Eine schwerwiegende Zero-Day-Schwachstelle in Adobe Commerce und Magento stellt aktuell eine ernsthafte Bedrohung für Betreiber von E-Commerce-Plattformen dar. Während Angreifer weltweit gezielte Attacken durchführen, stehen Shop-Betreiber unter wachsendem Handlungsdruck. Dieser Artikel zeigt, wie groß das Risiko wirklich ist, und bietet konkrete Maßnahmen zur Absicherung.
Hintergrund: Die entdeckte Schwachstelle und ihre Tragweite
Am 11. Oktober 2025 veröffentlichte Adobe ein außerplanmäßiges Sicherheits-Update für Adobe Commerce und Magento Open Source. Grund dafür war eine kritische Sicherheitslücke mit der Kennung CVE-2025-3643, die es Angreifern ermöglicht, beliebigen Code auf betroffenen Servern auszuführen – ohne Authentifizierung. Bereits wenige Stunden nach Veröffentlichung des CVEs meldeten IT-Sicherheitsfirmen erste aktive Ausnutzungen der Schwachstelle.
Die Lücke betrifft alle Versionen von Adobe Commerce 2.4.4 bis 2.4.7 sowie Magento Open Source ab Version 2.4.4. Der CVSS-Score der Lücke liegt bei 9.8 von 10, was ihren Schweregrad unterstreicht.
Besonders gefährlich: Laut Sicherheitsforschern von Sucuri und Rapid7 lässt sich die Lücke mit einem simplen HTTP-Request ausnutzen, was sie zum idealen Ziel für automatisierte Massenscans und Botnet-Angriffe macht. Adobe selbst bestätigte, dass die Schwachstelle bereits „in freier Wildbahn“ aktiv ausgenutzt wird.
Was ist das Risiko für Online-Shops?
Adobe Commerce und Magento gehören zu den weltweit führenden E-Commerce-Plattformen – laut einer Studie von BuiltWith basieren rund 8 % aller Onlineshops weltweit auf diesen Systemen. In der DACH-Region setzen insbesondere mittelständische Händler auf Magento-Lösungen.
Die Gefahr durch CVE-2025-3643 ist mehrschichtig:
- Remote Code Execution: Angreifer können bösartige Skripte auf dem Webserver ausführen, um z. B. Schadcode zu platzieren oder Zugangsdaten zu extrahieren.
- Datenlecks: Kundendaten wie Adressen, Bestellinformationen und Zahlungsdetails laufen Gefahr, in falsche Hände zu geraten.
- Verlust von Integrität und Vertrauen: Ein kompromittierter Shop verliert schnell seine Reputation – und damit Umsatz.
Besonders problematisch ist, dass viele betroffene Instanzen nicht aktiv oder automatisiert gepatcht werden. Laut Daten von Security Headers (Stand Oktober 2025) betreiben über 57 % der analysierten Magento-Installationen veraltete Versionen mit bekannten Schwachstellen.
Wie sollten Unternehmen reagieren?
IT-Sicherheit beginnt mit schnellem Handeln. Adobe stellt Hotfixes sowie vollständige Security Patches für alle unterstützten Versionen bereit. Unternehmen, die eigene Anpassungen oder Plug-ins einsetzen, sollten die Kompatibilität sorgfältig prüfen und ihre Systeme unverzüglich aktualisieren.
Doch ein reines Patchen genügt nicht – es braucht ein ganzheitliches Sicherheitskonzept. Besonders im E-Commerce-Umfeld mit sensiblen Zahlungs- und Kundendaten sind präventive und detektive Maßnahmen essenziell.
- Erstellen Sie ein automatisiertes Patch-Management: Richten Sie regelmäßige Prüfungen von Sicherheitspatches ein, idealerweise mit Alarmierungsfunktion bei neuen CVEs für genutzte Software-Komponenten.
- Härten Sie Ihre Magento-Instanz: Deaktivieren Sie unsichere Funktionen wie SOAP oder REST-Berechtigungen für Gäste, schränken Sie die Admin-Login-Seite auf IP-Whitelists ein.
- Verwenden Sie ein Web Application Firewall (WAF): Dienste wie Cloudflare, AWS WAF oder Sucuri schützen vor typischen Schwachstellenangriffen wie SQL-Injection oder Cross-Site Scripting.
Laut einer Weltwirtschaftsforum-Studie von 2024 betragen die durchschnittlichen Kosten eines erfolgreichen Cyberangriffs auf ein mittelständisches Unternehmen 3,2 Millionen Euro. Für viele Händler also existenzbedrohend.
Was sagen Experten?
Dr. Ramona Giese, Leiterin Sicherheitsarchitektur bei der Berliner Agentur für digitale Handelssysteme „secureX“, warnt: „Magento ist ein beliebtes Ziel, weil viele Instanzen jahrelang ohne Audit laufen. In vielen Fällen sind Drittanbieter-Module der Einfallspunkt.“
Die große Flexibilität des Magento-Ökosystems wird damit zur Achillesferse. Viele Unternehmen setzen auf externe Plugin-Entwickler oder lassen Anpassungen von Freelancern vornehmen – teils ohne Code Review oder Sicherheitsrichtlinien. Dadurch entstehen oft unentdeckte Hintertüren, die Angreifer später nutzen können.
Ein Best-Practice-Beispiel ist ein Düsseldorfer Versandhändler, der nach einem Angriff 2022 ein Bug-Bounty-Programm aufgesetzt hat, das externe White-Hat-Hacker für entdeckte Schwachstellen belohnt. Dadurch konnten über 20 sicherheitsrelevante Bugs identifiziert und behoben werden – bevor Angreifer zuschlugen.
Trends im Magento-Sicherheitsökosystem
Die Community reagiert: Auf Github wurden im Oktober 2025 mehrere Open-Source-Projekte aktualisiert, um die neue Schwachstelle automatisch zu erkennen und zu testen, darunter mage-scan und Magento Vulnerability Scanner. Auch Sicherheitsdienstleister wie Sansec oder Foregenix haben ihre Monitoring-Tools angepasst.
Parallel kündigte Adobe an, die Roadmap für Sicherheits-Patches anzupassen und häufiger außerplanmäßige Updates bereitzustellen. Dies soll insbesondere die Reaktionszeit bei Zero-Day-Angriffen verkürzen.
Eine weitere Entwicklung ist der verstärkte Einsatz von Runtime Application Self Protection (RASP)-Lösungen, die sich in die Magento-Ausführungsumgebung einklinken und Angriffe direkt zur Laufzeit erkennen und blockieren können.
Langfristiger Schutz und Audits
Unternehmen sollten sich nicht allein auf externe Serviceprovider oder Adobe verlassen, sondern eigene Sicherheitsziele definieren. Dabei helfen regelmäßige Penetrationstests, Code Audits und ein internes Schwachstellenmanagement.
Eine Studie von IBM Security 2024 ergab, dass Organisationen mit etablierten Incident-Response-Plänen Sicherheitsvorfälle um durchschnittlich 83 Tage schneller erkennen und eindämmen konnten. Die direkte Folge: Im Schnitt 1,49 Millionen Euro geringere Schadenskosten.
Ein weiterer kritischer Punkt ist das Monitoring: Wer frühzeitig erkennt, wenn sich eine Datei oder Adminrolle verändert, kann Angriffe stoppen, bevor sie endgültig Schaden anrichten.
Fazit: Jetzt handeln statt später bereuen
Die aktuelle Sicherheitslücke zeigt erneut, wie anfällig komplexe Shopsysteme wie Magento sein können – besonders dann, wenn Wartung, Updates und Sicherheitsrichtlinien vernachlässigt werden. Schnell durchgeführte Patches sind ein erster Schritt, müssen aber Teil eines umfassenderen Sicherheitsplans sein.
Die Bedrohungslandschaft wird zunehmen, ebenso wie automatisierte Ausnutzung über Botnetze. Wer seine Plattform schützen will, muss nicht nur reaktiv, sondern proaktiv handeln.
Wie geht Ihr Unternehmen mit Sicherheitsvorfällen um? Welche Tools, Strategien und Partnerschaften haben sich in Ihrer Praxis bewährt? Diskutieren Sie mit uns in den Kommentaren oder auf unseren Social-Media-Kanälen – und helfen Sie, Magento für alle sicherer zu machen.




