Virtualisierung war einst das Rückgrat der modernen IT-Infrastruktur – mit VMware als Synonym für diese Technologie. Doch in einer Zeit rasanter Cloud-Entwicklung und Containerisierung stellt sich die Frage: Ist VMware heute noch relevant, oder haben neue Technologien dem Pionier längst den Rang abgelaufen?
Ein Blick zurück: Die Erfolgsgeschichte von VMware
Seit der Gründung im Jahr 1998 spielte VMware eine zentrale Rolle in der Virtualisierungstechnologie, ermöglichte erstmals produktiv nutzbare x86-Virtualisierung und veränderte damit grundlegend, wie Unternehmen Server- und Rechenzentrumsarchitekturen entwarfen. Noch 2012 hielt VMware laut IDC einen Marktanteil von über 56 % im Bereich Servervirtualisierung – ein dominierender Player, der viele Jahre innovative Produkte wie vSphere, ESXi und vCenter in den Mittelpunkt moderner IT-Infrastrukturen rückte.
Doch der technologische Wandel ist dynamisch. Mit dem Siegeszug von Cloud-native-Ansätzen, Open-Source-Hypervisoren wie KVM und zunehmend containerbasierten Architekturen wie Docker und Kubernetes stehen klassische Virtualisierungsplattformen unter Druck. Die Übernahme durch Broadcom im Jahr 2023 hat zusätzliche Diskussionen über Zukunft, Preisgestaltung und strategische Ausrichtung von VMware ausgelöst.
Aktuelle Virtualisierungstrends: Mehr als nur VMs
Heutige IT-Landschaften entwickeln sich rasant in Richtung Cloud-native-Strukturen. Unternehmen setzen verstärkt auf Microservices-Architekturen, Container-Orchestrierung und hybride Cloud-Szenarien. Laut Gartner (2024) nutzen bereits 85 % der entwicklungsorientierten Unternehmen Container-Technologien in der Produktion – ein Anstieg von 40 % seit 2020.
Zwar bleibt klassische Virtualisierung für viele Enterprise-Anwendungen relevant, insbesondere in regulierten Branchen wie Finanz- oder Gesundheitswesen, doch Container bieten entscheidende Vorteile in Portabilität, Geschwindigkeit und Skalierbarkeit. Hinzu kommt: Cloud-Anbieter wie AWS, Azure oder Google Cloud stellen skalierbare Angebote bereit, bei denen Bare-Metal, Serverless und Containerlösungen Hand in Hand gehen.
Der Virtualisierungstrend geht also hin zu:
- Cloud-native Architekturen mit hohen Automatisierungsgraden
- Plattformübergreifenden Orchestrierungswerkzeugen wie Kubernetes
- Open-Source-Ansätzen mit hoher Anpassungsfähigkeit und Community-Support
VMware heute: Stärken, Schwächen und Perspektiven
VMware agiert bis heute als hochverbreitete Plattform in großen Enterprise-Strukturen, insbesondere im On-Premise- und Private-Cloud-Kontext. Die Lösung zeichnet sich durch hohe Stabilität, bewährte Verwaltungstools und vollständige Ökosystemintegration aus. Neue Angebote wie Tanzu zielen darauf, auch im Kubernetes-Markt relevant zu bleiben.
Trotzdem gibt es kritische Stimmen – vor allem seit der Übernahme durch Broadcom. Viele Unternehmen berichten über deutlich gestiegene Lizenzpreise und veränderte Support-Modelle. Auch der Community-Charakter scheint verloren zu gehen, was Open-Source- und DevOps-getriebene Unternehmen vermehrt zu Alternativen greifen lässt.
Die Rolle von Open-Source und Container-Technologien
Infrastrukturentscheidungen verlagern sich hin zu leichtgewichtigen und offenen Ansätzen. Containerstandardisierung (z. B. durch das Open Container Initiative-Projekt, OCI) sowie Plattformen wie Docker, Podman und Kubernetes treiben diesen Wandel voran. Dank Open-Source-Hypervisoren und Tools wie KVM, Proxmox oder Xen gibt es heute praxistaugliche Alternativen zur VMware-Suite mit niedrigeren Einstiegshürden.
Red Hat Virtualization, Nutanix AHV, Citrix Hypervisor oder Microsoft Hyper-V runden die Auswahl an Virtualisierungsplattformen ab – meist mit stärkerer Cloud- oder Hybridorientierung. Auch Google, Amazon und Microsoft bieten mit ihren hauseigenen Infrastrukturen wie GKE (Google Kubernetes Engine) inzwischen Virtualisierungs- und Containerlösungen an, die VMware zunehmend Konkurrenz machen.
Statistiken und Marktentwicklung
Die Marktdaten belegen den Wandel deutlich. Laut Statista (2024) betrug der weltweite Umsatz mit Virtualisierungssoftware rund 9,1 Milliarden US-Dollar – wobei VMware weiterhin einen großen, aber sinkenden Anteil hält. Ein Report von Flexera (State of the Cloud 2024) zeigt: 72 % der befragten Unternehmen setzen inzwischen auf eine Kombination aus Public Cloud und Containerisierung als Kerninfrastruktur.
Gleichzeitig verlieren klassische VM-Plattformen Marktanteile an Container Engines: Docker wird laut Stack Overflow Developer Survey 2024 bereits von 64 % der Entwickler regelmäßig genutzt, Kubernetes von über 54 %.
Expertenstimmen: Wie geht es weiter mit VMware & Co?
Wir haben mit führenden IT-Architekten und Infrastrukturplanern gesprochen. Dr. Martin Köhler, Cloud-Consultant und CTO eines mittelständischen IT-Dienstleisters, meint:
“VMware ist weiterhin eine stabile Lösung für große Landschaften mit klassischen Workloads. Aber für dynamische DevOps-Strukturen oder hybride Multi-Cloud-Szenarien ist Kubernetes heute das stärkere Fundament. Der Trend zur Containerisierung ist unumkehrbar.”
Auch Sandra Neumann, CIO eines europaweit operierenden Gesundheitsdienstleisters, betont:
“Sicherheit und Langzeit-Support sind für uns zentrale Kriterien. VMware war hier lange führend, aber die aktuellen Preisanpassungen machen Alternativen wie Red Hat OpenShift attraktiver.”
Drei Handlungsempfehlungen für Unternehmen
- Virtualisierungsstrategie evaluieren: Prüfen Sie, ob Ihre aktuellen Workloads zwingend VMware benötigen oder ob Open-Source-Alternativen mit niedrigeren Gesamtkosten tauglich sind.
- Containerisierung priorisieren: Für neue Projekte sollten Container-first-Ansätze geprüft werden – insbesondere im Zusammenhang mit CI/CD und Cloud-native DevOps.
- Vendor-Lock-ins vermeiden: Achten Sie auf Interoperabilität und standardisierte APIs, um langfristig flexibel zu bleiben und teure Migrationsszenarien zu vermeiden.
Fazit: Der Wandel ist da – und VMware bleibt gefragt, aber nicht alternativlos
VMware war und ist ein Gigant in der Virtualisierungswelt – besonders im Enterprise-Umfeld bleibt die Plattform in spezifischen Anwendungsfällen relevant. Doch die technologische Ausrichtung hat sich verändert: Containerisierung, DevOps-Mentalität und hybride Infrastrukturen fordern Flexibilität, Offenheit und Skalierbarkeit, die VMware nicht in allen Segmenten gleichermaßen bietet.
Für Unternehmen heißt das: Zeit, die Virtualisierungsstrategie kritisch zu hinterfragen, Alternativen zu prüfen und neue Technologiepfade zu beschreiten. VMware ist nicht tot – aber der Wettbewerb hat aufgeholt. Wer heute investiert, sollte die Zukunft mitdenken.
Was denken Sie? Nutzen Sie noch VMware oder setzen Sie bereits auf Container und Open-Source-Alternativen? Teilen Sie Ihre Erfahrungen und Meinungen in den Kommentaren oder diskutieren Sie mit unserer Tech-Community!