Künstliche Intelligenz

Agentic AI Foundation: Ein neuer Schritt in der KI-Kollaboration

Ein hell erleuchteter, moderner Konferenzraum mit einem Team vielfältiger Entwickler:innen und Führungskräften, die konzentriert und offen an Laptops und digitalen Whiteboards zusammenarbeiten, um innovative KI-Agenten zu gestalten, eingefangen in warmem Tageslicht und mit natürlicher, freundlicher Atmosphäre, die Inspiration und zukunftsweisende Zusammenarbeit ausstrahlt.

Die globale KI-Landschaft verändert sich rapide – nicht nur technologisch, sondern zunehmend auch strukturell und regulatorisch. Mit der Gründung der Agentic AI Foundation durch die Linux Foundation entsteht nun eine neuartige Plattform für offene, verantwortungsbewusste und kollaborative Entwicklung von Agenten-basierten KI-Systemen. Was bedeutet dieser Schritt für die Branche – und wie ordnen sich Unternehmen wie Anthropic, Block oder OpenAI in die neue Struktur ein?

Einordnung: Was ist die Agentic AI Foundation?

Im Oktober 2024 gab die gemeinnützige Linux Foundation offiziell die Gründung der Agentic AI Foundation (AAF) bekannt. Ziel dieser neuen Organisation ist es, offene Standards, interoperable Tools und gemeinsame Infrastrukturen für sogenannte „agentenbasierte Künstliche Intelligenz“ zu entwickeln – also KI-Systeme, die eigenständig Aufgaben ausführen, Entscheidungen treffen und proaktiv mit anderen Agenten, Menschen oder Umgebungen interagieren können.

Im Kern adressiert die AAF ein wachsendes Bedürfnis in der KI-Welt: Die Koordination von komplexen, oft proprietären und schwer integrierbaren KI-Agenten. Mitgründer sind prominente Vertreter der Tech-Industrie – darunter Anthropic, Block (vormals Square), die OpenAI Alumni Group, Hugging Face sowie Forschungsgruppen von Universitäten wie Stanford und dem MIT.

Hintergrund: Warum entstehen agentenbasierte KI-Initiativen?

In den letzten zwei Jahren rückten agentische Systeme zunehmend ins Zentrum des Interesses. Im Gegensatz zu klassischen Large Language Models (LLMs), die auf Anfrage reagieren, sind KI-Agenten in der Lage, autonome Operationen durchzuführen. Dies macht sie für Anwendungen wie digitale Assistenten, automatisierte Recherche, Simulationen und Datenanalyse besonders attraktiv.

Eine Studie von McKinsey schätzte im Jahr 2024, dass KI-Agenten im Unternehmenskontext künftig Produktivitätssteigerungen von bis zu 30 Prozent ermöglichen könnten – insbesondere im Wissensmanagement, Customer Support und der Softwareentwicklung (Quelle: McKinsey Technology Trends Outlook 2024).

Allerdings entsteht durch die zunehmende Verbreitung agentischer KI auch ein Bedarf nach verbindlichen Standards. Fehlende Kompatibilität, unterschiedliche Sicherheitsmechanismen und proprietäre Agenten-Frameworks erschweren bisher eine skalierbare, sektorübergreifende Umsetzung.

Offene Standards: Der Schlüssel zur Agenten-Zukunft?

Genau hier setzt die Agentic AI Foundation an. Sie will gemeinsam mit ihren Partnern eine modulare Architektur für KI-Agenten etablieren, die Interoperabilität, Sicherheit und Nachhaltigkeit gleichermaßen in den Vordergrund stellt. Geplant sind unter anderem:

  • Ein Open-Source-Agenten-Framework für die Erstellung und Orchestrierung von KI-Agenten
  • Standardisierte Schnittstellen für Kommunikation zwischen Agenten
  • Richtlinien für ethische und sichere Agenten-Entwicklung
  • Ein öffentliches Repository für wiederverwendbare Agenten-Komponenten

Zielgruppe sind Entwickler:innen, Unternehmen und Forschungseinrichtungen, die eigene agentenbasierte Anwendungen entwickeln oder bestehende Lösungen miteinander vernetzen möchten.

In einem Interview mit TechCrunch betonte Linux-Foundation-Executive Mike Dolan: „Wir brauchen eine neue Infrastruktur, die Kooperation und Verantwortung in der KI-Welt abbildet – vergleichbar mit dem, was Linux für Betriebssysteme getan hat.“

Mitgliedschaft und Partnerstruktur: Wer spielt welche Rolle?

Die Gründungsmitglieder der AAF bringen unterschiedliche Perspektiven ein:

  • Anthropic – Das von ehemaligen OpenAI-Forschenden gegründete KI-Unternehmen stellt seine Expertise im Bereich „Constitutional AI“ zur Verfügung, mit Fokus auf interpretierbare, sichere Agenten.
  • Block – Das Fintech-Unternehmen rund um Ex-Twitter-Chef Jack Dorsey testet agentische Systeme für dezentralisierte Identität, Finanzen und Commerce-Integration.
  • OpenAI Alumni Group – Ehemalige Entwickler:innen und Strateg:innen aus dem OpenAI-Umfeld arbeiten an offen lizenzierten Alternativen zu GPT-basierten Agentenarchitekturen.
  • Hugging Face – Bringt die Erfahrung im Open-Source-Ökosystem mit und entwickelt gemeinsam mit Partnern ein „Agent Store“ für veröffentlichte Agenten.

Weitere Unterstützer sind Amazon Web Services, Stability AI, LangChain, Together.ai sowie diverse akademische Partner. Diese breite Aufstellung soll verhindern, dass sich einzelne Interessen durchsetzen – ein Kritikpunkt, der OpenAI, Meta und anderen früheren Initiativen häufig entgegengehalten wurde.

Praktische Einsatzszenarien: Wo Agentic AI heute schon Wirkung zeigt

Bereits jetzt experimentieren mehrere Unternehmen mit AAF-Prototypen. Laut einer Erhebung von Gartner aus dem dritten Quartal 2025 setzen 17 Prozent der Fortune-500-Unternehmen pilothaft auf agentenbasierte KI-Lösungen, etwa für:

  • Automatisierte Vertragsprüfung in Rechtsabteilungen
  • Supply-Chain-Optimierung durch autonome Software-Agenten
  • Individuelle Kundeninteraktionen im E-Commerce mit Multi-Agenten-Systemen

Ein Beispiel: Der französische Automobilkonzern Renault nutzt ein Netzwerk von über 30 KI-Agenten zur Koordination von Lieferketten, Materialverfügbarkeit und Lieferungen im Werk Douai. Die Agenten kommunizieren über standardisierte APIs und können bei Bedarf menschliche Operatoren hinzuziehen.

Risiken und Herausforderungen agentenbasierter KI

Trotz der Fortschritte warnen Experten vor neuen Risiken. Besonders relevant sind dabei Fragen nach Kontrolle, Verantwortung und Regulierbarkeit. Denn autonome Agenten können unter Umständen eigene Subziele verfolgen, Daten falsch interpretieren oder in unerwünschte Richtungen eskalieren.

Deshalb integriert die Agentic AI Foundation bereits in der Entwicklungsphase ethische Guidelines und sogenannte „Alignment Policies“. Diese sollen sicherstellen, dass Agenten ihrem Einsatzkontext angemessen handeln und sich in klar abgegrenzten Verantwortungsstrukturen bewegen.

Ein weiteres Anliegen ist die Transparenz: Wie werden Entscheidungen getroffen? Auf welchen Daten basieren Agenten-Aktionen? Hier sollen auditierbare Logging-Mechanismen, „Explainability“-Standards und open-source Reviews Sicherheit schaffen.

Empfehlungen für Unternehmen und Entwickler

  • Beginnen Sie frühzeitig mit der Integration offener Agentenstandards in Ihre bestehenden KI-Workflows, um spätere Umstellungsaufwände zu minimieren.
  • Nutzen Sie die Open-Source-Tools und Frameworks der Agentic AI Foundation, um eigene Pilotprojekte aufzusetzen und Erfahrungen mit Multi-Agent-Systemen zu sammeln.
  • Investieren Sie in Governance-Strategien für agentische Systeme, um Ethik, Kontrolle und Verantwortlichkeiten im Einsatz zu gewährleisten.

Regulierung, Wettbewerb und strategische Relevanz

Die Gründung der AAF fällt nicht zufällig in eine Zeit wachsender regulatorischer Bewegungen in Europa, den USA und Asien. Die EU verfolgt mit dem AI Act ein detailliertes Regelwerk, das auch agentische Systeme erfasst. Offene, standardisierte Plattformen wie die Agentic AI Foundation könnten es Unternehmen erheblich erleichtern, diesen Anforderungen gerecht zu werden.

Zudem entsteht mit der AAF ein Gegengewicht zur zunehmenden Zentralisierung durch große Modelle weniger Anbieter. Während Konzerne wie Google (Gemini), Meta (LLaMA) oder OpenAI (GPT) proprietäre Lösungen pushen, schafft die Foundation einen offenen Rahmen für kreative, dezentrale Innovation.

Fazit: Ein Pfad zu demokratisierbarer Künstlicher Intelligenz

Die Agentic AI Foundation ist mehr als ein technisches Konsortium – sie markiert eine neue Etappe in der sozialen, ethischen und wirtschaftlichen Evolution der KI. Durch offene Standards, transparente Beteiligungsmodelle und eine vielfältige Mitgliederbasis schafft sie Rahmenbedingungen, die der Branche langfristig Stabilität und Innovation ermöglichen könnten.

In einer Welt, in der Künstliche Intelligenz zunehmend eigenständig handelt, ist gemeinsame Verantwortung unerlässlich. Die AAF könnte als Vermittlerin zwischen Technologie, Ethik und Praxis eine Schlüsselrolle einnehmen – nicht nur für Entwickler:innen, sondern für Unternehmen und Gesellschaft insgesamt.

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