In Zeiten zunehmender Datenabhängigkeit werden Rechenzentren zum Rückgrat der digitalen Welt. Doch was passiert, wenn kritische Infrastrukturen ausfallen? Redundante Systeme sorgen dafür, dass der Betrieb auch bei Störungen stabil bleibt – und entwickeln sich stetig weiter.
Redundanz als Schlüssel zur Hochverfügbarkeit
Redundante Systeme stellen sicher, dass essenzielle Dienste auch bei Ausfall einzelner Komponenten weiterhin funktionieren. In Rechenzentren ist Redundanz daher eine Grundvoraussetzung für Hochverfügbarkeit – also die garantierte Verfügbarkeit von IT-Services über 99,9 % der Zeit. Damit verbunden sind enorme Anforderungen an Planung, Umsetzung und Betrieb, weshalb europäische Normen wie die EN 50600 klare Vorgaben machen.
Die EN 50600 definiert Anforderungen an Design, Betrieb und Wartung von Rechenzentren. Dabei unterscheidet sie verschiedene Redundanzniveaus (Availability Classes, AC), von AC 1 (einfacher Schutz) bis AC 4 (höchste Verfügbarkeitsstufen mit vollständig redundanter Infrastruktur in allen Bereichen).
Laut einem Bericht des Uptime Institute lag 2023 der Anteil von Rechenzentren mit mindestens N+1-Redundanz bereits bei über 75 % weltweit – und der Trend zur doppelten Ausfallsicherheit (2N oder N+N) steigt weiter, vor allem bei Banken, Behörden und Cloud-Providern.
Redundante Stromversorgung: N+1, 2N und Beyond
Ein zentraler Pfeiler der Redundanz ist die Energieversorgung. Stromausfälle zählen zu den häufigsten Ursachen für Ausfälle im Betrieb von Rechenzentren. Klassischerweise werden daher mehrere Netzersatzanlagen (NEA), USV-Systeme (unterbrechungsfreie Stromversorgung) und separate Einspeisepfade eingesetzt.
Übliche Redundanzkonzepte:
- N+1: Eine zusätzliche Komponente zu N benötigten Einheiten. Kann einen einzelnen Ausfall kompensieren.
- 2N: Komplette Duplizierung aller Komponenten. Hohe Kosten, aber maximale Ausfallsicherheit.
- N+N: Zwei vollständig unabhängige, jeweils für sich allein ausreichende Systeme.
Immer häufiger kommen jedoch intelligente digitale Stromverteilungskonzepte zum Einsatz. Moderne Power Distribution Units (PDUs) lassen sich per IP überwachen, schalten bei Bedarf automatisch um oder kommunizieren mit dem Gebäudemanagementsystem. Ergänzend werden inzwischen zunehmend Lithium-Ionen-basierte USV-Systeme verbaut, die einen kleineren Footprint im Verhältnis zur Leistungsdichte bieten und schneller reagieren als klassische VRLA-Batterien.
Ein Projektbeispiel ist das Rechenzentrum von Interxion in Frankfurt (Campus FRA15), das seit 2024 mit einem 2N-Energieversorgungssystem arbeitet, das durch ein softwarebasiertes Stromverteilungsmanagement dynamisch auf Lastspitzen reagiert – bei gleichzeitiger Senkung des Energieverbrauchs um rund 10 % im Vergleich zur vorherigen Lösung.
Kritischer Faktor Kühlung: Redundanz gegen thermische Risiken
Übermäßige Hitzeentwicklung gefährdet nicht nur die Leistung, sondern verkürzt auch die Lebensdauer von Hardware-Komponenten erheblich. Daher ist auch bei Kühlkonzepten Redundanz maßgeblich. Gemäß EN 50600 sind für AC 3 und AC 4 parallele Kühlsysteme Pflicht, die bei Ausfall einzelner Stränge den vollständigen Betrieb übernehmen können.
Redundante Kühlung umfasst dabei sowohl Kaltwassersätze, Pumpen, Rückkühlwerke als auch die Verteilung über Kalt-/Warmgangeinhausungen. Hybride Kühlsysteme, die mit freier Kühlung, adiabatischer Kühlung und mechanischer Rückkühlung kombiniert arbeiten, ermöglichen zudem eine Energieeffizienzsteigerung trotz Redundanzaufwand.
Ein aktueller Trend sind AI-gesteuerte Kühlsysteme, die Durchsatz, Energieverbrauch und Wärmelast in Echtzeit analysieren und gezielt auf variable Bedingungen reagieren. Google konnte durch den Einsatz von DeepMind-gestützter Kühlungsoptimierung den Energieverbrauch der Klimaanlagen in seinen Rechenzentren um bis zu 40 % senken (Quelle: Google Sustainability Report 2023).
Alternative Ansätze: Georedundanz, Microgrids und Software-defined Infrastructure
Neben der klassischen Hardware-Redundanz etablieren sich zunehmend software- und netzwerkbasierte Methoden zur Erhöhung der Resilienz von IT-Infrastrukturen:
- Georedundanz: Die Verteilung identischer Systeme auf mehrere geographisch getrennte Standorte sichert Daten gegen komplette Standortausfälle ab. Cloud-Dienste nutzen diese Methodik standardmäßig (z. B. AWS Availability Zones).
- Microgrid-Technologie: Durch die Kombination lokaler Energieproduktion (z. B. PV-Anlagen) mit Batteriespeicherung können Rechenzentren sich im Störfall kurzzeitig autark versorgen. Dies stärkt die Resilienz gegenüber Netzstörungen und ist ein zentraler Baustein nachhaltiger Rechenzentrumsarchitekturen.
- Software-defined Infrastructure (SDI): Redundanzlogik wird zunehmend virtualisiert: Cluster-Management, automatische Failover-Systeme und containerisierte Anwendungen (z. B. mit Kubernetes) erlauben flexible Hochverfügbarkeitsarchitekturen ohne physikalische Duplizierung aller Komponenten.
Dabei verschiebt sich das klassische Verständnis von Redundanz – von der reinen Duplizierung der Hardware hin zur intelligenten Steuerung von Verfügbarkeitslogiken in einer dynamischen, softwaredefinierten Umgebung.
Drei praxisnahe Handlungsempfehlungen zur Optimierung der Verfügbarkeitsarchitektur
- Regelmäßige Schwachstellenanalyse durchführen: Mindestens einmal jährlich sollten Redundanzstrategien auf neue technologische Entwicklungen und betriebliche Anforderungen geprüft werden – inklusive Lasttests und Wartungsprotokollen.
- Monitoring und Automatisierung ausbauen: Netzwerkanalyse, Stromverteilungsüberwachung und Predictive Maintenance können Ausfälle frühzeitig erkennen und so gezielt verhindern.
- Hybridstrategien kombinieren: Die gleichzeitige Nutzung von physikalischer Redundanz, Georedundanz und SDI-Tools wie HA-cluster oder Kubernetes sorgt für maximale Resilienz bei höherer Kosteneffizienz.
Fazit: Zukunft der Redundanz ist intelligent, skalierbar und nachhaltig
Redundanz bleibt ein unverzichtbarer Garant für hochverfügbare Rechenzentren – doch die Konzepte dahinter entwickeln sich rasant weiter. Durch die Integration von AI-gestützten Managementsystemen, softwaredefinierter Infrastruktur und alternativer Energieversorgung lassen sich nicht nur Risiken minimieren, sondern auch ökologische und wirtschaftliche Potenziale ausschöpfen.
Welchen Weg Unternehmen wählen, hängt stark von Branche, Risikoprofil und Innovationsgeist ab – doch wer es versäumt, seine Redundanzstrategie regelmäßig zu evaluieren, riskiert im Ernstfall mehr als nur Ausfälle: Datenverlust, Image-Schäden und finanzielle Einbußen sind die Folge.
Wie gestaltet ihr in eurem Unternehmen die Redundanz? Setzt ihr auf klassische oder bereits auf hybride Strategien? Diskutiert mit uns in den Kommentaren oder tauscht euch über Best Practices auf unserem Tech & Infra Forum aus!




