Künstliche Intelligenz

Meta im Fadenkreuz der EU: Kartellrechtliche Untersuchung und ihre Auswirkungen

Ein sonnendurchflutetes, modernes Büro mit konzentrierten Menschen in angeregtem Gespräch vor großen Bildschirmen, die komplexe digitale Netzwerke und KI-Datenflüsse visualisieren, strahlen freundliche Wärme und dynamischen Fortschritt aus.

Die Europäische Kommission hat ein kartellrechtliches Verfahren gegen Meta eingeleitet – im Fokus: die Integration generativer KI in Whatsapp. Diese Entwicklung könnte nicht nur für Meta erhebliche Konsequenzen haben, sondern auch wegweisend für die künftige Regulierung von KI in Europa sein.

Worum geht es in der Untersuchung?

Im Oktober 2025 leitete die Generaldirektion Wettbewerb der Europäischen Kommission ein formelles Verfahren gegen Meta Platforms Inc. ein. Gegenstand der Untersuchung ist die Nutzung und Integration generativer KI-Funktionen, insbesondere auf Basis von LLaMA (Large Language Model Meta AI), in die Kommunikationsplattform Whatsapp. Im Zentrum der Kritik steht die Frage, ob Meta seine marktbeherrschende Stellung im Bereich sozialer Netzwerke und Messengerdienste nutzt, um sich einen unfairen Vorteil bei der Kommerzialisierung von KI-basierten Diensten zu sichern.

Die EU-Kommission prüft laut offizieller Mitteilung insbesondere:

  • Ob Meta seine Gatekeeper-Position im Sinne des Digital Markets Act (DMA) missbraucht.
  • Wie die Integration von KI in Whatsapp Auswirkungen auf den Wettbewerb im europäischen KI-Markt hat.
  • Ob es durch exklusive API-Zugänge oder proprietäre Infrastruktur zu einer Abschottung gegenüber Drittanbietern kommt.

Gemäß der aktuellen EU-Kartellrechtspraxis und im Lichte des DMA könnte dies – falls sich der Verdacht erhärtet – zu weitreichenden Auflagen oder Bußgeldern führen. Die Ermittlungen erfolgen auch in enger Kooperation mit Datenschutzbehörden, da über Whatsapp gesammelte Interaktionen auch zum Training von KI-Modellen verwendet werden könnten.

Warum ist die Integration von KI in Whatsapp so brisant?

Meta hat Anfang 2025 generative LLaMA-Funktionen in seine Messenger-Plattform Whatsapp integriert. Die Nutzer konnten damit unter anderem automatisierte Textvorschläge in Echtzeit, personalisierte Antworten sowie KI-generierte Medieninhalte wie Bilder und Voice-Memos nutzen. Laut Metas eigenen Angaben basieren die Funktionen auf lokalisierten LLM-Modellen, die mit anonymisierten Daten personalisiert werden.

Kritiker werfen dem Konzern jedoch vor, diese KI-Dienste nicht neutral, sondern ausschließlich innerhalb des Meta-Ökosystems verfügbar zu machen. Dabei könne es zu einem Ungleichgewicht kommen, das kleinere Anbieter oder europäische KI-Startups vom Zugang zu einer großen Nutzerdatenbasis ausschließt – was zentral für das Training von KI ist.

Ein weiterer Vorwurf betrifft die sogenannten „Self-preferencing“-Mechanismen: Meta implementiere seine KI so, dass sie bevorzugt eigene Dienste empfiehlt – etwa Events bei Facebook oder Shopping-Angebote auf Instagram.

Wettbewerb, Innovation – oder Monopolisierung?

Der europäische KI-Markt ist 2024 laut IDC-Schätzungen rund 26 Milliarden Euro schwer – mit stark steigender Tendenz. Die zunehmende Konvergenz von Plattformmacht, Datenzugang und KI-Entwicklung bringt neue Herausforderungen für Regulierungsbehörden mit sich.

Dr. Martina Rieger, eine Kartellrechtsexpertin am Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb, warnt vor einer „funktionalen Marktabschottung“ durch Plattformriesen: „Wenn KI-Funktionalitäten tief in bestehende Kommunikationsplattformen integriert werden, zementieren sie bestehende Netzwerkeffekte – und erschweren es neuen Akteuren, Fuß zu fassen.“

Ein Blick in die USA zeigt ein ähnliches Bild: Dort laufen aktuell mehrere Klagen gegen große Tech-Unternehmen wegen unfairer Praktiken bei der Verknüpfung von KI mit marktbeherrschenden Plattformen. Auch OpenAI, Microsoft und Google stehen regulatorisch unter Druck.

Der Digital Markets Act als Testfall

Die Europäische Kommission könnte das Meta-Verfahren nutzen, um die Wirksamkeit des DMA erstmals konkret zu demonstrieren. Der 2023 in Kraft getretene DMA sieht vor, dass sogenannte Gatekeeper – darunter explizit Meta – keine „Self-preferencing“-Strategien fahren dürfen und Interoperabilität mit externen Diensten gewährleisten müssen.

Im Fall Whatsapp und LLaMA ist daher entscheidend, ob Meta Schnittstellen für Drittanbieter-KI zulässt oder ob es bewusst eine vertikale Integration betreibt, um Wettbewerb zu verhindern. Sollte sich letzteres bestätigen, könnte die Kommission Zwangsmaßnahmen verhängen – bis hin zur Aufspaltung von Funktionseinheiten oder einer Untersagung bestimmter KI-Dienste innerhalb der EU.

Nach Angaben von EU-Kommissarin Margrethe Vestager sei es „essenziell, dass KI-Innovationen nicht in die Hände weniger Unternehmen geraten, die zugleich die digitale Infrastruktur kontrollieren“.

Die Rolle personenbezogener Daten im KI-Kontext

Die Ermittlungen berühren auch sensible Datenschutzfragen. Die Frage, inwieweit Metas KI-Funktionen in Whatsapp Nutzerdaten verwenden – auch in anonymisierter Form – wird von der irischen Datenschutzbehörde DPC genau geprüft. Whatsapp hat in Europa über 100 Millionen aktive Nutzer, was den Dienst zu einer der reichsten Datenquellen für Text- und Sprachverarbeitung macht.

Die DS-GVO (Datenschutz-Grundverordnung) legt dabei strenge Maßstäbe an die Einwilligung zur Verarbeitung von personenbezogenen Daten durch automatisierte Systeme wie LLMs. Ein Sprecher der EDSA (Europäischer Datenschutzausschuss) betonte: „Der Einsatz generativer KI in personenbezogener Kommunikation muss höchsten Transparenzstandards genügen.“

Meta beteuert, dass alle KI-Trainingsdaten aus opt-in-Nutzungsformen stammen. Unabhängige Prüfberichte, wie sie für 2026 angekündigt sind, sollen hier Klarheit schaffen.

Folgen für den europäischen KI-Markt

Europäische KI-Startups wie Aleph Alpha (Heidelberg) oder Mistral AI (Paris) äußerten bereits Sorge, dass eine starke Platformisierung großer internationaler Tech-Akteure ihre Marktchancen beschneidet. Nur rund 6 % der europäischen Startups in der KI-Branche erreichen laut einer Studie von Atomico (2024) die Skalierungsphase – Plattformabhängigkeit gilt dabei als hemmender Faktor.

Auch Industrieverbände wie Bitkom und der europäische AI-Act Council weisen auf die Gefahr hin, dass sich ein „KI-Ökosystem zweiter Klasse“ in Europa etabliert, wenn lokale Anbieter dauerhaft von Infrastrukturen und Nutzerdaten abgeschnitten bleiben.

Die EU-Kommission plant daher flankierend zum DMA neue Regeln, nach denen Gatekeeper KI-Schnittstellen dokumentieren und Drittanbietern diskriminierungsfrei zur Verfügung stellen müssen. Ziel ist es, eine Übertragbarkeit von KI-Funktionalitäten unabhängig vom Anbieter zu ermöglichen – beispielsweise über interoperable APIs.

Handlungsempfehlungen für Unternehmen und Entwickler

  • Strategisch auf Interoperabilität setzen: Unternehmen sollten KI-Anwendungen so konzipieren, dass sie sich flexibel in bestehende Netzwerk- und Messagingdienste integrieren lassen – idealerweise über standardisierte Schnittstellen.
  • Datenschutzkonforme Architektur frühzeitig planen: Der Einsatz generativer KI im Kundenkontakt erfordert stringente Compliance mit DS-GVO-Richtlinien. Unternehmen sollten auf Privacy-by-Design und transparentes Consent-Management achten.
  • Frühzeitige Regulatorik-Analyse: Beim Design neuer KI-Produkte empfiehlt sich eine frühzeitige Bewertung regulatorischer Risiken – insbesondere bei Plattformabhängigkeit oder Integration in Gatekeeper-Dienste.

Regulierung als Innovationsmotor?

Während Branchenvertreter in der Vergangenheit oft vor Überregulierung warnten, zeichnet sich spätestens mit dem geplanten „AI Act“ und dem Digital Markets Act eine neue Sichtweise ab: Regulierung kann auch als Innovationsschutz wirken – insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen in Europa.

Die Meta-Untersuchung dürfte zu einem Wendepunkt werden: Sie zwingt Plattformkonzerne zur Offenlegung ihrer KI-Governance und führt gleichzeitig zu einem stärkeren Bewusstsein für faire Datenökosysteme im Binnenmarkt.

Ob daraus ein nachhaltiger Wettbewerbsvorteil für europäische Akteure entstehen kann, hängt nicht zuletzt auch davon ab, wie konsequent die Regeln durchgesetzt und wie transparent die Prozesse gestaltet werden.

Fazit: Die kartellrechtliche Untersuchung gegen Meta ist mehr als ein Fall von Wettbewerbsaufsicht – sie markiert einen Tiefenpunkt der Diskussion um Macht, Daten und KI. Sie bietet jedoch auch eine Chance: für fairere Märkte, transparente Technologie und letztendlich eine KI-Entwicklung, die europäischen Werten entspricht.

Was denken Sie: Wie sollte die Integration von KI in Plattformen wie Whatsapp reguliert werden? Diskutieren Sie mit uns in den Kommentaren und teilen Sie Ihre Perspektiven zur Zukunft der KI in Europa.

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