Was wissen Facebook, Instagram, TikTok & Co. wirklich über uns? Mehr, als den meisten Nutzern lieb ist. Gerade in Europa rückt der Datenschutz in sozialen Netzwerken zunehmend in den Fokus – nicht zuletzt durch millionenschwere Bußgelder gegen Tech-Giganten. Doch was erfassen Plattformen konkret, und wie können Nutzer ihre Daten besser schützen?
Die unsichtbare Sammelwut: Soziale Netzwerke als Datenriesen
Wer ein Konto bei einem sozialen Netzwerk anlegt, gibt damit weit mehr preis als nur Name und Profilbild. Plattformen wie Facebook, Instagram, TikTok oder Snapchat sammeln systematisch personenbezogene Daten – transparent und oft auch verdeckt. Laut einer Analyse der Mozilla Foundation (2023) verfolgen diese Dienste bis zu 98,5 % der Online-Aktivität ihrer Nutzer, indem sie auch außerhalb ihrer eigenen Dienste Cookies, Pixel-Tags und App-Tracking einsetzen.
Die wichtigsten Kategorien der Datenerhebung umfassen:
- Profildaten: Name, Alter, Geschlecht, Interessen, Standortangaben
- Verhaltensdaten: Klickpfade, Verweildauer, Scrollverhalten, Hashtag-Nutzung
- Technische Metadata: IP-Adressen, Geräteinformationen, Betriebssystem, Browser-Version
- Interaktionen: Nachrichten, Kommentare, Likes, Follows – auch innerhalb privater Chats
- Standortdaten: Über GPS, WLAN-Netze oder Mobilfunkmasten – oft selbst bei deaktiviertem GPS
Diese Daten werden algorithmisch ausgewertet, um personalisierte Werbung zu schalten, Inhalte gezielt zu empfehlen oder Nutzerprofile zu monetarisieren. Der Umfang der Analyse geht dabei weit über das hinaus, was den meisten bewusst ist – wie ein Artikel bei DrWeb pointiert aufzeigt: Viele Nutzer handeln völlig unbedarft und halten Datenschutz noch immer für ein rein technisches Thema.
EU-Sanktionen gegen Meta und TikTok: Konsequenzen der Datengier
Europa hat in den letzten Jahren deutlich härter gegen Verstöße gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) durchgegriffen. Vor allem Meta – der Mutterkonzern von Facebook und Instagram – geriet 2023 und 2024 mehrfach ins Visier der irischen Datenschutzbehörde (DPC), die in der EU für viele US-Plattformen zuständig ist.
Besonders aufsehenerregend war die Strafe vom Mai 2023: Meta musste 1,2 Milliarden Euro Bußgeld zahlen – das höchste DSGVO-Bußgeld bisher –, weil es personenbezogene Daten europäischer Nutzer ohne ausreichenden Schutz in die USA übermittelt hatte (Quelle: European Data Protection Board, 22.05.2023).
Auch die chinesische Videoplattform TikTok wurde im September 2023 zur Kasse gebeten: 345 Millionen Euro Strafe wegen unzureichender Kontrollen im Umgang mit Daten von Minderjährigen (Quelle: Irish Data Protection Commission, 15.09.2023). Die App hatte standardmäßig jugendliche Profile öffentlich zugänglich gemacht und mangelhafte Transparenzrichtlinien angewendet.
Beide Fälle zeigen deutlich, wie wichtig klare Datenschutzvorgaben sind – und dass ihr Bruch keineswegs nur ein theoretisches Risiko darstellt.
Bewusstsein bei Nutzern: Datenschutz ist Verhaltenssache
Der DrWeb-Artikel über das unbewusste Verhalten von Usern hebt hervor, wie wenig Endnutzer ihr eigenes Online-Verhalten reflektieren. Viele stimmen den AGBs blind zu, erlauben applikationsbezogenes Tracking „für ein besseres Nutzererlebnis“ und wundern sich später über personalisierte Werbung oder Sicherheitsprobleme.
Datenschutz ist keineswegs nur Sache der Politik oder Unternehmen – auch das individuelle Verhalten ist entscheidend. Die sogenannte „Privacy Paradox“-Forschung belegt seit Jahren, dass Nutzer in Umfragen zwar Datenschutz priorisieren, sich im Alltag jedoch gegenteilig verhalten. Eine Studie der Universität Oxford (2022) zeigte, dass 78 % der Befragten Datenschutz als wichtig einstufen, aber nur 19 % regelmäßig ihre Datenschutzeinstellungen prüfen.
Versteckte Tracking-Mechanismen: Das Problem mit Drittanbietern
Ein unterschätzter Aspekt ist das umfangreiche Tracking über Plattformgrenzen hinaus. Dienste wie Meta verknüpfen ihre Aktivitäten geschickt mit Websites Dritter – etwa via Facebook-Pixel. Laut einem Bericht der Norwegian Consumer Council (NCC, 2021) waren auf über 90 % der am häufigsten besuchten Websites Tracking-Skripte großer Social-Media-Unternehmen installiert – zumeist ohne Wissen der User.
Hinzu kommt die flächendeckende Integration von Login-Diensten („Mit Facebook/TikTok anmelden“) und sozialer Plug-ins in Online-Shops, Games und Infoportale. So entsteht ein durchgehendes Bewegungsprofil, das Plattformen tiefgreifende Einblicke in das Nutzerverhalten gibt – aus Marketingperspektive Gold wert, aus Datenschutzsicht jedoch bedenklich.
Datensparsamkeit: Ein Prinzip mit praktischer Wirkung
Die gute Nachricht: Es gibt praktikable Wege, der Datensammelwut Einhalt zu gebieten. Das Prinzip der Datensparsamkeit – ein Kernbestandteil der DSGVO – legt fest, dass nur so viele personenbezogene Daten wie nötig erhoben und gespeichert werden dürfen. Auch Nutzer können dieses Prinzip anwenden, indem sie bewusster mit ihren Daten umgehen.
Drei Empfehlungen für mehr Datenschutz in sozialen Netzwerken:
- Regelmäßige Prüfung der Privatsphäre-Einstellungen: Fast alle Plattformen bieten heute zentrale Kontrollzentren zur Verwaltung von Sichtbarkeit, Werbung und Tracking – diese sollten mindestens quartalsweise überprüft und angepasst werden.
- Datensparsamkeit bei Profilangaben: Weniger ist mehr – auf freiwillige Felder wie Beziehungsstatus, politische Orientierung oder Telefonnummer sollten Nutzer verzichten.
- Vermeidung von Dritt-Logins: Statt sich über Social-Logins bei anderen Diensten anzumelden, empfiehlt sich die Nutzung einer dedizierten E-Mail-Adresse oder Passwortmanager. So sinkt die Gefahr von Datenverkettung und Missbrauch.
Neue Entwicklungen: Dezentralisierung und Datenschutz durch Design
Ein wachsender Gegentrend zur zentralisierten Datenspeicherung großer Plattformen sind dezentrale, datenschutzfreundliche soziale Netzwerke wie Mastodon oder Friendica. Diese Dienste setzen auf föderierte Serverinfrastrukturen und ermöglichen Nutzern ein höheres Maß an Kontrolle über eigene Inhalte. Obwohl sie in Bezug auf Reichweite und Nutzerbasis weit hinter den etablierten Giganten stehen, etablieren sie wichtige Innovationsimpulse im Sinne der Privatsphäre.
Zusätzlich setzen neuere Plattformen stärker auf Privacy-by-Design und Privacy-by-Default: Datenschutz wird von Anfang an in die Plattformarchitektur integriert – nicht nur als nachträgliches Add-on. Die EU-Kommission fördert solche Modelle im Rahmen von Horizon Europe und Gaia-X.
Fazit: Datenschutz ist eine gemeinsame Aufgabe – und ein Wettbewerbsvorteil
Soziale Netzwerke sind aus dem digitalen Alltag nicht wegzudenken – doch ihre Begehrlichkeit für Daten macht sie auch zu einem Risiko für Privatsphäre und IT-Sicherheit. Nutzer, Unternehmen und Gesetzgeber müssen gleichermaßen Verantwortung übernehmen.
Wer sich mit den Datenpraktiken seiner Plattform auseinandersetzt, kann bewusster und sicherer agieren. Datenschutz beginnt bei jedem Einzelnen – durch Wissen, Kontrolle und Verhalten.
Nutzt du bereits datensparsame Netzwerke oder hast gute Tipps gegen übermäßiges Tracking? Teile deine Erfahrungen mit unserer Community und starte die Diskussion in den Kommentaren oder auf Mastodon unter #Datenschutz2025!




