Vom reinen Kommunikationsmittel zum digitalen Multitalent: Das Smartphone hat in den letzten eineinhalb Jahrzehnten eine unvergleichliche technische Transformation durchlaufen – mit weitreichenden Konsequenzen für zahlreiche andere Gerätekategorien. Welche Geräte inzwischen überflüssig oder von Nischenanbietern verdrängt wurden, analysieren wir hier.
Der Alleskönner in der Hosentasche
Smartphones haben sich vom Mittel zum Telefonieren zu wahren Multifunktionscomputern entwickelt. Ob Kamera, Navigationsgerät, Audio-Rekorder, Schrittzähler oder Geldbörse – fast alle digitalen Funktionen lassen sich heute durch ein einziges Gerät abdecken. Diese Entwicklung hat tiefgreifende Auswirkungen auf andere Elektronikmärkte.
Bereits 2024 nutzten laut Statista weltweit rund 85 Prozent der Bevölkerung ein Smartphone. Der anhaltende Innovationszyklus – mit jährlich verbesserten Kamerasystemen, schnelleren Prozessoren, KI-Features und App-Ökosystemen – hat viele spezialisierte Einzelgeräte obsolet gemacht. Branchenanalysten sprechen von einer „Kollabierung“ ehemals florierender Märkte im Techniksegment.
Die Digitalkamera – vom Massenprodukt zur Nische
Kaum eine Branche hat die Folgen des Smartphone-Erfolgs so deutlich zu spüren bekommen wie die Hersteller digitaler Fotokameras. Zwischen 2010 und 2023 sank laut CIPA (Camera & Imaging Products Association) der weltweite Absatz von Digitalkameras von über 121 Millionen auf gerade einmal 7,3 Millionen Einheiten – ein Rückgang um mehr als 94 Prozent. Besonders Kompaktkameras sind davon betroffen.
Moderne Smartphones bieten heute mehrere rückseitige Objektive, optische und digitale Zoom-Funktionen sowie softwaregestützte Bildverbesserungen durch künstliche Intelligenz (AI). Features wie Nachtfotografie, Tiefenschärfe und RAW-Aufnahmen machen Smartphones zum vollwertigen Kameraersatz – zumindest für den durchschnittlichen Anwender.
Camcorder und Videokameras: Nur noch für Profis
Auch Camcorder werden zunehmend zu Museumsstücken. Streaming-Plattformen wie TikTok, Instagram oder YouTube fördern zwar die Beliebtheit von Videoinhalten, diese werden jedoch in über 90 Prozent der Fälle direkt mit dem Smartphone aufgenommen. Die Videoqualität aktueller Modelle wie dem iPhone 15 Pro Max oder dem Samsung Galaxy S24 Ultra reicht mittlerweile für professionelle Produktionen in 4K oder sogar 8K-Qualität aus.
Laut einer Studie von Gartner (2024) gaben 78 Prozent der befragten Videocreator an, dass sie ausschließlich Smartphones zur Content-Erstellung nutzen. Nur noch spezialisierte Content-Creators – etwa im Bereich Filmproduktion oder Journalismus – setzen vereinzelt auf dedizierte Videotechnik.
Navigation, Audio, Health: Weitere Verlierer der Smartphone-Revolution
Das Navigationsgerät im Auto ist heute in vielen Fällen überflüssig. Apps wie Google Maps, Apple Karten oder Waze bieten Echtzeitdaten zum Verkehr, Sprachnavigation, Offline-Karten und POI-Funktionen, die viele Standalone-Geräte nicht bieten können.
Gleiches gilt für MP3-Player, Diktiergeräte und Schrittzähler. Mit den Smartphone-integrierten Funktionen und Apps wie Spotify, Notizen-Apps mit Spracherkennung oder Gesundheits-Trackern (z. B. Google Fit, Apple Health) verschwinden diese Gerätekategorien zunehmend aus den Verkaufsregalen.
Besonders betroffen ist auch der Markt portabler Audio-Player, dessen Absatz laut der GfK seit 2015 jährlich zweistellig zurückgeht. Im Bereich Fitness-Tracker konnten sich lediglich Smartwatches behaupten – durch die enge Verzahnung mit Smartphones. Geräte ohne Smartphone-Anbindung sind nahezu bedeutungslos.
Konvergenz und Bequemlichkeit als Treiber
Ein zentraler Marktmechanismus ist die sogenannte Technologiekonvergenz: Nutzer bevorzugen Geräte, die mehrere Anwendungen in sich vereinen. Die Bequemlichkeit, alle Funktionen in einem einzigen, ständig verfügbaren Gerät zu haben, ist ein entscheidender Treiber hinter der Smartphone-zentrierten Entwicklung. Gleichzeitig werden Geräte wie digitale Kalender, Taschenlampen, Taschenrechner oder Scanner durch Apps ersetzt.
Nutzerfeedback und App-Ökosysteme ermöglichen eine ständige Weiterentwicklung. Funktionen wie QR-Zahlung, mobile Tickets oder digitale Impfausweise – entstanden aus aktuellem Bedarf – werden innerhalb kürzester Zeit in Millionen Geräten global ausgerollt.
Die Folge dieser Entwicklung ist ein „digitaler Geräte-Kannibalismus“. Unternehmen wie Garmin, Olympus, Canon oder TomTom haben ihre Geschäftsmodelle überdenken oder Nischenstrategien verfolgen müssen.
Für Konsumenten bietet die Smartphone-Zentralisierung vor allem Kostenvorteile und Komfort – vorausgesetzt, sie akzeptieren die stärkere Abhängigkeit von Betriebssystemen und Herstellern.
Welche Geräte aus heutiger Sicht besonders gefährdet sind, zeigt die folgende Liste:
- Kompakte Digitalkameras und einfache DSLR-Modelle
- Dedizierte GPS-Geräte für Auto und Outdoor
- Audio-Player ohne Streaming-Funktion
- Diktiergeräte, Scannerstifte, Taschenrechner
- Einsteiger-Fitness-Tracker ohne App-Anbindung
Für Unternehmen und Verbraucher ergeben sich daraus konkrete Handlungsempfehlungen:
- Verbraucher sollten regelmäßig prüfen, welche Funktionen moderne Smartphones bereits abdecken können, bevor sie in zusätzliche Hardware investieren.
- Hersteller sollten ihre Produktpalette auf kreative Spezialgebiete verschieben oder das Konzept der „Assistenzgeräte“ für Smartphones ausbauen (z. B. modulare Add-ons).
- IT-Profis und Entwickler können von der App-Konvergenz profitieren, indem sie intelligente, funktionsübergreifende Anwendungen anbieten, die bestehende Geräte ganz ersetzen.
Überholte Technik als Chance – oder Relikt?
Während viele Konsumentengeräte durch Smartphones verdrängt werden, bleibt für einige Nischenprodukte weiterhin ein Markt: Im High-End-Fotosegment etwa besteht eine loyale Nutzergemeinschaft professioneller Fotografen. Auch Audio-Enthusiasten schwören auf dedizierte Player mit hochwertigen DACs. Ein Comeback analoger Technologien – etwa Filmfotografie oder Plattenspieler – zeigt zudem, dass Nostalgie und Handwerksgefühl ebenfalls Kaufmotive sein können.
Neben der Nutzungsvielfalt spielen auch Umweltaspekte eine Rolle. Die Verlängerung von Produktlebenszyklen sowie die Reparierbarkeit und Wiederverwendbarkeit mobiler Geräte könnten zu neuen Markttrends führen – auch als Reaktion auf Elektroschrottproblematik und Nachhaltigkeitsbewegung.
Fazit: Smarte Dominanz mit Nebenwirkungen
Das Smartphone ist längst mehr als nur ein Kommunikationsgerät – es ist zum zentralen Alltagsbegleiter geworden, der eine Vielzahl spezialisierter Elektronikgeräte ersetzt hat. Diese Entwicklung hat Komfort und Effizienz gesteigert, aber auch Fragen nach Datenschutz, Abhängigkeit von Plattformen und Nachhaltigkeit aufgeworfen.
Durch die konsequente Kopplung von Technologie, App-Ökosystem und Nutzerkomfort hat sich das Smartphone zum dominierenden Gerät der Digitalmoderne entwickelt. Für Entwickler, Unternehmen und Anwender liegt die Herausforderung und Chance gleichermaßen darin, diesen Wandel aktiv mitzugestalten.
Was meint ihr? Welche Geräte habt ihr durch euer Smartphone ersetzt – und welche haltet ihr bis heute in Ehren? Diskutiert mit uns in den Kommentaren!