Webdesign & UX

Web Accessibility Checker: Tools zur Verbesserung der Barrierefreiheit

In einem hell erleuchteten, modernen Büro sitzt eine diverse Gruppe von Webentwickler:innen konzentriert vor mehreren Bildschirmen mit Code und farblich gekennzeichneten Accessibility-Checks, während warmes Sonnenlicht durch große Fenster fällt und eine freundliche, kooperative Atmosphäre schafft.

Barrierefreiheit im Web ist längst mehr als ein ethischer Anspruch – sie ist eine rechtliche Notwendigkeit und ein Qualitätsmerkmal moderner Webentwicklung. Dennoch fehlt vielfach die technische Umsetzung. Spezialisierte Accessibility-Checker können Abhilfe schaffen.

Warum Web Accessibility essenziell ist

Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) leben weltweit über 1,3 Milliarden Menschen mit einer Form der Behinderung – das ist etwa jeder sechste Mensch. Eine zugängliche Webseite stellt sicher, dass möglichst viele Nutzer, unabhängig von körperlichen oder kognitiven Einschränkungen, auf Inhalte und Funktionen gleichermaßen zugreifen können.

Rechtlich ist die Barrierefreiheit ebenfalls relevant: Mit dem European Accessibility Act (EAA) müssen auch viele private Unternehmen ab 2025 barrierefreie digitale Angebote bereitstellen – vergleichbar mit § 12 des deutschen Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG). Wer jetzt in die technische Umsetzung investiert, ist also auf der sicheren Seite.

Accessibility-Checker: Was sie leisten

Accessibility-Checker sind Analysewerkzeuge, die Webseiten automatisiert auf Barrieren prüfen. Dazu zählen HTML-Semantik, ARIA-Rollen, Farbkontraste, Tastaturnavigation und mehr. Während kein Tool alle Probleme identifizieren kann, liefern sie wertvolle Hinweise zur Verbesserung der Nutzerfreundlichkeit und zur Einhaltung gesetzlicher Standards wie WCAG 2.1 (Web Content Accessibility Guidelines).

Im Folgenden stellen wir die aktuell relevantesten Tools vor – inklusive ihrer Besonderheiten, Stärken und Schwächen.

Wave von WebAIM

Wave ist eines der bekanntesten und am weitesten verbreiteten Tools zur schnellen Webseitenanalyse. Entwickelt wurde es vom Center for Persons with Disabilities an der Utah State University.

  • Browser-Erweiterung (Chrome, Firefox) und Online-Version verfügbar
  • Visuelle Anzeige von Problemen direkt auf gerenderten Seiten
  • Prüft Kontraste, ARIA-Nutzung, strukturelle Probleme und fehlende ALT-Texte

Vorteile: Intuitive Oberfläche, umfassende Fehlerkategorisierung, klare visuelle Hinweise.
Nachteile: Keine Batch-Auswertung, beschränkt auf eine Seite pro Analyse.

axe – von Deque Systems

axe ist eine Open-Source-Bibliothek, die sich tief in bestehende Entwicklungsprozesse integrieren lässt. Entwickelt von Deque Systems, eignet es sich besonders für den Einsatz in automatisierten Testumgebungen.

  • Erhältlich als Browser-Extension, CLI, npm-Modul und DevTools-Integration
  • vollständig WCAG-konform
  • hohe Anpassbarkeit durch APIs und Reporting-Tools

Vorteile: Automatisierter Test in CI/CD-Pipelines, hohe Präzision, Open Source.
Nachteile: Einarbeitungszeit für weniger technische Nutzer, überwiegend englische Dokumentation.

Lighthouse (Google Chrome DevTools)

Lighthouse von Google prüft unter anderem Performance, SEO und Barrierefreiheit – und ist direkt in die Chrome DevTools integriert.

  • Kostenlos, keine Installation notwendig
  • Bewertet Seiten mit Accessibility-Score von 0 bis 100
  • Bezieht sich auf ausgewählte WCAG-Kriterien

Vorteile: Schnell, einfach nutzbar, gut für erste Einschätzung.
Nachteile: Bewertung eingeschränkt, keine vollständige WCAG-Abdeckung.

ARC Toolkit (TPGi)

ARC Toolkit ist ein kostenloses Werkzeug für Entwickler, das als Chrome-Erweiterung funktioniert. Es stammt von TPGi (The Paciello Group).

  • Leistungsstarke Prüfungen direkt im DOM
  • Klare Darstellung und Filterung von Richtlinienfehlern
  • Erweiterte ARIA-Validierung

Vorteile: Entwicklertauglich, granular, konform mit WCAG 2.1.
Nachteile: Keine API, keine Automatisierung.

SortSite von PowerMapper

SortSite ist ein kommerzielles Desktop-Tool, das ganze Sites crawlbasiert analysieren kann und Berichte zu Barrierefreiheit, SEO und Kompatibilität liefert.

  • Unterstützt WCAG 2.1, Section 508 und BITV 2.0
  • Ideal für QA-Teams und Agenturen
  • Microsoft Office‑ähnliche Oberfläche

Vorteile: Website-weite Prüfung, kombinierte Qualitätsanalyse.
Nachteile: Kostenpflichtig, kaum Community-Support, keine Open-Source-Lösung.

Statistische Lage und Trends

Die Realität zeigt: Website-Betreiber haben noch massiven Nachholbedarf in Sachen Barrierefreiheit. Eine Untersuchung von WebAIM, die im April 2024 veröffentlicht wurde, ergab, dass 96,3 % der Top-1-Million-Websites weiterhin mindestens einen WCAG-Fehler aufweisen.

Auch laut einer Studie von Siteimprove (2023) sinken Absprungraten auf barrierefreien Seiten im Schnitt um 35 % – ein klarer wirtschaftlicher Vorteil besserer Accessibility.

Empfehlungen für unterschiedliche Szenarien

Kein Tool deckt alle Bedarfe ab. Je nach Projektdimension, Entwicklungsteam und Zielgruppe sollte ein Werkzeug intelligent ausgewählt werden:

  • Einzelprojekt oder Landingpage? → Wave oder Lighthouse sind ideal für schnelle Checks.
  • Agile Webentwicklung mit CI/CD? → axe-Core solltest du unbedingt einbauen – entweder über CLI, GitHub Actions oder Cypress.
  • Großes Corporate CMS? → Kombiniere SortSite für Batch-Analysen mit ARC Toolkit für manuelle Prüfungen.

Fachleute empfehlen zudem, automatisierte und manuelle Tests zu kombinieren. Denn nur so lassen sich auch kontextabhängige Probleme wie verständliche Linktexte oder Fokusreihenfolgen abdecken.

SEO-Vorteile barrierefreier Seiten

Eine gut strukturierte, zugängliche Website profitiert nicht nur in Sachen Usability – sie ist auch im Vorteil bei Suchmaschinen: Viele Accessibility-Prinzipien überschneiden sich mit SEO-Kriterien. Dazu zählen semantisches HTML, textbasierte Alternativen zu Bildern und Navigation via Headings.

Google selbst bestätigte in mehreren Core Updates (zuletzt März 2024), dass Nutzerfreundlichkeit und maschinenlesbare Struktur zunehmend SEO-Relevanz besitzen. Barrierefreiheit steigert also auch Sichtbarkeit.

Drei praktische Tipps für barrierefreies Webdesign

  • Integriere kontrastreiche Farbpaletten: Achte bei Texten und UI-Elementen auf einen Kontrast von mindestens 4,5:1. Tools wie „Color Contrast Analyzer“ helfen bei der Kontrolle.
  • Navigierbarkeit testen: Überprüfe Seiten mit der Tastatur (Tab, Enter, ESC), um sicherzustellen, dass sich alle Elemente ohne Maus bedienen lassen.
  • Screenreader-Kompatibilität prüfen: Teste Inhalte mit NVDA oder VoiceOver, um sicherzustellen, dass Inhalte in logischer Reihenfolge vorgelesen werden.

Fazit: Accessibility als Teil digitaler Exzellenz

Barrierefreiheit ist kein Zusatzfeature – sie gehört zum professionellen Webdesign dazu. Accessibility-Checker setzen hier an, indem sie Fehler aufdecken und strukturelle Schwächen sichtbar machen. Sie sind unverzichtbar im Qualitätsprozess und helfen, Webanwendungen so zu gestalten, dass sie wirklich für alle funktionieren.

Welche Checker nutzt ihr in euren Projekten? Welche Erfahrungen habt ihr mit automatisierten oder manuellen Accessibility-Tests gemacht? Diskutiert mit uns in den Kommentaren und lasst uns voneinander lernen – für ein barrierefreies, nutzerorientiertes Web.

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