Nach Jahrzehnten der Dominanz klassischer Bildformate wie JPEG und PNG kündigt sich mit JPEG XL ein würdiger Nachfolger an. Das neue Format will nicht nur effizienter sein, sondern auch moderne Webstandards besser bedienen. Doch wie viel Technologie steckt wirklich hinter JPEG XL – und wo liegen seine praktischen Vorteile für Entwickler?
Ein neuer Standard mit ehrgeizigen Zielen
JPEG XL wurde von der Joint Photographic Experts Group entwickelt, um den mittlerweile über 30 Jahre alten JPEG-Standard abzulösen. Es will sowohl klassische als auch moderne Anforderungen der Bildkompression erfüllen – mit dem Ziel, ein universeller Nachfolger für Formate wie JPEG, PNG, WebP oder GIF zu werden.
Die offizielle Spezifikation wurde im ISO/IEC-kompatiblen Format im Jahr 2021 eingeführt (ISO/IEC 18181). Das Format ist dabei vollständig rückwärtskompatibel mit klassischen JPEG-Bilddateien und bietet native Features wie Animationen, verlustfreie Kompression, progressive Darstellung sowie eingebettete HDR- und Farbprofilinformationen.
Technische Grundlagen: Was macht JPEG XL aus?
JPEG XL kombiniert mehrere moderne Kompressionsansätze. Die wichtigsten technischen Basiselemente sind:
- VarDCT: Ein variabler diskreter Kosinustransform-Ansatz, der ähnlich dem klassischen JPEG arbeitet, aber adaptivere Quantisierung erlaubt.
- Modulare Kodierung: Ermöglicht verlustfreie Komprimierung, indem Bilddaten in vorhersehbare Blöcke zerlegt werden.
- Adaptive Entropiekodierung: Mittels ANS-Codierung (Asymmetric Numeral Systems) werden Redundanzen effizienter reduziert.
- Fortschrittliche Farbmanagement-Funktionalität: Inklusive ICC-Profile, Gamut Mapping und HDR/signalfähiger Farbkanäle.
Mit dieser hybriden Architektur kann JPEG XL sowohl klassische verlustbehaftete als auch vollständig verlustfreie Kompression in einem einheitlichen Format vereinen – ohne Medienkonvertierung. Das spart Speicher, CPU-Last und vermeidet verlustbehaftete Rekonversionen in Workflows.
Qualitäts- und Performancevorteile im direkten Vergleich
In Testszenarien überzeugt JPEG XL mit exzellenter Komprimierungseffizienz. Eine Untersuchung des Cloud-Dienstleisters Cloudinary aus dem Jahr 2023 zeigte, dass JPEG XL in über 85 % der getesteten Fälle bessere visuelle Qualität bei gleicher Dateigröße liefert als WebP oder AVIF (Quelle: Cloudinary Image Formats Benchmark 2023). Weitere Studien, etwa von Google Research und der Universität Zürich, belegen bei JPEG XL im Schnitt:
- Etwa 30–40 % kleinere Dateigrößen gegenüber vergleichbaren JPEGs.
- Bis zu 70 % weniger sichtbare Artefakte bei hohen Kompressionsraten.
- Native Unterstützung für HDR- und 10/12-Bit-Inhalte bei minimalem Overhead.
Vor allem in webbasierten Anwendungen – etwa E-Commerce-Galerien, Newsportale oder Portfolios – verringert JPEG XL Seitenladezeiten und den Bandbreitenverbrauch signifikant, ohne auf visuelle Brillanz zu verzichten.
Browsersupport und Integration in Workflows
Trotz der technischen Vorteile bleibt der Durchbruch bisher verhalten. Im April 2024 strich Google den Support für JPEG XL aus Chrome (nach einer kurzen Testphase), was in der Entwicklercommunity auf Unverständnis stieß. Firefox unterstützt JPEG XL experimentell hinter einer Einstellung (image.jxl.enabled), Safari auf macOS hingegen seit Version 17.0 vollständig.
Hoffnung macht die zunehmende Integration in Bildverarbeitungsplattformen und CDNs. So unterstützt z.B. ImageMagick (ab v7.1.0-4), libvips, FFmpeg und GIMP JPEG XL nativ. Auch Dienste wie Cloudflare Images und Netlify Edge Functions erlauben serverseitige Umwandlungen – wenn der Browser es akzeptiert.
Für Entwickler ergibt sich daraus eine klare Strategie: JPEG XL kann heute bereits effizient in progressive Enhancement-Strategien eingebunden werden.
Best Practices für Entwickler und Webprojekte
Um JPEG XL effektiv und browserkompatibel einzusetzen, empfehlen sich folgende Herangehensweisen:
- Content-Negotiation am Server: Der Webserver liefert JPEG XL nur aus, wenn der Accept-Header des Browsers image/jxl enthält.
- Fallback-Strategien im <picture>-Element: JPEG XL zuerst anbieten, danach WebP oder klassisches JPEG als Fallback.
- Edge-Processing nutzen: Dynamische Konvertierung z.B. via Netlify, Cloudflare oder Akamai umsetzen – images/jxl nur bei unterstützenden User Agents.
Diese Maßnahmen ermöglichen eine Qualitätssteigerung und reduzieren gleichzeitig Ladezeiten und Backend-Last signifikant.
Praxisbeispiele: JPEG XL im Einsatz
Im deutschen E-Commerce testet die Otto Group JPEG XL derzeit in einer Beta ihrer High-Res-Galerien: Dabei konnte die Ladezeit der Produktbilder um durchschnittlich 29 % reduziert werden, ohne wahrnehmbaren Qualitätsverlust – bei High-DPI-Displays wurde dies sogar positiv durch Nutzerfeedback bestätigt.
Auch das Open-Access-Projekt Europeana (europeana.eu) setzte in einer Pilotphase für historische Archivbilder JPEG XL ein. Ergebnis: 40 % geringere Ladezeiten und über 50 % Einsparung im Trafficverbrauch bei gleichwertiger Detailtiefe für hochauflösende Textildigitalisate.
CDN-Anbieter wie Bunny.net oder GiantCDN integrieren JPEG XL mittlerweile experimentell in ihre Echtzeit-Optimierungsmechanismen – ein weiteres Indiz für die wachsende Marktreife.
Statistiken und Marktentwicklung
Laut einer Umfrage von Smashing Magazine unter 1.200 Webentwicklern im Dezember 2024 kennen zwar 64 % JPEG XL, aber nur 17 % setzen es aktiv ein. Die größten Hürden: fehlender Chrome-Support (92 %) und Unsicherheiten bei der Integration in bestehende Pipelines (58 %).
Eine Auswertung von W3Techs (Juli 2025) zeigt, dass JPEG XL derzeit auf unter 0,4 % aller analysierten Webseiten produktiv eingesetzt wird – Tendenz jedoch steigend, insbesondere im Bereich High-Traffic-Sites in Europa und Südkorea.
Fazit: Format mit Potenzial – aber auch Hürden
JPEG XL ist technisch gesehen eines der vielversprechendsten Bildformate der letzten Jahre. Die Kombination aus verlustfreier Kompression, HDR-Fähigkeit, Animation und rückwärtskompatibler Effizienz liefert alles, was moderne Webprojekte brauchen. In der Praxis hängt die flächendeckende Adaption jedoch maßgeblich von großflächiger Browserunterstützung ab.
Entwickler und Plattformbetreiber sind gut beraten, JPEG XL heute bereits optional zu integrieren – zum Beispiel in statisch generierten Seiten oder durch serverseitiges Feature-Detection. Damit positionieren sie sich zukunftssicher und optimieren bereits mittelfristig UX und Ladeverhalten.
Was denkt ihr? Nutzt ihr JPEG XL bereits produktiv oder haltet ihr andere Formate für praktikabler? Diskutiert mit uns in den Kommentaren und teilt eure Erfahrungen mit dem neuen Bildstandard!




