einer Gesamtleistung von rund 60 Megawatt, mit Ausbauziel von bis zu 200 MW in der finalen Ausbaustufe. Die Rechenzentren werden auf Tier IV-Niveau gebaut, was höchste Verfügbarkeit (99,995 %) garantiert.
Besonders hervorzuheben sind die Nachhaltigkeitskonzepte: Maincubes plant den Einsatz von 100 % erneuerbarem Strom, direkt angebunden aus lokalen Wind- und Solarparks. Zusätzlich wird die rückgewonnene Abwärme in die kommunale Fernwärme eingespeist – eine Infrastruktur, die in Zusammenarbeit mit der Stadt Nauen entsteht. Laut Prognose könnten so jährlich bis zu 40.000 MWh an Wärme nutzbar gemacht werden.
Im internationalen Vergleich ist das ambitioniert: Die durchschnittliche Rechenzentrumseffizienz in Deutschland liegt laut Borderstep Institut derzeit bei einem durchschnittlichen PUE-Wert von 1,58. Maincubes strebt in Nauen einen PUE von 1,3 oder besser an.
Ein Wachstumshebel für die deutsche IT-Infrastruktur
Deutschland ist aktuell der größte Rechenzentrumsmarkt Europas mit rund 2,3 GW installierter Kapazität (Quelle: Structure Research, 2024). Der Bedarf dürfte laut Prognosen jährlich um 10–15 % steigen, nicht zuletzt durch KI-Anwendungen, Cloud-Initiativen und den zunehmenden Bedarf datenintensiver Industrien.
Bisher ist Frankfurt (DE-CIX Cluster) dominierend, doch der Markt dort stößt an Flächen- und Stromnetzgrenzen. Standortalternativen wie Berlin/Brandenburg gewinnen daher massiv an Bedeutung. Maincubes‘ Vorstoß in Nauen ist somit nicht nur ein unternehmerischer Schritt, sondern ein Impuls für die notwendige geografische Diversifikation der deutschen Rechenzentrumslandschaft.
Datacenter-Campus mit Edge- und Hyperscale-Potenzial
Der modulare Aufbau des Campus erlaubt es Maincubes, sowohl klassische Colocation-Kunden als auch Hyperscaler zu bedienen. Auch Edge-Computing-Zonen sind vorgesehen, etwa für Latenz-kritische Anwendungen wie Industrie 4.0, Automotive oder AR/VR. Die Nähe zu Berlin verschafft Zugang zu kritischer Infrastruktur, Fachkräften und Forschungseinrichtungen z. B. der TU Berlin.
Ein interessantes Detail: In Nauen soll ein Teil der Rechenzentrumsfläche gezielt für „Sovereign Cloud“-Angebote reserviert werden. Damit adressiert Maincubes die zunehmenden Anforderungen an digital Souveränität und DSGVO-konforme Cloud-Architekturen.
Praxisnahe Tipps für Unternehmen & IT-Dienstleister
- Frühzeitig Partnerschaften prüfen: Wer Hochverfügbarkeit, Datenschutz und Nachhaltigkeit kombinieren will, sollte frühzeitig Rechenzentrumsprojekte wie in Nauen evaluieren und langfristige Colocation-Vereinbarungen sichern.
- Geografische Diversifikation: Kleinere IT-Provider können durch regionale Redundanzen ihre Resilienz gegenüber Netzausfällen oder regulatorisch bedingten Risiken erhöhen.
- Auf lokale Synergien achten: Die Einbindung in Strom- und Wärmenetze sowie Kooperationen mit Hochschulen oder kommunaler IT kann neue Geschäftsmodelle ermöglichen.
Nachfrage nach nachhaltiger IT-Infrastruktur steigt rapide
Nachhaltigkeit ist heute kein Nice-to-have mehr, sondern Wettbewerbsfaktor. Laut Uptime Institute Global Survey 2024 sehen 74 % der Rechenzentrumsbetreiber regulatorische Nachhaltigkeitsauflagen als geschäftsentscheidend. In Deutschland fordern zudem zahlreiche ESG-Richtlinien z. B. von DAX-Unternehmen explizit klimaneutrale Hosting-Lösungen.
Mit dem Projekt in Nauen positioniert sich Maincubes als Vorreiter im Bereich Green IT. Die geplante Integration von Smart-Meter-Infrastruktur, KI-gestützter Kühlung und einem Rechenzentrums-Monitoring auf Basis der ISO/IEC 30134-Norm zeigt, wie technische Innovation und regulatorische Anforderungen Hand in Hand gehen können.
Fazit: Nauen als Blaupause für kommende Rechenzentrumsprojekte
Mit seinem Projekt in Nauen setzt Maincubes neue Maßstäbe für Hyperscale- und Edge-fähige Rechenzentrumsinfrastruktur in Deutschland. Entscheidend ist dabei nicht nur die technische Dimension, sondern vor allem das neue Zusammenspiel von Technologie, Standortpolitik und regulatorischer Innovation.
Die deutsche IT-Landschaft steht am Beginn einer neuen Dekade digitaler Souveränität – gestützt durch mutige Investitionen, smarte Standortwahl und tragfähige Nachhaltigkeitskonzepte.
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