Das Weihnachtsgeschäft ist für viele Unternehmen der umsatzstärkste Zeitraum des Jahres – doch es ist auch Hochsaison für Cyberkriminelle. Während Konsumenten nach Angeboten suchen und Online-Shops ihre Systeme auf maximale Verfügbarkeit auslegen, nutzen Angreifer genau diese Phase für gezielte Attacken. Die Zahl der Cyberangriffe schnellt jedes Jahr zur Adventszeit drastisch in die Höhe – mit fatalen Folgen für Wirtschaft und Verbraucher.
Cyberbedrohungen im Dezember: Warum die Zahlen explodieren
Studien zeigen seit Jahren einen deutlichen Anstieg von Cyberkriminalität – insbesondere rund um die Feiertage. Laut einer aktuellen Auswertung von Check Point Research stieg das weltweite Volumen von Phishing-E-Mails in der Vorweihnachtszeit 2024 um etwa 80 % im Vergleich zu den Monaten davor. Auch die Zahl gezielter Ransomware-Angriffe gegen Einzelhändler nahm laut einer Analyse von Sophos um 53 % im vierten Quartal 2024 zu.
Die Gründe dafür sind vielschichtig: Einerseits steigt das Transaktionsvolumen im E-Commerce rasant – allein in Deutschland wurden 2024 laut Handelsverband HDE im Onlinehandel im vierten Quartal über 27 Milliarden Euro umgesetzt. Andererseits sind viele IT-Abteilungen rund um Weihnachten unterbesetzt, was die Reaktionszeit auf Vorfälle verlängert. Hinzu kommen Kunden, die in hektischer Shopping-Laune sorglos mit ihren Daten umgehen – ein ideales Angriffsszenario für Hacker.
Taktiken der Angreifer: Phishing, Fake-Shops und Supply-Chain-Angriffe
Cyberkriminelle bedienen sich vor allem drei bewährter Betrugsmethoden während des Weihnachtsgeschäfts: Phishing, gefälschte Online-Shops und Angriffe auf Lieferketten (Supply Chain Attacks).
Phishing-Kampagnen erleben zur Weihnachtszeit traditionell einen massiven Anstieg. Täter imitieren dabei bekannte Markenshops oder Paketdienstleister wie DHL oder Amazon und verschicken täuschend echte E-Mails oder SMS mit Links zu manipulierten Websites. Laut dem Phishing Activity Trends Report der Anti-Phishing Working Group (Q3 2024) werden allein im E-Commerce-Umfeld pro Monat über 120.000 neue Phishing-Sites registriert – Tendenz steigend.
Fake-Shops und Lockangebote sind eine weitere Masche: Angreifer stellen professionelle Webshops mit extrem günstigen Preisen online, um Kreditkartendaten oder Zugriff auf PayPal-Accounts zu erhalten. Diese Seiten wirken auf den ersten Blick seriös, verwenden SSL-Zertifikate und kopieren Layouts realer Anbieter. Fraunhofer AISEC weist in einer Analyse von 2024 darauf hin, dass intelligente Botnetze mittlerweile in der Lage sind, automatisch funktionierende Fake-Shops zu generieren, inklusive Impressum und Kundenbewertungen.
Supply-Chain-Angriffe nehmen laut dem ENISA Threat Landscape Report 2024 weiter zu und betreffen besonders kleinere (Zuliefer-)Unternehmen, deren IT-Sicherheit oft lückenhaft ist. Hier nutzen Angreifer die digitale Weihnachtshochkonjunktur, um über Drittanbieter Zugang zu großen Handelsplattformen zu gewinnen – beispielsweise durch manipulierte Software-Updates oder infizierte Plugins.
Folgen für Unternehmen und Konsumenten
Die wirtschaftlichen Schäden durch Cyberkriminalität rund um Weihnachten sind enorm. Laut dem Allianz Risk Barometer 2024 gehört Cyberkriminalität inzwischen weltweit zu den Top-Risiken für Unternehmen – noch vor Naturkatastrophen oder Lieferkettenunterbrechungen.
Für Händler können erfolgreiche Angriffe nicht nur Serverausfälle und Umsatzverluste bedeuten, sondern auch langfristige Imageschäden. Cyberangriffe, die zur Preisgabe von Kundendaten führen, unterliegen zudem der Meldepflicht bei der DSGVO und können Bußgelder nach sich ziehen.
Konsumenten wiederum drohen finanzielle Verluste durch betrügerische Shops oder gestohlene Zugangsdaten. Besonders problematisch: Viele Opfer bemerken den Betrug erst Wochen später, etwa wenn plötzlich Abbuchungen auf dem Konto erscheinen oder Identitätsdiebstahl erfolgt.
Technologie gegen Täuschung: Schutzmechanismen im digitalen Einkauf
Doch der Kampf gegen Cybercrime ist nicht verloren. Fortschrittliche Technologien helfen heute Unternehmen und Konsumenten gleichermaßen, verdächtige Aktivitäten frühzeitig zu erkennen und Angriffe abzuwehren. Dazu zählen Systeme zur Anomalieerkennung im Netzwerkverkehr, KI-gestützte Phishing-Filter oder multifaktorielle Authentifizierungsmethoden.
Auch das sogenannte E-Mail-Spoofing lässt sich zunehmend durch SPF-, DKIM- und DMARC-Protokolle minimieren. Große Online-Plattformen wie Amazon oder Zalando haben ihre Sicherheitssysteme in den letzten Jahren massiv aufgerüstet – mit Erfolg: Laut einer internen Auswertung von Amazon Deutschland aus dem Jahr 2024 sank die Zahl erfolgreich betrügerisch durchgesetzter Bestellungen im Weihnachtsgeschäft um 42 % gegenüber 2021.
Praxis-Tipps für ein sichereres Weihnachtsgeschäft
Sowohl Unternehmen als auch Verbraucher sollten in der Hochsaison besonders wachsam sein. Schon einfache Sicherheitsvorkehrungen können die Angriffsfläche deutlich verringern.
- Für Unternehmen: Schulen Sie Ihre Mitarbeiter regelmäßig zu aktuellen Betrugsmethoden – insbesondere hinsichtlich Social Engineering, Phishing und Fake-Invoicing.
- Für Verbraucher: Achten Sie beim Online-Einkauf auf das Impressum, die Domain-Endung, Zahlungsarten und Kundenbewertungen eines Shops – und vertrauen Sie im Zweifel nur etablierten Plattformen.
- Technisch: Aktivieren Sie Zwei-Faktor-Authentifizierung bei allen Accounts mit Zahlungsfunktionen und aktualisieren Sie regelmäßig Software und Sicherheitssysteme.
Strategie statt Panik: Prävention auf allen Ebenen
IT-Sicherheitsverantwortliche in Unternehmen sollten das Weihnachtsgeschäft frühzeitig in ihre jährliche Risikoanalyse einbeziehen. Dazu gehört die Simulation möglicher Angriffspfade (z. B. durch Red Teaming), ein aktives Schwachstellenmanagement sowie eine robuste Backup- und Recovery-Strategie. Auch Incident-Response-Pläne sowie klare Eskalationsprozesse machen in der heißen Phase einen grundlegenden Unterschied.
Zudem gilt es, den Lieferantenkontakt sicherer zu gestalten: Verträge mit digitalen Third Parties sollten standardisierte Anforderungen an IT-Sicherheit und Meldestandards enthalten. Über Prüf- und Monitoringtools lässt sich die IT-Gesundheit von Zulieferern kontinuierlich bewerten.
Fazit: Weihnachten bleibt Hochrisikogeschäft für Cybersicherheit
So festlich die Saison auch sein mag: Für die Cybersicherheitsbranche gehört das Jahresende traditionell zu den angespanntesten Phasen. Denn während draußen die Schneeflocken fallen, laufen drinnen die Server heiß – und Hacker arbeiten oft effizienter als der Weihnachtsmann. Doch mit klarer Aufklärung, durchdachten Technologien und einem gesunden Maß an Skepsis können Unternehmen und Konsumenten dem digitalen Grinch trotzen.
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