Inventarverwaltung gehört für viele mittelständische Unternehmen zum Alltag – häufig noch mit Excel, Papierlisten oder veralteten Systemen. Doch digitale Inventarmanagement-Lösungen versprechen nicht nur mehr Übersicht, sondern drastische Effizienzsteigerungen. In Zeiten von Lieferkettenrisiken und wachsendem Preisdruck lohnt sich der Umstieg mehr denn je.
Warum gerade der Mittelstand auf digitales Inventarmanagement setzen sollte
Während Konzerne längst auf automatisierte Lagerhaltungs- und Bestandsführungssysteme setzen, hinkt der Mittelstand in Deutschland häufig hinterher. Laut einer Studie des Digitalverbands Bitkom aus dem Jahr 2024 liegt der Digitalisierungsgrad der Lagerlogistik im Mittelstand bei lediglich 39 Prozent. Das bedeutet: In sechs von zehn Unternehmen wird Inventar noch teilweise manuell oder in veralteten Systemen gepflegt.
Angesichts wachsender Komplexität in Produktion, Logistik und Supply Chain Management sind diese Verfahren kaum noch zeitgemäß. Fehlbestände, Überbevorratung oder Verzögerungen in der Auslieferung kosten nicht nur Zeit, sondern auch bares Geld. Moderne Inventarmanagement-Systeme bringen Transparenz, Automatisierung und vor allem Geschwindigkeit in diesen Prozess.
Erfahrungsberichte: So verändert sich der Arbeitsalltag nach der Digitalisierung
Ein gutes Beispiel liefert die Müller & Richter Maschinenbau GmbH aus Baden-Württemberg. Das 70-Mitarbeiter-Unternehmen setzte bis 2022 zur Lagerverwaltung auf manuelle Prozesse und Excel-Tabellen. Seit der Einführung einer cloudbasierten Inventarmanagement-Software konnte unter anderem die Zeit zur jährlichen Inventur um 65 Prozent reduziert werden. Zudem sank die Kapitalbindung durch optimierte Bestandsmengen um rund 18 Prozent.
Ein weiteres Praxisbeispiel ist die Hagenberger Elektrotechnik GmbH. Das Unternehmen nutzt eine IoT-gestützte Lagerlösung mit Barcode-Scannern und Anbindung an das ERP-System. „Früher waren wir bei Materialengpässen häufig im Blindflug. Heute erhalten wir Echtzeitwarnungen, wenn kritische Schwellenwerte erreicht werden“, beschreibt Logistikleiterin Anna Stein. Die Fehlerquote in der Kommissionierung habe sich laut eigenen Angaben seit Einführung der Lösung halbiert.
Konkrete Vorteile digitaler Inventarsysteme
Der Umstieg auf digitale Lagerlösungen bringt eine Vielzahl konkreter wirtschaftlicher und organisatorischer Vorteile. Moderne Systeme bieten neben klassischen Funktionen wie Bestandserfassung und Lagerplatzverwaltung auch erweiterte Module zur Analyse, Prognose und Prozessautomatisierung. Im Überblick:
- Echtzeitdaten: Bestände, Bewegungen und Mindestmengen werden ohne Verzögerung abgebildet – ideal für Just-in-Time-Prozesse.
- Mobile Nutzung: Lagerarbeitende können mit Handscannern oder mobilen Devices direkt am Regal buchen – das reduziert Medienbrüche.
- Integrationen: Verbindung mit ERP-, CRM- oder Beschaffungssystemen ermöglicht automatisierte Nachbestellungen auf Basis definierter Parameter.
Zusätzlich lassen sich mit Hilfe von KI-gestützten Auswertungen etwa saisonale Bedarfsmuster identifizieren oder Anomalien frühzeitig erkennen. Laut einer Studie von Statista nutzen bereits 27 Prozent der mittelständischen Unternehmen solche intelligenten Analysen im Lagerbereich (Statista, 2024).
Worauf Unternehmen beim Umstieg achten müssen
Die Einführung eines digitalen Inventarsystems ist ein strategisches Projekt und keine bloße Softwareinstallation. Unternehmen sollten realistische Ziele definieren und die Bedürfnisse ihrer spezifischen Lagerprozesse analysieren. Typische Implementierungshürden sind:
- Datenmigration: Veraltete oder inkomplette Bestandsdaten müssen vor der Umstellung bereinigt werden.
- Technikintegration: Bestehende Systeme wie ERP- oder Kassensysteme müssen kompatibel sein oder entsprechende Schnittstellen bereitstellen.
- Change Management: Mitarbeitende müssen geschult und aktiv eingebunden werden. Die Akzeptanz ist entscheidend für den Erfolg.
Laut einer aktuellen KPMG-Befragung aus dem Jahr 2024 rangiert der Fachkräftemangel (41 %) auf dem ersten Platz der Umsetzungsbarrieren bei Digitalisierungsprojekten im Mittelstand – dicht gefolgt von fehlender Prozessdokumentation und Budgetrestriktionen.
Unternehmen sollten in der Planungsphase daher nicht nur technologische Anforderungen bedenken, sondern auch organisatorische Rahmenbedingungen wie Schulungskapazitäten oder interne Kommunikation berücksichtigen.
Technologietrends: Von IoT zu KI-gesteuerten Lagersystemen
Die Dynamik im Bereich Inventarmanagement wird derzeit stark von zwei technischen Entwicklungen geprägt: IoT (Internet of Things) und künstliche Intelligenz. Sensorik-gestützte Lagerlösungen mit RFID oder BLE (Bluetooth Low Energy) sind längst keine exotischen Nischenlösungen mehr. Gerade bei wertvollen oder temperaturempfindlichen Waren ermöglichen sie automatische Updates bei jeder Bewegung.
Künstliche Intelligenz ergänzt dies mit automatischen Dispositionsvorschlägen, Mengenprognosen oder Anomalieerkennung. Unternehmen wie invia.de oder Storeganize bieten cloudbasierte Systeme, die mithilfe von Machine Learning präzisere Lagerstrategien ermöglichen – etwa durch dynamische Lagerplatzvergabe oder automatisierte Retourenbewertung.
Auch APIs und modulare Plattformarchitekturen machen es heute möglich, Inventarsysteme flexibel an vorhandene IT-Landschaften und zukünftige Anforderungen anzupassen.
Praktische Tipps für die Einführung digitaler Inventarprozesse
Die folgenden Empfehlungen helfen mittelständischen Unternehmen, digitale Lagerprojekte erfolgreich anzustoßen und umzusetzen:
- Starten Sie mit einem Pilotbereich (z. B. einem bestimmten Lagersystem oder Produktgruppe), um Prozesse zu testen und zu lernen.
- Wählen Sie eine Lösung, die offene Schnittstellen (APIs) und ERP-Kompatibilität bietet – das erleichtert Skalierung und Integration.
- Erarbeiten Sie ein Schulungs- und Kommunikationskonzept, um Mitarbeitende frühzeitig zu involvieren und Betriebsstörungen zu vermeiden.
Darüber hinaus empfiehlt es sich, bei größeren Projekten externe Expert:innen oder Systemintegratoren einzubinden, die Erfahrung mit der Einführung komplexer Lagerarchitekturen haben.
Fazit: Inventarmanagement als Schlüssel zur Wettbewerbsfähigkeit
Digitales Inventarmanagement ist weit mehr als ein IT-Projekt – es ist eine Investition in Effizienz, Kundenorientierung und Wettbewerbsfähigkeit. Gerade Mittelständler können sich durch agile Lagerpraktiken und datengestützte Prozesse besser am Markt behaupten. Die Zahlen sprechen für sich: Unternehmen mit digitalisierten Lagerstrukturen verzeichnen laut McKinsey eine durchschnittliche Effizienzsteigerung von bis zu 30 Prozent in der Intralogistik (McKinsey Digital 2023).
Jetzt sind Strategen, Entscheider und Digitalverantwortliche gefragt: Wie fortschrittlich ist Ihr Lager heute – und wie viel Potenzial verschenken Sie noch? Teilen Sie uns Ihre Erfahrungen mit, stellen Sie Fragen oder diskutieren Sie mit unserer Community: Wie gelingt der digitale Lagerwandel im Mittelstand wirklich?




