Der einstige CRM-Gigant Salesforce wagt einen grundlegenden Kurswechsel: Mit der Umbenennung in „Agentforce“ rückt das Unternehmen künstliche Intelligenz radikal ins Zentrum seines Geschäftsmodells. Was steckt hinter dieser Transformation? Und was bedeutet sie für Kund:innen, Partner und den globalen Tech-Markt?
Ein symbolträchtiger Namenswechsel: Von Salesforce zu Agentforce
Der Name Salesforce stand jahrzehntelang synonym für digitale Kundenbeziehungen, Cloud-CRM und SaaS-Innovation. Mit der offiziellen Ankündigung im Oktober 2025, künftig unter dem Namen „Agentforce“ zu operieren, vollzieht das Unternehmen aus San Francisco jedoch mehr als ein Rebranding – es signalisiert einen strategischen Wendepunkt. Laut CEO Marc Benioff sei dies „eine natürliche Evolution hin zu einer Ära, in der generative KI nicht nur ein Tool, sondern ein autonomes Handlungssubjekt in Unternehmen wird.“
Der neue Markenname soll programmatisch sein: Er reflektiert die Transformation von Salesforce zu einer Plattform für intelligente „Agenten“, also KI-Systeme, die unabhängig lernen, entscheiden und interagieren können – etwa im Kundenservice, Marketing oder Vertrieb. Damit greift Agentforce den Paradigmenwechsel auf, den auch Branchenführer wie Microsoft (mit Copilot) und Google (mit Gemini) vorantreiben.
Paradigmenwechsel: CRM wird zur „Cognitive Relationship Management“
Das Herzstück dieser Neuausrichtung bildet die Integration generativer KI in sämtliche Salesforce-Produkte. Bereits 2023 startete das Unternehmen mit „Einstein GPT“ erste Experimente. Heute – unter dem neuen Banner Agentforce – dient diese KI-Technologie als Basiskomponente für sogenannte Autonomous Agents. Diese intelligenten Softwarekomponenten sind in der Lage, automatisch Anforderungen zu erkennen, Prozesse zu initiieren und Entscheidungen zu treffen – ohne menschliches Zutun.
Besonders in Bereichen wie Vertriebsautomatisierung, Support-Ticketing oder Lead-Generierung ermöglichen solche Agenten erhebliche Effizienzsprünge. Laut einer aktuellen IDC-Studie ist der Einsatz von KI in CRM-Systemen bis 2024 um 67 % gestiegen (IDC, AI in CRM Report, 2024). Marktanalyst:innen prognostizieren, dass bis 2026 über 60 % aller Kundenkontakte durch KI-Agenten vermittelt werden (Gartner, Emerging Tech Report, 2025).
Agentforce folgt damit dem Megatrend der „Multimodalen KI“, bei dem Sprachverarbeitung, Bildanalyse und Textgenerierung nahtlos ineinandergreifen. Die Plattform nutzt dabei eine Kombination aus OpenAI-Technologie (via Azure) und eigenen Modellen wie Einstein GPT 2, das auf die Enterprise-Lösungen abgestimmt ist.
Chancen und Mehrwert für Unternehmen
Für Unternehmen bietet die Hinwendung zu KI-Agenten tiefgreifende Vorteile – sowohl strategisch als auch operativ. Durch autonome Prozesse lassen sich nicht nur Kosten senken, sondern auch neue Umsatzquellen erschließen, z. B. durch hyperpersonalisierte Kundeninteraktionen oder intelligente Vertriebs-Playbooks.
Besonders relevant sind dabei folgende Nutzenaspekte:
- Prozessautomatisierung: Wiederkehrende Aufgaben im Vertrieb, Marketing und Service können durch Agenten effizient abgewickelt werden – rund um die Uhr, in jeder Sprache und über jeden Kanal.
- Skalierbarkeit: Durch KI-gesteuerte Interaktionen sind Unternehmen in der Lage, mehr Kund:innen gleichzeitig zu bedienen – ohne exponentiellen Personalaufbau.
- Datengestützte Entscheidungen: Mit KI-gestützter Analyse können Geschäftsentscheidungen evidenzbasierter getroffen werden – in Echtzeit.
Markenreputation im Wandel: Wagnis oder Weitsicht?
Doch der Weg von Salesforce zu Agentforce ist kein risikofreies Unterfangen – insbesondere aus Sicht der Markenführung. Marktforschungsunternehmen wie Forrester und BrandZ weisen darauf hin, dass ein radikaler Rebrand oft zu Irritation bei Bestandskunden und Partnern führen kann, insbesondere wenn bisherige Werte hinterfragt werden.
„Salesforce war über Jahrzehnte hinweg eine vertrauenswürdige Marke für Business-Software. Dieses Vertrauen muss sich Agentforce erst neu verdienen“, so Miriam Röser, Brand Strategy Consultant bei MetaDesign. Kundenbindung, Kontinuität und transparente Kommunikation sind daher essenziell, damit der Wandel nicht nur technisch, sondern auch emotional gelingt.
Herausforderungen: Technologie, Ethik und Akzeptanz
Technisch ist der Übergang zu einer agentenzentrierten Plattform komplex: Die Entwicklung autonomer KI erfordert nicht nur große Datenmengen und leistungsfähige Modelle, sondern auch robuste Sicherheitsmechanismen und Governance-Konzepte für KI-Ethik. Erst kürzlich warnte die EU-Kommission, dass der Einsatz generativer KI in HR- oder Rechtssystemen ohne Kontrollinstanzen risikobehaftet sei (EU AI Act, 2025).
Auch auf Anwendungsebene stehen Organisationen vor Herausforderungen: Mitarbeitende müssen im Umgang mit KI-Agenten geschult werden, Prozesse müssen umgestaltet und teilweise neu gedacht werden. Die Akzeptanz bestimmt letztlich den Erfolg.
- Empfehlung 1: Unternehmen sollten Schulungskonzepte für KI-Kompetenz auf allen Ebenen einführen – vom Datenverständnis im Management bis zur praktischen Nutzung durch Fachabteilungen.
- Empfehlung 2: Eine klare interne Kommunikationsstrategie hilft, Vorbehalte gegenüber KI abzubauen und das Vertrauen in Agentensysteme zu stärken.
- Empfehlung 3: Investieren Sie in ein Governance-Framework für verantwortungsvolle KI-Nutzung, inklusive Audit-Trails und ethischer Leitlinien.
Was machen Wettbewerber? Der KI-Wettrüstlauf der Plattformen
Salesforce ist nicht allein mit seinem Strategiewechsel. Microsoft setzt mit „Copilot“ verstärkt auf generative KI innerhalb von Office 365 und Dynamics. SAP kündigte im September 2025 an, sein gesamtes ERP-Portfolio mit „Joule“, einem hauseigenen KI-Begleiter, zu erweitern. Auch Zoho, HubSpot und Oracle integrieren zunehmend LLMs und KI-Agenten in ihre Suite-Angebote.
Doch Agentforce geht einen Schritt weiter: Während Wettbewerber KI-Features hinzufügen, baut Agentforce eine neue Agentenarchitektur von Grund auf – inklusive Marktplatz für Drittanbieter-Agenten, API-first Strategien und Integration in bestehende Workflows via Flow Builder und Data Cloud. Experten sprechen von einem „Plattformansatz der neuen Generation“.
Finanzielle Perspektiven und Investorenvertrauen
Der Kapitalmarkt bewertet diese Transformation bislang positiv. Nach der Ankündigung der Umbenennung stieg die Aktie um 11 % innerhalb einer Woche (NASDAQ-Handelsdaten, Okt. 2025). Investoren erkennen darin ein langfristiges Commitment zu Innovation und Wettbewerbsfähigkeit. Auch große Venture-Capital-Fonds wie Andreessen Horowitz und Sequoia investierten in KI-Startups, die in das Agentforce-Ökosystem integriert werden können – etwa bei Prozessautomatisierung und Spracherkennung.
Bemerkenswert: Morgan Stanley schätzt, dass der Markt für KI-Agenten im Unternehmensumfeld bis 2028 ein Volumen von 187 Milliarden USD erreichen wird (M. Stanley Forecast, 2025).
Ein Blick in die nahe Zukunft
Bis Ende 2026 plant Agentforce die vollständige Migration aller Kundeninstanzen auf eine einheitliche, KI-native Infrastruktur. Dabei sollen nicht nur CRM-Tools, sondern auch Funktionen wie Reporting, CMS, Commerce und Analytics durch Agenten ersetzt oder ergänzt werden. Die Vision: Ein autonomes Unternehmensbetriebssystem, gesteuert durch kognitive Agenten.
Ob diese Vision realistisch ist, hängt maßgeblich davon ab, wie gut Agentforce die Brücke zwischen technologischer Innovation und menschlicher Erfahrung schlägt. Der Schlüssel liegt in echter Nutzbarkeit, Vertrauen und Transparenz.
Fazit: Agentforce als Zukunftslabor des digitalen Kundenmanagements
Die Transformation von Salesforce hin zu Agentforce markiert nicht nur ein Rebranding – sie ist ein Bekenntnis zur KI-Ära. Sie stellt Erwartungen an eine neue Qualität digitaler Interaktionen – schneller, intelligenter, autonomer. Doch Erfolg misst sich nicht allein an Technologie, sondern an Akzeptanz, Verantwortlichkeit und messbarem Mehrwert für Anwender:innen.
Für Unternehmen ist jetzt die Zeit, technologische Neugier mit strategischer Weitsicht zu verbinden. Die KI-Agenten kommen – die Frage ist nur: Sind wir bereit, ihnen Verantwortung zu übertragen?
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