Künstliche Intelligenz

Gefälschte Spesenabrechnungen: Wenn Künstliche Intelligenz zur Herausforderung wird

In einem modernen, lichtdurchfluteten Büro sitzt eine konzentrierte Finanzexpertin entspannt am Schreibtisch, umgeben von Akten und einem Laptop, während warme Sonneneinstrahlung durch große Fenster fällt und so die komplexe Herausforderung von KI-gestütztem Spesenbetrug auf eine menschliche, vertrauensvolle Weise greifbar macht.

Deepfakes und generative KI haben in den letzten Jahren nicht nur Medieninhalte revolutioniert, sondern zunehmend auch Betrugsmethoden – insbesondere im Bereich der Spesenabrechnungen. Was früher als handschriftlich gefälschter Kassenbon begann, wird heute dank KI zur perfiden Betrugsmasche mit teils massivem wirtschaftlichem Schaden.

Die neue Welle: KI-generierter Ausgabenbetrug

Firmen weltweit sehen sich mit einem neuen und schwer nachvollziehbaren Betrugsphänomen konfrontiert: Mithilfe generativer KI-Tools wie DALL·E, Midjourney oder Adobe Firefly erstellen Täter täuschend echte Belege, Rechnungen oder sogar Kreditkartenabrechnungen. Kombiniert mit Sprachmodellen wie ChatGPT oder Claude AI werden glaubwürdige Reiserouten, Meeting-Protokolle oder Zweckbeschreibungen generiert, die eine systematische Spesenmanipulation deutlich schwerer erkennbar machen.

In einer Studie des Expense-Management-Anbieters Emburse aus dem Jahr 2024 gaben 21 % der befragten Unternehmen an, mindestens einen KI-gestützten Spesenbetrugsfall innerhalb der letzten 12 Monate entdeckt zu haben – Tendenz steigend (Quelle: Emburse Fraud Report 2024).

Aktuelle Fälle: Wenn die Realität sich fälschen lässt

Ein aufsehenerregender Fall erschütterte Anfang 2025 einen europäischen IT-Dienstleister mit rund 3.000 Beschäftigten. Ein Mitarbeiter hatte mit Hilfe eines Open-Source-AI-Image-Generators gefälschte Restaurantquittungen und Hotelrechnungen erzeugt. Die Belege zeigten real existierende Adressen, QR-Codes und Umsatzsteuer-IDs. Die Gesamtsumme betrug über 27.000 Euro – aufgedeckt wurde der Betrug erst durch eine manuelle Stichprobenprüfung während einer externen Revision.

Auch international mehren sich die Fälle. Laut einer Auswertung von PwC UK wurden 2024 rund 11 % der Spesenbetrugsfälle durch KI-unterstützte Methoden begangen, insbesondere in Branchen mit hohem Außendienstanteil wie Pharma, Consulting oder Vertrieb.

Technologien zur Betrugserkennung: Im Wettrüsten mit der KI

Der Einsatz von KI zur Betrugsbekämpfung ist nicht neu – doch nie war er so notwendig wie jetzt. Moderne Expense-Management-Systeme setzen auf maschinelles Lernen, um Muster zu erkennen, die von den Standardausgaben abweichen. Technologien wie Optical Character Recognition (OCR) in Kombination mit Natural Language Processing (NLP) analysieren Beleginhalte und vergleichen sie mit Echtzeitdatenbanken verifizierter Anbieter oder QR-Code-Metadaten.

Ein Beispiel ist SAP Concur Detect by AppZen, das über KI-Modelle bis zu 90 % der betrügerischen oder nicht konformen Spesenanträge automatisch markiert. Laut AppZen Report 2024 ließen sich so im Schnitt 3.150 USD pro 1.000 überprüfte Spesenanträge einsparen (Quelle: AppZen State of AI Expense Audit 2024).

Wirtschaftlicher Schaden: Unerkannte Betrügereien als Kostenfaktor

Der durchschnittliche Schaden durch Spesenbetrug liegt laut Association of Certified Fraud Examiners (ACFE) bei rund 31.000 US-Dollar pro Fall. KI-basierte Fälschungen erhöhen diesen Wert durch schwer erkennbare Authentizität deutlich. Hinzu kommen Zusatzkosten durch Prüfungen, Prozessoptimierungen und Imageverlust.

McKinsey schätzte bereits 2023 die Gesamtkosten durch betrügerische Ausgaben in Europa auf über 3,5 Milliarden Euro jährlich – eine Zahl, die durch den Einsatz generativer KI deutlich steigen dürfte, wenn keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Das macht präventive Maßnahmen für Unternehmen jeder Größe zur wirtschaftlichen Notwendigkeit.

Ethik und Verantwortung: KI als Werkzeug – oder Waffe?

Die ethische Dimension ist komplex: Wie viel Verantwortung trägt der Entwickler eines Tools, wenn dieses zur Erstellung betrügerischer Inhalte missbraucht wird? Große Anbieter generativer KI wie OpenAI, Google oder Stability AI verweigern die Erstellung von Rechnungen oder offiziellen Dokumenten inzwischen aktiv – durch sogenannte Content-Safety-Filter.

Doch Open-Source-Modelle ohne Zugriffsbeschränkung umgehen solche Regeln problemlos. Die Diskussion um „Responsible AI“ und verpflichtende Transparenz durch Wasserzeichen, Audit-Protokolle oder Traceability-Standards wird daher nicht nur technisch, sondern zunehmend auch regulatorisch geführt – etwa im Rahmen des EU AI Act, der 2026 anwendbar werden soll.

Unternehmen in der Pflicht: Proaktive Strategien gegen KI-Betrug

Weder technische Tools noch Policies allein reichen aus, um der neuen Betrugsrealität zu begegnen. Unternehmen müssen eine ganzheitliche Sicherheitsarchitektur etablieren, die Organisation, Technologie und Personalentwicklungsmaßnahmen gleichermaßen berücksichtigt.

  • Schulung und Awareness: Beschäftigte in Buchhaltung und Audit müssen gezielt im Erkennen KI-basierter Fälschungen geschult werden – z.B. durch realistische Beispiel-Cases und Simulationen.
  • Automatisierte Vorprüfung: Implementierung von KI-gestützten First-Level-Checks, die Metadaten analysieren, Unregelmäßigkeiten markieren und Verdachtsfälle isolieren.
  • Mehr-Augen-Prinzip: Besonders bei größeren Beträgen oder Ausgaben außerhalb des Normbereichs ist eine manuelle Mitprüfung durch eine zweite Instanz erforderlich.

Eine interne Policy allein wird der Dynamik dieser Bedrohung nicht gerecht. Der menschliche Faktor in Kombination mit intelligenter Automatisierung ist der effektivste Ansatz.

Blick nach vorn: KI erkennen, verstehen und nutzen

Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz zur Betrugsprävention muss der Nutzung durch Täter immer einen Schritt voraus sein. Das bedeutet permanent aktualisierte Systeme, gezielte Weiterbildungen und ein neues Rollenverständnis der Finanz- und Audit-Abteilungen.

Langfristig sollten Unternehmen auch auf Technologien wie manipulationssichere Blockchain-basierte Belegerstellung, digitale Identitätsnachweise oder KI-Signaturen setzen. Pilotprojekte in Skandinavien zeigen, dass solche Lösungen Spesenbetrug um bis zu 70 % senken können – und dabei das Vertrauen ins System steigern.

Gefälschte Spesenquittungen mögen alt sein – doch KI verleiht ihnen eine neue Dimension. Unternehmen sind jetzt gefordert, mit gleicher Intelligenz und strategischem Weitblick zu kontern. Welche Erfahrungen haben Sie mit KI-basierter Spesenkontrolle gemacht? Teilen Sie Ihre Perspektiven mit unserer Community!

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