Cyberangriffe entwickeln sich rasanter als je zuvor, während gleichzeitig die Angriffszielscheibe Unternehmensnetzwerke nie größer war. Die jüngsten Sicherheitslücken bei IBM und Fortinet verdeutlichen eindrucksvoll, wie schnell Systeme kompromittiert werden können – und wie wichtig es ist, vorbereitet zu sein.
IT-Sicherheitsvorfälle 2024/2025: IBM, Fortinet und der kulturelle Wendepunkt
Im April 2024 sorgte eine kritische Schwachstelle bei Fortinet für Aufsehen: Eine Zero-Day-Lücke in der FortiOS SSL-VPN-Komponente (CVE-2024-23104) erlaubte es Angreifern, per Remote Code Execution vollständigen Zugriff auf Netzwerkumgebungen zu erlangen. Ebenso alarmierend war die Enthüllung eines konfigurationsbedingten Datenlecks bei IBM Cloud im Sommer desselben Jahres. Hier lagen Kundendaten zeitweise ungeschützt offen – eine Folge unsauberer Sicherheitsrichtlinien bei der Nutzung von Object Storage Services.
Beide Vorfälle verdeutlichen ein strukturelles Problem: Auch etablierte Unternehmen mit hochentwickelten Sicherheitsarchitekturen sind verwundbar, wenn Sicherheitsprozesse nicht konsequent überwacht und automatisiert werden.
Ursachenanalyse: Warum Sicherheitslücken heute häufiger eskalieren
Die Zunahme von Schwachstellenmeldungen ist nicht allein auf wachsende Angriffstätigkeit zurückzuführen, sondern auch auf eine höhere Komplexität und Vernetzung moderner IT-Landschaften. Laut dem X-Force Threat Intelligence Index 2024 von IBM war der „Exploit von Schwachstellen“ die häufigste Initialzugriffsart bei Sicherheitsverletzungen – mit einem Anteil von 44 %, vor Phishing (23 %).
Besorgniserregend ist zudem die Geschwindigkeit, mit der Cyberkriminelle bekannte Lücken ausnutzen: Laut einer Analyse von Mandiant (Google Cloud) liegt das Zeitfenster zwischen Veröffentlichung eines Exploits und aktiver Nutzung im Darknet heute oft bei unter 72 Stunden.
Reaktionsstrategien im Ernstfall: Wie Unternehmen professionell agieren sollten
Ein professionelles Incident Response Management entscheidet im Ernstfall über Schadenbegrenzung oder wirtschaftliche Katastrophe. Viele Unternehmen lernen dies jedoch erst im Krisenmodus. Dabei gibt es etablierte Frameworks, etwa das NIST Cybersecurity Framework oder die ISO/IEC 27001-konformen Maßnahmen, die klare Strukturen für den Umgang mit Sicherheitsvorfällen vorgeben.
Wie konkret Unternehmen nach Vorfällen agieren, zeigt etwa Fortinet: Nach der Entdeckung von CVE-2024-23104 wurde innerhalb von 24 Stunden ein Patch veröffentlicht, gleichzeitig informierte das Unternehmen weltweit betroffene Kunden über ein dediziertes Security-Bulletin. IBM wiederum kündigte interne Umbauten im Cloud-Governance-Modell an und führte neue Audit-Prozesse ein, um Konfigurationsfehler systematisch zu verhindern.
Best Practices im IT-Sicherheitsmanagement 2025
Erfolg in der Cybersicherheit bedeutet heute unter anderem: Realtime-Reaktion, Automatisierung, Redundanzplanung und ganzheitliche Sicherheitskultur. Zu den wirksamsten Best Practices zählen:
- Zero-Trust-Architekturen einführen: Keine interne Verbindung wird als automatisch vertrauenswürdig angesehen. Jede Anfrage wird authentifiziert, autorisiert und überwacht.
- Security by Design: Sicherheit muss von Anfang an integraler Bestandteil jeder digitalen Infrastruktur sein, nicht ein nachgelagerter Zusatz.
- Kognitiv gestützte Überwachungssysteme nutzen: KI-gestützte SIEM-Lösungen verbessern die Bedrohungsanalyse durch automatisierte Korrelation von Anomalien in Milliarden von Logdaten.
Organisationen wie Siemens, Deutsche Telekom oder Zalando setzen bereits auf derartige hybride Sicherheitsansätze. Besonders im industriellen Bereich (OT/IT-Konvergenz) sind segmentierte Netzwerke und verhaltensbasierte Anomalieerkennung zunehmend Standard.
Zahlendruck und Compliance: Wie Regulatorik zur treibenden Kraft wird
Auch politische Impulse verschärfen den Handlungsdruck. Die neue NIS2-Richtlinie der EU, deren Umsetzung Anfang 2025 verpflichtend wird, verlangt branchenübergreifend ein höheres Maß an Cybersicherheitsresilienz. So müssen betroffene Unternehmen u. a. ein kontinuierliches Risikomanagement etablieren, Sicherheitsvorfälle binnen 24 Stunden melden und regelmäßige Penetrationstests durchführen.
Diese Anforderungen sind keine abstrakte Bürokratie: Wer sich nicht vorbereitet, riskiert hohe Bußgelder oder den Verlust wichtiger Geschäftsbeziehungen. Laut Bitkom (2024) wendeten Unternehmen in Deutschland im Schnitt 12,8 % ihres IT-Budgets für Sicherheitsmaßnahmen auf – ein Rekordwert. Trotzdem bleibt jedes zweite Unternehmen (51 %) laut Studie von Sophos 2024 weiterhin unzureichend vorbereitet auf Ransomware-Angriffe.
Praxisbeispiele: Was andere richtig (oder falsch) machen
Immer mehr Unternehmen veröffentlichen transparente Berichte zu Cybervorfällen. Das zeigt nicht nur ein neues Mindset, sondern auch, wie differenziert IT-Sicherheitsstrategien sein können. Microsoft etwa dokumentierte 2023 in einem 110-seitigen Security Signal Report unter anderem, dass 92 % der Exchange-Exploits veraltete Server betrafen. Eine regelmäßige Wartung und Patch-Disziplin könnte demnach viele Probleme verhindern.
Auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU) können durch einfache Maßnahmen ihre Resilienz erhöhen. Eine Case Study von TÜV Süd (2023) zeigt etwa, wie ein mittelständischer Maschinenbauer durch die Einführung von MFA (Multi-Faktor-Authentifizierung) und automatischem Endpoint Monitoring seine Angriffsfläche halbierte – bei gleichbleibendem Personalaufwand.
Empfehlungen für die Praxis
- Sicherheits-Updates priorisieren: Unternehmen sollten Patch-Management nicht als Wartungsaufgabe, sondern als unternehmenskritischen Prozess begreifen – mit entsprechenden SLAs und Eskalationen.
- Monitoring zentralisieren: Der Betrieb eines zentralen Security Operations Centers (SOC) – intern oder als Managed Service – ermöglicht schnellere Reaktionen durch konsolidierte Sicht auf Angriffsvektoren.
- Sicherheits-Trainings für Mitarbeitende etablieren: Phishing-Simulationen, Awareness-Schulungen und eine starke Sicherheitskultur verhindern laut Verizon DBIR 2024 rund 35 % aller erfolgreichen Angriffe.
Fazit: Sicherheit als Investition – nicht als Kostenfaktor
IT-Sicherheit ist längst kein optionaler Bestandteil moderner Unternehmensführung mehr. Die Zahl der Bedrohungen wächst, die Angriffsfenster schrumpfen – und die Konsequenzen bei Versagen sind gravierend. Organisationen müssen lernen, Sicherheit als kontinuierlichen Innovationsprozess zu verstehen, nicht als Einmallösung.
Die Ereignisse rund um IBM und Fortinet sollten eine Mahnung für alle sein: Wer nicht antizipiert, wer nicht vorbereitet ist und nicht trainiert, wird irgendwann zur Zielscheibe. Jetzt liegt es an der Community, voneinander zu lernen und gemeinsam widerstandsfähigere digitale Infrastrukturen zu bauen. Teilen Sie Ihre Erfahrungen und diskutieren Sie mit uns: Wie bereiten Sie Ihre Organisation auf den nächsten kritischen Vorfall vor?




