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Einblicke in die Quantenwelt: Welche Länder die Nase vorn haben

Helles, stimmungsvolles Porträt eines jungen, internationalen Forscherteams in einem modernen Labor mit natürlichen Lichtreflexen, das konzentriert an Quantencomputern arbeitet und dabei eine Atmosphäre von Aufbruch, Innovation und freundlicher Zusammenarbeit vermittelt.

Quantencomputer galten lange als Zukunftsmusik, doch mittlerweile ist der globale Wettlauf in vollem Gange – mit milliardenschweren Investitionen, ambitionierten Roadmaps und geopolitischen Schachzügen. Wer beim Quantenvorsprung führt, entscheidet über die technologische Souveränität von morgen.

Globale Dynamik: Quantentechnologie als strategischer Schlüssel

Quantentechnologien – insbesondere Quantencomputer, Quantenkommunikation und Quantensensorik – gelten als nächste technologische Revolution mit disruptivem Potenzial. Sie ermöglichen exponentiell leistungsfähigere Rechenoperationen und können klassische Verschlüsselungen unterwandern oder neue Durchbrüche in Materialwissenschaft, Medizin und Logistik forcieren.

Der technologische Wettbewerb ist international, flankiert von nationalen Innovationsstrategien. Laut Global Quantum Ecosystem Report 2024 des Beratungsunternehmens McKinsey wird der Markt für Quantencomputing-Technologien bis 2030 ein Volumen von über 90 Milliarden US-Dollar erreichen. Besonders die USA, China und Europa liefern sich ein intensives Rennen – mit jeweils unterschiedlichen Stärken, Strategien und Finanzierungen.

USA: Kommerzialisierung und Industrieführerschaft im Fokus

Die Vereinigten Staaten gelten als Vorreiter in der Kommerzialisierung. Mit Unternehmen wie IBM, Google, Microsoft und Rigetti verfügt das Land über eine leistungsstarke Industriebasis. IBM etwa verfolgt mit seiner Quantum Roadmap das Ziel, bis 2025 Quantencomputer mit über 4000 Qubits auf den Markt zu bringen.

Auch auf politischer Ebene wird stark investiert. Der National Quantum Initiative Act aus dem Jahr 2018 und das darauffolgende Budget von über 1,2 Milliarden US-Dollar haben eine koordinierte Forschungs- und Förderlandschaft geschaffen. Die National Science Foundation (NSF) und das Department of Energy (DOE) treiben sowohl Grundlagen- als auch anwendungsnahe Forschung voran.

Ein weiteres Merkmal des US-Systems ist die hohe Dichte an Start-ups, darunter PsiQuantum, IonQ und QCI, die von Wagniskapitalgebern mit Milliardenbeträgen finanziert werden.

China: Strategische Dominanz durch Staatssteuerung

China verfolgt einen zentralisierten Ansatz mit langfristiger Planung. Bereits 2016 investierte das Land über 10 Milliarden US-Dollar in das nationale Quantenlabor in Hefei – die weltweit größte Einrichtung dieser Art. Der technologische Fokus liegt auf Quantenkommunikation und -netzwerken, etwa mit dem Quantenkommunikationssatelliten „Micius“ sowie dem Ausbau eines Quantennetzwerks von Peking nach Schanghai (über 2000 km).

Chinesische Forscher der Universität für Wissenschaft und Technik in China (USTC) hatten zudem 2020 einen Meilenstein erreicht, als sie mit ihrem Quantencomputer Jiuzhang den Quantenüberlegenheitsbeweis (Quantum Supremacy) demonstrierten. Zwar ist dieser auf spezielle Berechnungen beschränkt, doch zeigt er das schnelle Forschungstempo im Land.

Staatliche Rahmenbedingungen, hohe Investitionen in akademische Eliten und der Fokus auf Technologie-Multiplikation machen China zu einem ernsthaften Rivalen der westlichen Nationen – auch hinsichtlich möglicher sicherheitspolitischer Implikationen.

Europäische Union: Viel Forschungsstärke – wenig Kommerzialisierung

Die Europäische Union hat ihre Ambitionen früh formuliert: Mit der Quantum Flagship Initiative ist ein zehnjähriges Forschungsprogramm mit einem Volumen von rund einer Milliarde Euro angelaufen. Auch Horizon Europe unterstützt Projekte in den Bereichen Quantensimulation, Quantenmetrologie und Quanteninternet.

Technologisch stark präsent sind Länder wie Deutschland, Frankreich, die Niederlande und Finnland. Deutschland investiert bis 2026 allein 3 Milliarden Euro in nationale Quantentechnologien – u. a. über das BMBF und DLR Quantum Computing Initiative. Unternehmen wie Infineon, BASF, Bosch, Zeiss sowie Start-ups wie IQM, HQS Quantum Simulations oder planqc arbeiten an spezifischen Lösungen für die Industrie.

Allerdings mangelt es in Europa bisher an maßgeblicher Skalierung: Während die Forschungsexzellenz hoch ist, fehlen oft Finanzierungsangebote und strategische Koordination für die Kommerzialisierung. Dennoch holt die EU auf – insbesondere durch Gründungsförderprogramme wie EIC Accelerator und transnationale Plattformen wie EuroHPC.

Weitere Player und Entwicklungen weltweit

Auch außerhalb der Triade USA–China–EU gibt es spannende Entwicklungen:

  • Kanada: Mit D-Wave, Xanadu und dem Perimeter Institute zählt das Land zu den Pionieren in supraleitenden Qubits und photonischen Ansätzen.
  • Australien: Die Gruppe um Michelle Simmons von der UNSW Sydney entwickelt Silizium-basiertes Quantencomputing mit hoher Skalierbarkeit.
  • Japan und Südkorea: Beide Länder investieren stark in Quantensensorik und Quantenkryptographie, verstärkt durch starke Halbleiterindustrien und staatliche Programme.

Laut dem Quantum Technology Monitor von BCG (2024) stammen fast 50 % der weltweiten Patente im Quantenbereich aus Asien – ein Indikator für die zunehmende Wettbewerbsfähigkeit der Region.

Potenziale und Anwendungsszenarien

Quantencomputing verspricht Lösungen für zuvor unlösbare Problemklassen. Zu den vielversprechendsten Anwendungen gehören:

  • Optimierung komplexer Systeme – z. B. Verkehrsflüsse, Lieferketten, Energieverteilung.
  • Material- und Wirkstoffsimulation – etwa zur Entwicklung neuer Medikamente oder Batterien.
  • Kryptographie der nächsten Generation – sogenannte Post-Quantum-Kryptographie, die sicheren digitalen Austausch auch bei mächtigen Quantenrechnern gewährleistet.

Der Markt reagiert bereits: IBM bietet über die Cloud Zugriff auf Quantenhardware, Amazon experimentiert mit Braket, und Unternehmen wie Volkswagen, Airbus oder Roche erproben industrielle Use Cases.

Marktherausforderungen und offene Fragen

So groß die Versprechen, so beträchtlich auch die Hürden. Die größten Herausforderungen liegen derzeit in:

  • Fehlerkorrektur und Dekohärenz: Aktuelle Qubits sind anfällig für Störungen, selbst große Maschinen wie IBMs Osprey (433 Qubits) sind stark begrenzt.
  • Skalierung der Hardware: Es fehlt bislang an Systemen mit tausenden voneinander kontrollierbaren, logischen Qubits.
  • Fachkräftemangel: Laut einer EU-Studie von 2023 fehlen europaweit über 10.000 Fachkräfte für Quantenphysik, Quantenalgorithmen und Quanteninformatik.

Auch ethische und sicherheitspolitische Fragen sind noch weitgehend ungeklärt. Wie kann ein globales „Quantenabkommen“ aussehen? Wer kontrolliert die Infrastruktur für Quantenkommunikation? Diese Fragen beschäftigen bereits heute Institutionen wie ENISA, ETSI oder die UN.

Praktische Handlungsempfehlungen für Unternehmen

Auch wenn Anwendungen heute noch begrenzt sind, sollten Unternehmen die technologische Entwicklung frühzeitig beobachten und gestalten:

  • Führen Sie Tech-Screenings durch, um mögliche Anwendungsfelder in Ihrer Branche zu identifizieren (z. B. Optimierung, Kryptografie, Simulation).
  • Nutzen Sie Cloud-basierte Quantenplattformen für erste Prototypen (etwa IBM Quantum, Amazon Braket, Microsoft Azure Quantum).
  • Kooperieren Sie mit Forschungseinrichtungen oder Start-ups, um Use Cases zu entwickeln und Fachkompetenz aufzubauen.

Wer früh Know-how aufbaut, hat später strategische Vorteile – sowohl technologisch als auch regulatorisch.

Fazit: Die Zukunft ist quantenlogisch – und geopolitisch

Der Wettlauf um Quantenüberlegenheit ist mehr als ein Technologiehype. Es geht um wirtschaftliche Souveränität, Datenhoheit und sicherheitspolitische Balance. Während Nationen wie die USA und China vorpreschen, ist es essenziell, dass die EU nicht technologisch abgehängt wird.

Für Unternehmer, Entwickler und politische Entscheider bietet sich jetzt die Gelegenheit, die Grundlagen für eine Zukunft mit Quantencomputern zu legen. Ob als Anwender, Entwickler oder Investor – gestalten Sie die Quantenwelt aktiv mit.

Welche Meinung haben Sie zur internationalen Quantenpolitik? Diskutieren Sie mit uns in den Kommentaren oder schicken Sie uns Ihre Einschätzung per E-Mail.

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