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Rechenzentren für Jedermann: Einblicke in den ‚Tag der offenen Rechenzentren‘

Ein warm ausgeleuchteter, moderner Serverraum mit strahlend weißen Wänden und glänzenden Hightech-Racks, vor denen Besucher in lebhaftem Austausch stehen und neugierig die digital vernetzte Infrastruktur entdecken, während weiches Tageslicht durch große Fenster fällt und eine Atmosphäre von Offenheit, Transparenz und Zukunftsgeist schafft.

Rechenzentren zählen zu den unsichtbaren Rückgraten der digitalen Gesellschaft – dennoch wissen viele Menschen kaum, was hinter den meist unscheinbaren Gebäuden mit hoher Sicherheitsstufe steckt. Der ‚Tag der offenen Rechenzentren‘ öffnet diese Türen einmal im Jahr und bringt Transparenz in eine Branche, die sonst verschlossen bleibt.

Ein neuer Zugang zur digitalen Infrastruktur

Mit der fortschreitenden Digitalisierung steigen die Anforderungen an Verfügbarkeit, Datensicherheit und Infrastruktur exponentiell. Ob Streamingdienste, Cloud-Speicher oder Künstliche Intelligenz: Rechenzentren sind das Fundament. Der ‚Tag der offenen Rechenzentren‘, initiiert vom Branchenverband Bitkom in Zusammenarbeit mit dem eco-Verband der Internetwirtschaft, verfolgt das Ziel, diese kritischen Infrastrukturen der breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Erstmals fand das Event 2023 in mehreren Städten Deutschlands statt – unter anderem in Frankfurt am Main, Berlin, Hamburg, München und Karlsruhe. Ziel ist es, langfristig ein Bewusstsein für die ökologische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Bedeutung von Rechenzentren zu schaffen, aber auch Nachwuchskräfte für die Branche zu interessieren.

Besucher treffen auf Hochsicherheitszonen

Was Besucher vor Ort erwartet, ist beeindruckend. Führungen durch Hochsicherheitsbereiche, Erläuterungen zu Brandvermeidungssystemen, energieeffizienter Kühlung und Backup-Stromlösungen geben einen realen Eindruck dessen, was im Alltag hinter den digitalen Anwendungen steckt. Anbieter wie NTT Global Data Centers, Datacenter One und Telehouse öffneten ihre Türen und präsentierten modernste Technik unter anderem aus Bereichen wie Edge Computing, KI-Infrastruktur und Nachhaltigkeitsstrategien.

Viele Besucher zeigten sich überrascht, wie energieintensiv und gleichzeitig elaboriert die Energieeffizienzkonzepte heutiger Rechenzentren sind. „Ich wusste nicht, dass hier Abwärme zur Gebäudeheizung umliegender Wohnhäuser genutzt wird“, sagt etwa ein Gast im Frankfurter Rechenzentrum der Telehouse Europe GmbH.

Frankfurt, das Epizentrum der Rechenzentren

Aus gutem Grund war Frankfurt einer der prominentesten Standorte des Events: Mit mehr als 60 Rechenzentrumsstandorten bildet die Stadt das größte Datenknotenpunkt-Zentrum Deutschlands und beherbergt den weltgrößten Internetknoten DE-CIX. Laut einer Studie des Borderstep-Instituts aus 2024 machen die Rechenzentren im Rhein-Main-Gebiet allein rund 18 Prozent der deutschen Rechenzentrums-Flächenleistung aus.

Die Stadt sieht in der Teilnahme am ‚Tag der offenen Rechenzentren‘ auch eine Chance, um dem häufig kritischen öffentlichen Diskurs rund um Energieverbrauch und Flächenbedarf zu begegnen. Durch Reallabore vor Ort wird die komplexe Technik erlebbar – und die skeptische Öffentlichkeit nicht selten zu Fürsprechern der digitalen Infrastruktur.

Transparenz trifft auf Verantwortung

Ein zentraler Baustein der Veranstaltungen ist der Austausch über Nachhaltigkeit. Nach Angaben des Umweltbundesamts betrug der Energieverbrauch deutscher Rechenzentren im Jahr 2023 rund 17 Terawattstunden – das entspricht etwa 3,1 % des gesamten Stromverbrauchs in Deutschland.

Viele Betreiber setzen mittlerweile auf klimaneutrale Energieversorgung, Abwärmenutzung und neuartige Kühlkonzepte mit niedrigem PUE-Wert (Power Usage Effectiveness). Das Ziel: Bis 2030 sollen laut der EU-Initiative Climate Neutral Data Centre Pact alle neuen Rechenzentren europaweit klimaneutral betrieben werden.

Der ‚Tag der offenen Rechenzentren‘ bringt diese Strategien sichtbar in die Gesellschaft. Er zeigt, dass Innovation, Digitalisierung und Klimaschutz kein Widerspruch sind, sondern sich ergänzen können.

Digitale Bildung und Nachwuchsförderung

Ein weiteres zentrales Anliegen: die gezielte Nachwuchsförderung. Laut einer Bitkom-Studie von 2024 fehlen in Deutschland über 137.000 IT-Fachkräfte – ein Rekordwert. Die Rechenzentrumsbranche ist dabei besonders betroffen, da hier neben klassischen IT-Administratoren auch spezialisierte Elektro-, Klima- und Sicherheitstechniker genauso gebraucht werden wie Projektentwickler und Energieexperten.

Der ‚Tag der offenen Rechenzentren‘ wirkt hier als Türöffner. Viele Veranstalter integrieren in ihre Führungen gezielt Bildungskomponenten für interessierte Schulklassen, Azubis und Quereinsteiger. Nachwuchsgespräche, Praxisbeispiele und Lehrroboter machen digitale Bildung greifbar. In Hamburg organisierte der lokale Betreiber „Plutoneo DC“ einen Workshop für IT-affine Jugendliche, bei dem diese selbst virtuelle Racks konfigurieren und mit Cloud-Management-Tools experimentieren konnten.

Visitors‘ Voice: Was Besucherinnen und Besucher berichteten

Das Stimmungsbild unter den Teilnehmenden des Aktionstages fällt positiv aus. Viele sprechen von einem Aha-Effekt. „Ich wusste nicht, wie viel manuell gesichert werden muss – allein die Notstromkonzepte sind beeindruckend,“ berichtet eine Besucherin in Karlsruhe. Andere loben die Transparenz und die Möglichkeit, mit Fachleuten direkt ins Gespräch zu kommen.

Auch auf Social Media war der Hashtag #TagderoffenenRechenzentren phasenweise in den Tech-Trends. Zahlreiche Teilnehmer posteten Eindrücke der Events, Interviews mit Techniker:innen und Fotos aus Serverräumen. Das Event ist längst auch ein digitales Aushängeschild für die Branche geworden.

Best Practice aus München: Vernetzung mit Stadt und Wissenschaft

Ein Paradebeispiel guter Umsetzung ist München: Dort gestaltete das Unternehmen noris network gemeinsam mit der Stadtwerke-Tochter M-net und der TU München einen öffentlichen Besichtigungstag mit integrierten Vorträgen, Citizen Science-Projekten und einer Diskussionsrunde zu digitaler Souveränität. Die Verbindung von Wissenschaft, Stadt und Wirtschaft brachte dabei nicht nur Fachpublikum, sondern auch interessierte Bürgerinnen und Bürger zusammen.

Die Erkenntnis: Kommunikation auf Augenhöhe zwischen Öffentlichkeit und Infrastrukturbetreiber ist möglich – wenn Raum und Wille zur Information bestehen.

Praktische Empfehlungen für Betreiber und Kommunen

  • Frühzeitige Planung: Der Organisationsaufwand für den Tag ist nicht zu unterschätzen. Frühzeitige Abstimmung mit Sicherheitskräften, Technikteams und PR ist essenziell.
  • Transparente Kommunikation: Ein verständlicher Vermittlungsansatz für Nicht-Techniker schafft Vertrauen und erweitert die Reichweite.
  • Nachhaltigkeit greifbar machen: Zeigen Sie reale Beispiele für Abwärmenutzung, Strommix oder Retrofit-Initiativen – greifbare Geschichten überzeugen.

Ein Tag mit Wirkung

Der ‚Tag der offenen Rechenzentren‘ ist mehr als eine Öffentlichkeitsveranstaltung – er ist ein essenzieller Schritt zu mehr digitaler Souveränität in der Gesellschaft. Während in der öffentlichen Debatte häufig über Fläche, Stromverbrauch und Netzausbau diskutiert wird, schafft dieser Tag Einblick, Interesse und Dialog.

Für viele Besucher wurde möglich, was sonst verborgen bleibt: ein Blick in den Maschinenraum der Digitalisierung. Für die Branche wiederum ist es eine Chance, Kompetenz zu zeigen, Nachwuchs zu gewinnen und gesellschaftliche Verantwortung zu leben.

Wer die Digitalisierung mitgestalten will, muss sie verstehen – und genau das leistet der ‚Tag der offenen Rechenzentren‘ auf eindrucksvolle Weise. Machen Sie mit, informieren Sie sich über kommende Veranstaltungen und werden Sie Teil der digitalen Infrastrukturbewegung.

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