Künstliche Intelligenz

Energieverbrauch von KIs: Googles neue Fakten zu Gemini-Apps

Ein hell erleuchteter, moderner Serverraum mit glänzenden, futuristischen Rechenzentren unter warmem, natürlichem Sonnenlicht, das durch große Fenster fällt und eine Atmosphäre von nachhaltiger Innovation und technologischem Fortschritt ausstrahlt.

Künstliche Intelligenz gilt als Schlüsseltechnologie der Zukunft – doch ihr wachsender Energiebedarf wirft drängende Fragen in Bezug auf Nachhaltigkeit und Klimaauswirkungen auf. Google hat nun neue Daten zur Energieeffizienz seiner Gemini-Anwendungen veröffentlicht und bietet erstmals tiefere Einblicke in den tatsächlichen Ressourcenverbrauch moderner KI-Systeme. Was bedeutet das für die Umweltbilanz von KI – und wie realistisch sind technische Verbesserungen?

Gemini-Modelle im Fokus: Googles Offenlegung zur Energieeffizienz

Im Juni 2024 veröffentlichte Google im Rahmen seines „Environmental Report 2024“ detaillierte Informationen zur Umweltbilanz seiner KI-Anwendungen, insbesondere der Gemini-Reihe. Dahinter verbergen sich multimodale Sprachmodelle – direkter Konkurrent zu GPT-4 –, die in einer Vielzahl von Produkten wie dem Google Assistant, Workspace, der Google Suche und Android-Apps integriert sind.

Der Bericht stellt fest, dass sich der Stromverbrauch der Google-Rechenzentren 2023 auf 18,1 Terawattstunden (TWh) belief – ein Anstieg um 17 % im Vergleich zum Vorjahr. Etwa die Hälfte dieses Energieverbrauchs entfiel auf KI-bezogene Aufgaben, was die enorme Rechenintensität moderner Sprachmodelle unterstreicht.

Google betont jedoch, dass Gemini effizienter sei als frühere LLMs. Interne Tests sollen zeigen, dass die Gemini 1.5 Pro-Modelle bei bestimmten Aufgaben wie Codierung oder Texterstellung bis zu 40 % weniger Rechenleistung benötigen als vergleichbare GPT-Modelle bei ähnlicher Qualität. Konkrete Zahlen fehlen jedoch in vielen Fällen, was die Vergleichbarkeit erschwert.

KI und Klima: Warum der Energieverbrauch eine zentrale Rolle spielt

Mit zunehmender Komplexität großer Sprachmodelle steigt auch der Ressourcenbedarf. Laut einer Studie der University of Massachusetts Amherst verursacht das Training eines großen KI-Modells wie GPT-3 rund 502 Tonnen CO₂ – etwa so viel wie fünf amerikanische Durchschnittsbürger in einem Jahr ausstoßen (Strubell et al., 2019). Eine Untersuchung von Hugging Face aus dem Jahr 2023 unterstreicht zudem, dass 95 % der CO₂-Emissionen eines Modells im Einsatz und nicht im Training entstehen – z. B. in mobilen Anwendungen oder Cloud-Diensten.

Vor diesem Hintergrund ist Googles Offenlegung bedeutsam. Der Konzern weist darauf hin, dass der Einsatz von Custom Tensor Processing Units (TPUs) sowie datenzentrierte Modelloptimierungen zu einer verbesserten Energieeffizienz beiträgt. Dennoch räumt das Unternehmen ein, dass steigende Nachfrage und häufiger Einsatz von KI in Produkten wie Gmail, Google Maps und Android langfristig zu einem weiter steigenden Stromverbrauch führen dürften.

Technologische Gegenmaßnahmen und Innovationen

Im Vergleich zu klassischen GPUs gelten TPUs als deutlich effizienter für KI-Inferenz und Training. Google setzt seit 2023 vermehrt auf die TPU v5e, die eigenen Angaben zufolge pro Watt rund 2,5-fach mehr Leistung erzielt als die Generation v4.

Auch auf Software-Seite investieren Tech-Konzerne in Optimierungen:

  • Model Compression: Reduktion der Modellkomplexität ohne nennenswerten Qualitätsverlust.
  • Quantisierung: Speicherung und Rechenoperationen mit geringerer Präzision (z. B. INT8 statt FP32), was signifikant Energie spart.
  • Edge-AI: Verlagerung der Inferenz auf Endgeräte reduziert den Bedarf an energiehungrigen Serverzentren.

Google selbst verweist auf das Project TPU Next, das sich der Entwicklung von individuell anpassbaren Energiesparmodi bei Inferenz widmet. Zudem wird Gemini zunehmend auf energieeffizienten Geräten wie dem Pixel 9 oder Chromebooks genutzt, um lokale Berechnungen zu fördern.

Globale Perspektive: Wie KI den Energiebedarf insgesamt verändert

Der globale Stromverbrauch durch Rechenzentren macht laut IEA-Studie von 2024 (International Energy Agency) rund 1,3 % des weltweiten Stromverbrauchs aus – mit steigender Tendenz. KI-lastige Workloads könnten diesen Anteil bis 2030 auf bis zu 4 % wachsen lassen. Vor allem in Regionen mit hohem Cloud-KI-Aufkommen – etwa Nordamerika und Westeuropa – geraten die Stromnetze zunehmend unter Druck.

Renewable Energy Credits (RECs) und Offsets wie CO₂-Kompensationen gelten derzeit als Standardmaßnahmen der Branche. Google betont, dass 64 % seiner Rechenzentren bereits mit regionalem Grünstrom betrieben werden – das langfristige Ziel bleibt, bis 2030 rund um die Uhr CO₂-frei zu operieren (24/7 carbon-free energy).

Was können Unternehmen und Entwickler tun?

Technologische Fortschritte lösen nicht alle Probleme von selbst. Auch KI-Entwickler und Organisationen spielen eine entscheidende Rolle, um nachhaltigen Fortschritt voranzubringen.

  • Benchmarking integrieren: Energie- und Emissionsmessungen bei Training und Inferenz als Standard implementieren.
  • Öko-Design-Prinzipien: Nachhaltige Ansätze bei der Gestaltung und dem Hosting von KI-Anwendungen verfolgen.
  • Transparenz fördern: Offenlegung der Energie- und Umweltbilanzen großer Modelle zur besseren Vergleichbarkeit.

Zudem empfiehlt es sich, kleinere spezialisierte Modelle (wie TinyML oder SLMs) zu evaluieren, sofern sie für den Anwendungszweck ausreichend performant sind. In vielen Business-Cases lassen sich überdimensionierte LLMs durch spezialisierte, energiesparende Alternativen ersetzen.

Zukunftsausblick: Quantencomputing, nachhaltige Chips & neue Modellarchitekturen

Langfristige Hoffnungen liegen auf disruptiven Technologien wie dem Quantencomputing oder der Entwicklung deutlich energieeffizienterer Chips. Auch neuronale Netzwerke mit sparsity-aware Mechanismen, bei denen nicht jeder Rechenknoten bei jeder Inferenz aktiviert wird, versprechen Effizienzgewinne.

Hersteller wie NVIDIA, Intel und Google forschen intensiv an neuen sparsity-kompatiblen Architekturen. Gleichzeitig entstehen mit sparschnellen Modellvarianten wie Mistral oder Phi-3 vielversprechende Alternativen, die teils mit nur einem Zehntel der Ressourcen die Leistung vergleichbarer Transformer erreichen.

Fazit: Transparenz als Schlüssel zu nachhaltiger KI

Der Energieverbrauch von KI-Apps wie Gemini bleibt ein zweischneidiges Schwert: Einerseits ermöglicht die Technologie enorme Produktivitätsgewinne, andererseits bringt sie erhebliche ökologische Herausforderungen mit sich. Googles neue Fakten zur Energieeffizienz sind ein wichtiger Schritt hin zu mehr Transparenz – doch konkrete Vergleichswerte und Unabhängigkeit der Bewertung fehlen noch oft.

Es liegt an der gesamten Branche – von Hyperscalern über Entwickler bis hin zu verantwortungsvollen Nutzern – der Energieproblematik mit konkreten Maßnahmen zu begegnen. Wir möchten von Ihnen hören: Wie berücksichtigen Sie Nachhaltigkeit in Ihren KI-Projekten? Diskutieren Sie mit – in den Kommentaren oder auf unserer Tech-Community-Plattform.

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