IT-Sicherheit & Datenschutz

Souverän und Sicher: Wie Wire den Messenger-Markt erobern will

In einem modernen, lichtdurchfluteten Büro sitzen diverse Fachleute entspannt und konzentriert an einem großen Bildschirm, der sichere digitale Kommunikation symbolisiert, während warme Sonnenstrahlen durch große Fenster fallen und eine Atmosphäre von Vertrauen, Kompetenz und digitaler Souveränität schaffen.

In einer Welt, in der digitale Kommunikation sensibler denn je ist, wollen Unternehmen und öffentliche Einrichtungen die Kontrolle über ihre Daten zurück. Der sichere Messenger Wire positioniert sich gezielt in diesem Spannungsfeld und setzt auf digitale Souveränität als zentrales Argument im Kampf um Marktanteile.

Digitale Souveränität als Alleinstellungsmerkmal

Wire, ein ursprünglich aus der Schweiz stammender Messenger-Dienst mit Entwicklungsstandorten in Berlin, versucht, sich als ernstzunehmende Alternative zu US-dominierten Plattformen wie Microsoft Teams, Slack oder Zoom zu etablieren. Der Fokus liegt dabei auf der konsequenten Trennung von Nutzer- und Metadaten sowie der Möglichkeit zur On-Premises-Installation — ein zunehmend gefragtes Kriterium im europäischen Behörden- und Unternehmensumfeld.

„Gerade Organisationen mit strengen Sicherheitsanforderungen wollen Kommunikation nicht nur sicher, sondern auch unter eigener Kontrolle wissen“, erklärte Wire-CEO André Kempe gegenüber heise.de. In dem ausführlichen Interview betont Kempe, dass Wire vollständig DSGVO-konform ist und E2E-Verschlüsselung (Ende-zu-Ende) nicht nur optional, sondern standardmäßig verwendet wird.

Aus der Nische zur strategischen Lösung für Behörden

Wire ist längst kein reiner Consumer-Messenger mehr. Vielmehr zielt man strategisch auf den B2B- und Behördenmarkt. Bereits 2021 wurde Wire in die nationale Vertrauensliste für behördliche Kommunikation in Frankreich aufgenommen. Zudem unterstützt der Dienst das Projekt „Sovereign Workplace“ in Deutschland, wo unter anderem Bund und Länder an souveränen Alternativen zu US-Software arbeiten.

Mit Funktionen wie LDAP-Integration, Mandantentrennung und Rollenrechten spricht Wire IT-Leiter, CISO und Datenschutzbeauftragte gezielt an. „Wenn Sicherheits- und Datenschutzanforderungen an erste Stelle gesetzt werden, ist Wire eine der wenigen Lösungen, die überhaupt noch in Frage kommen“, so ein Sprecher des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) in einem früheren Statement.

Sicherheitsarchitektur im Vergleich zu anderen Messenger-Diensten

Im Vergleich zu Signal, Threema oder Matrix setzt sich Wire besonders durch seine Enterprise-Funktionen und Transparenz ab. Während Signal durch vertrauliche Kommunikation mit Telefonnummernbindung punktet, bietet Wire anonyme Accounts per E-Mail – oder ganz ohne Angabe personenbezogener Daten. Im Gegensatz zu Matrix, das als föderierte Plattform auf dezentrale Serverstruktur setzt, bietet Wire eine Mischung aus gehosteten Services und On-Premises-Installationen.

Wire veröffentlicht regelmäßig unabhängige Sicherheits-Audits (zuletzt durch Kudelski Security 2023) und stellt seinen Quellcode für die Client-Apps auf GitHub öffentlich zur Verfügung. Das Backend hingegen bleibt proprietär — eine kontrovers diskutierte Entscheidung, die das Unternehmen mit betrieblicher Sicherheit und Compliance-Anforderungen begründet.

Statistiken und Zahlen: Der Markt für sichere Kommunikation wächst

Der Bedarf an sicheren, datenschutzkonformen Kommunikationslösungen steigt kontinuierlich. Laut einer Erhebung von Statista aus dem Jahr 2024 waren 57 % der in Deutschland befragten Unternehmen unzufrieden mit der DSGVO-Konformität gängiger US-Kommunikationsdienste. Gleichzeitig prognostiziert MarketsandMarkets für den globalen Markt für verschlüsselte Kommunikation bis 2027 ein Wachstum auf über 9 Milliarden US-Dollar (2022: 4,4 Milliarden US-Dollar).

Wire zählt heute laut eigenen Angaben über 1.800 Geschäftskunden, darunter staatliche Einrichtungen in Skandinavien, Deutschland und dem EU-Ausland. Ein wichtiger Meilenstein war der Abschluss eines mehrjährigen Rahmenvertrags mit einer europäischen Sicherheitsbehörde im Jahr 2023.

Was andere von Wire lernen können

Unternehmen und Organisationen, die sichere Kommunikationsdienste entwickeln wollen, können von Wires Beispiel wichtige Erkenntnisse ableiten:

  • Verzicht auf Metadaten-Tracking: Wire sammelt keine Kommunikationsmetadaten, was ein wichtiger Wettbewerbsvorteil ist.
  • 100 % standardmäßige E2E-Verschlüsselung: Sicherheit darf nicht optional sein.
  • Transparenz durch Audits und Open Source: Regelmäßige Sicherheitsprüfungen erhöhen das Vertrauen.

Besonderes Augenmerk verdient auch Wires Implementierung von Secure Messaging Layer Identity (MLS), einem neuen offenen Kommunikationsstandard, der vom IETF eingeführt wurde und zukünftig interoperable, verschlüsselte Gruppenkommunikation ermöglichen soll. Wire war eines der ersten Unternehmen, das MLS in einem Produktivsystem implementierte.

Strategische Ausrichtung und zukünftige Entwicklung

Wire verfolgt eine klare Wachstumsstrategie im Enterprise-Bereich. Dazu zählen Investitionen in UX-Neugestaltung, stärkere Integrationen in bestehende Office-Suiten sowie Schnittstellen zu Dokumenten-Managementsystemen. Auch eine breitere Lokalisierung ist geplant – Wire unterstützt derzeit über 16 Sprachen, darunter Deutsch, Englisch, Französisch und Spanisch.

„Wir glauben nicht, dass es den einen Messenger für alle geben kann“, sagte CEO Kempe im Gespräch mit heise.de. Man wolle deshalb gezielt auf Kundenbedürfnisse eingehen, ohne dabei Kompromisse bei Sicherheit und Souveränität einzugehen.

Praktische Handlungsempfehlungen für IT-Entscheider

Für Organisationen, die den Einsatz datensouveräner Kommunikationslösungen in Betracht ziehen, ergeben sich aus Wires Ansatz konkrete Handlungsoptionen:

  • Führen Sie eine Risikoanalyse durch und identifizieren Sie Kommunikationsprozesse mit hohem Schutzbedarf.
  • Betrachten Sie neben Features auch Betriebsmodelle wie On-Premises oder Private Cloud gezielt in der Anbieterauswahl.
  • Verlangen Sie öffentlich geprüfte Sicherheitsnachweise (Audits, Penetration-Tests) und prüfen Sie Open-Source-Anteile.

Fazit: Der Messenger-Markt braucht souveräne Alternativen

Wire zeigt, dass Sicherheit, Datenschutz und Benutzerfreundlichkeit keine Widersprüche darstellen müssen. Im Gegenteil: Gerade in politisch sensiblen Zeiten und unter wachsendem regulatorischem Druck kann digitale Souveränität zum Schlüsselargument werden. Unternehmen und Behörden, die heute auf eigenverantwortliche Kommunikation setzen, investieren nicht nur in IT-Sicherheit – sie investieren in ihre Zukunftsfähigkeit.

Wie steht es in Ihrer Organisation um digitale Unabhängigkeit bei der Kommunikation? Diskutieren Sie mit unserer Community: Welche Kriterien sind für Sie entscheidend bei der Wahl eines sicheren Messengers?

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