Seit Jahren elektrisiert die Raumfahrtfirma SpaceX unter Elon Musk nicht nur Technikfans, sondern zunehmend auch Investoren. Nun verdichten sich die Anzeichen für einen der spektakulärsten Börsengänge der Tech-Geschichte. Was bedeutet das für Anleger – und wie realistisch ist die angepeilte Bewertung von 800 Milliarden Dollar?
SpaceX auf dem Weg zur Börse: Was bisher bekannt ist
Schon länger kursieren Gerüchte über einen möglichen Börsengang von SpaceX. Im ersten Halbjahr 2025 bestätigten mit der Angelegenheit vertraute Quellen gegenüber Bloomberg und dem Wall Street Journal konkrete Vorbereitungen für ein IPO des Satelliten-Internetanbieters Starlink, einer SpaceX-Tochter. Laut Business Insider vom August 2025 plant SpaceX, den Börsengang möglicherweise im zweiten Quartal 2026 umzusetzen – zunächst über ein Spin-off von Starlink, später könnte das Kerngeschäft folgen.
Elon Musk selbst sagte im März 2025 bei einer X- (ehemals Twitter-) Konferenz, dass SpaceX grundsätzlich „reif für die Börse“ sei, jedoch erst dann öffentlich werde, wenn „konstante Gewinne“ in Teilbereichen erzielbar seien. Mit der zunehmenden kommerziellen Reife von Starlink und progressiven Aufträgen der NASA scheint dieser Punkt nun erreicht.
800 Milliarden Dollar Bewertung: Vision oder Übertreibung?
SpaceX wurde im Mai 2023 in einer internen Finanzierungsrunde mit 137 Milliarden US-Dollar bewertet (Quelle: Bloomberg). Finanzanalysten wie Cathie Wood (ARK Invest) trauen dem Unternehmen jedoch eine Bewertung von bis zu 800 Milliarden Dollar zu, sollte Starlink weltweit wirtschaftlich skalieren, Raketen wiederverwendbarer werden und neue Einnahmequellen durch Mond- oder Marsmissionen entstehen.
Diese Einschätzung fußt nicht nur auf Zukunftsfantasien. Starlink bietet aktuell in 70 Ländern Internet via Satellit an, mit über 2,7 Millionen aktiven Nutzern weltweit (Quelle: SpaceX, Stand November 2025). Die angestrebten Einnahmen aus Starlink könnten laut Morgan Stanley bis 2030 jährlich über 50 Milliarden US-Dollar erreichen – bei stabilen Bruttomargen von 60 Prozent.
Allerdings stellt sich die Frage: Ist das Wachstum nachhaltig skalierbar? Wettbewerber wie Amazon (Project Kuiper) oder das britische Unternehmen OneWeb arbeiten an vergleichbaren Netzwerken. Zudem sind die regulatorischen Hürden hoch – insbesondere in autoritären Staaten oder Schwellenländern mit abschottenden Telekommarktstrukturen.
Elon Musk: Visionär, Risikofaktor oder beides?
Elon Musk ist das Gesicht hinter SpaceX – und für viele sowohl das größte Asset als auch ein erheblicher Unsicherheitsfaktor. Seine unternehmerische Erfolgsbilanz, von PayPal über Tesla bis SpaceX, ist beeindruckend. Doch seine volatile Art, öffentliche Kommunikationsweise und Konzentration auf viele Projekte (inkl. Tesla, Neuralink, X) werfen Fragen auf, wie nachhaltig seine Führungsstruktur funktioniert.
Eine 2024 durchgeführte Untersuchung der MIT Sloan School ergab, dass Unternehmen mit CEO-getriebener Markenidentität überdurchschnittlich stark auf die Reputation der Einzelperson einzahlen – was im Umkehrschluss das Unternehmensrisiko bei Reputationsproblemen erhöht. Für Anleger müsste ein IPO daher auch Musks Rolle und Einfluss kritisch mit bewerten.
Wie verdient SpaceX Geld – und wohin könnte sich das Geschäftsmodell entwickeln?
SpaceX operiert momentan auf vier primären Einnahmequellen:
- Frachtdienste ins All: Wiederverwendbare Raketen wie die Falcon 9 senken die Startkosten massiv und sichern Milliardenverträge mit NASA, ESA und kommerziellen Kunden.
- Crewhmissionen: Mit Dragon-Kapseln transportiert SpaceX Astronauten zur ISS – ein wachsendes Segment durch internationale Partnerschaften.
- Starlink: Der Ausbau des zivilen Satelliteninternets ist laut GfK-Prognosen einer der wachstumsstärksten Bereiche mit Schätzungen von 141 Milliarden USD Umsatzpotenzial bis 2035.
- Entwicklung von Raumfahrttechnologie: SpaceX entwickelt Raptor-Triebwerke, Starship und planetare Logistiksysteme – technologiegetriebene Assets mit langfristigem wirtschaftlichen Potenzial.
Langfristig sind auch Einnahmen aus Weltraumtourismus, Mondmissionen oder dem Mars-Projekt denkbar – bislang jedoch weitgehend visionär. Emerging Markets wie Indien oder Afrika könnten durch Starlink jedoch kurzfristig signifikante Ertragsimpulse bringen.
Risiken für Anleger: Hype oder Substanz?
Der exorbitante Investmenthype um Raumfahrttechnologien birgt substanzielle Risiken. Kapitalintensität, technologische Unsicherheiten, geopolitische Faktoren und regulatorische Barrieren machen diese Branche volatiler als viele etablierte Techsegmente.
Ein Beispiel: Die Entwicklung der Starship-Rakete verschlingt bislang über 10 Milliarden Dollar F&E-Aufwand, ohne kommerzielle Anwendungserlöse. Auch die Margen in staatlich regulatorischen Märkten wie China oder der EU sind schwer kalkulierbar und erschweren Rollouts.
Laut PwC ergaben sich 2024 allein in Europa 178 Neugründungen im Bereich SpaceTech – die Investitionen stiegen im Raumfahrtsegment auf über 20 Milliarden US-Dollar weltweit. Der Wettbewerb erhöht den Konsolidierungsdruck, insbesondere auf mittlere Anbieter. SpaceX hat Skalenvorteile – jedoch keine Garantie auf Monopole.
Handlungsempfehlungen für interessierte Anleger
- Langfristig und risikobewusst investieren: Angesichts der Volatilität dieses Sektors sollten nur risikoaffine Anleger mit langfristigem Horizont Kapital einsetzen – bevorzugt über breit aufgestellte Fonds oder ETFs.
- Mischform über Starlink-Aktie prüfen: Sollte Starlink als erstes börsennotiertes Segment auftauchen, böte sich hier ein fokussierter Einstieg ohne volles Exposure zum Raumfahrtgeschäft an.
- Auf finanzielle Fundamentaldaten achten: Anleger sollten IPO-Dokumente, Umsatz-Margen und Verschuldungsstruktur genau prüfen. Eine Bewertung von 800 Mrd. US-Dollar benötigt eine klare Wachstumsstory inklusive belastbarer KPIs.
SpaceX im Kontext des globalen Raumfahrtmarkts
Der weltweite Raumfahrtmarkt wächst stabil. Laut Euroconsult Research soll der gesamte Markt bis 2032 auf über 737 Milliarden US-Dollar anwachsen – getrieben von privaten Satellitendiensten, Earth Observation und Transporten (Quelle: Euroconsult, 2024). Auch große Techfirmen wie Amazon, Apple und Meta investieren zunehmend in Orbit-Infrastruktur.
Im weltweiten Kontext nimmt SpaceX bereits eine dominante Rolle ein: 76 Prozent aller privaten Raketenstarts 2024 wurden von SpaceX durchgeführt (Quelle: BryceTech, Q4 2024 Space Launch Report). Das Unternehmen verfügt mittlerweile über die weltweit größte operative Satellitenflotte.
Diese Position könnte im Falle eines erfolgreichen Börsengangs weiter zementiert werden – auch durch Folgeinvestitionen, strategische Joint Ventures und regulatorische Marktvorteile in den USA.
Fazit: Zwischen Innovationsturbo und Investitionsdilemma
Ein möglicher Börsengang von SpaceX – sei es direkt oder über die Starlink-Tochter – wäre nicht nur ein Meilenstein für private Raumfahrt, sondern auch für den globalen Kapitalmarkt. Anleger positionieren sich an der Schnittstelle zwischen visionärer Hochtechnologie und unternehmerischer Hochrisikostrategie.
Die Bewertung von 800 Milliarden US-Dollar ist ambitioniert, aber unter den richtigen Bedingungen denkbar. Entscheidend wird sein, ob SpaceX seine Marktführerschaft behauptet, wirtschaftlich profitabel skaliert und regulatorisch global expandieren kann.
Für Investoren bietet sich die seltene Gelegenheit, an einem der ambitioniertesten Technologieprojekte der Gegenwart teilzuhaben – unter der Voraussetzung kluger Analyse, realistischer Erwartung und klarer Portfoliostrategie.
Diskutieren Sie mit: Was halten Sie vom möglichen SpaceX-IPO? Welche Chancen sehen Sie für den Technologiesektor – und welche Risiken für Investoren?




