Webdesign & UX

Design ohne UX-Team? So gelingt der Prozess mit Designprinzipien

Ein dynamisches, lichtdurchflutetes Kreativbüro, in dem ein kleines, fokussiertes Team in entspannter Atmosphäre an Designentwürfen arbeitet, dabei mit Skizzen und Notizen interagiert und durch gemeinsame Prinzipien sichtbar miteinander verbunden ist – lebendig, freundlich und voller produktiver Wärme.

Gutes Design ist kein Zufallsprodukt – vor allem nicht in kleinen, agilen Teams ohne dediziertes UX-Team. Wie kann trotzdem eine konsistente, nutzerzentrierte Nutzererfahrung entstehen? Die Antwort liegt in klar formulierten Designprinzipien, die als Kompass durch den gesamten Designprozess dienen.

Warum Designprinzipien gerade für kleine Teams essenziell sind

Designprinzipien sind vereinfacht gesagt Leitsätze, die Entscheidungen im Designprozess strategisch lenken. In großen Organisationen werden sie vom UX-Team entwickelt und gepflegt – doch was tun, wenn ein solches Team fehlt?

Besonders kleine und mittlere Unternehmen (KMU), Start-ups und Agenturen mit agilen Methoden stehen vor der Herausforderung, Designentscheidungen schnell treffen zu müssen, ohne dabei Inkonsistenzen zu riskieren oder den Nutzer aus dem Blick zu verlieren. Hier helfen Designprinzipien, weil sie als kollektiver Orientierungsrahmen fungieren.

Laut einer Google UX-Studie von 2023 steigern konsistente UX-Standards die Nutzerzufriedenheit um durchschnittlich 23 %, gemessen anhand von Verweildauer, Task Completion Rate und Customer Satisfaction Score (CSAT). Designprinzipien sind damit nicht nur theoretische Richtlinien, sondern messbar wirksam.

Was sind gute Designprinzipien?

Effektive Designprinzipien sind klar, handlungsleitend und praxistauglich. Sie unterscheiden sich von allgemeinen „Designwerten“ durch ihre Anwendbarkeit im Alltag. Ein gutes Beispiel liefert das Team von Gov.uk, das Designprinzipien wie „Do the hard work to make it simple“ oder „Build digital services, not websites“ formuliert hat. Diese Sätze dienen als Prüfmechanismus: Unterstützt der aktuelle Entwurf dieses Prinzip?

Ein weiteres Beispiel liefert Airbnb. Deren Prinzipien – wie etwa „Be consistent, not uniform“ – halfen dem Team, trotz rasanter Skalierung eine kohärente Markenerfahrung sicherzustellen.

Der Prozess: So entwickelt man eigene Designprinzipien

Auch kleine Teams können Designprinzipien entwickeln – der Schlüssel liegt in einem strukturierten, partizipativen Prozess. Dieser besteht aus fünf Schritten:

  • Analyse bestehender UX-Projekte: Was hat in der Vergangenheit funktioniert? Welche Lösungen kamen bei Nutzern gut an?
  • Stakeholder-Interviews: Produktmanagement, Entwickler:innen und Supportteams einbeziehen, um realistische Perspektiven zu integrieren.
  • Gruppenbasierte Herleitung von Prinzipien: Ideen clustern, priorisieren und erste Formulierungen diskutieren.
  • Pilotformulierung und Tests: Die Prinzipien an echten Designentscheidungen testen („Würde dieses Prinzip helfen, Entscheidung X zu treffen?“)
  • Verankerung und Sichtbarkeit: Die finalen Designprinzipien im Team sichtbar machen über Miro-Boards, Slack-Reminders und Projektbriefings.

Dieser Prozess baut Brücken im Team, schafft gemeinsame Sprache und entlastet besonders in Phasen hoher Geschwindigkeit.

Praktische Anwendung im Alltag kleiner Teams

Designprinzipien entfalten ihre Kraft in der Anwendung. Insbesondere in agilen Sprints oder bei der Entwicklung von MVPs helfen sie dabei, ein „Minimum Viable Experience“-Level zu halten. Einige konkrete Einsatzszenarien:

  • Review-Meetings: Designvorschläge werden entlang der Prinzipien reflektiert – so entstehen fundierte Entscheidungen statt subjektiver Diskussionen.
  • Priorisierung von Features: Prinzipien wie „Focus on the core user need“ helfen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.
  • Kommunikation an Externe: Agenturen oder Freelancer können sich an den Designprinzipien orientieren, was Einarbeitung und Qualität fördert.

Wie eine interne UX-Regelwerk-Wikiseite ermöglichen klar dokumentierte Prinzipien zudem Einheitlichkeit über verschiedene Produkte oder Plattformen hinweg – ein typisches Problem wachsender Organisationen.

Eine McKinsey-Studie von 2023 zeigt, dass Unternehmen mit klaren UX-Governance-Strukturen – dazu zählen auch Designprinzipien – eine um bis zu 32 % höhere Nutzerbindung verzeichnen.

Design ohne UX-Team: Case Studies & Best Practices

Viele Tech-Start-ups arbeiten bewusst ohne klassisches UX-Team und zeigen dennoch herausragende Ergebnisse. Ein Beispiel ist das Berliner Fintech Nuri, das seine Designprinzipien komplett bottom-up entwickelt hat. Das Prinzip „Empower through simplicity“ leitete bewusst datengetriebene Entscheidungen bei der UI-Reduktion – messbar durch eine 15 % schnellere Onboarding-Zeit nach Einführung der überarbeiteten App.

Ein weiteres Beispiel ist das norwegische SaaS-Unternehmen Tjenestetorget, das interne Designprinzipien wie „Don’t design around edge-cases“ einführte. Diese halfen insbesondere Entwickler:innen und PMs, bei der UI-Umstellung von Desktop-first zu Mobile-first eine klare Linie zu verfolgen – trotz fehlender UX-Spezialist:innen.

Drei kompakte Tipps für kleine Teams ohne UX-Abteilung

  • Prinzipien sichtbar verankern: Ob als Poster im Büro, in Slack als Bot-Erinnerung oder als Teil des PRD – Sichtbarkeit erhöht Umsetzung.
  • Designentscheidungen dokumentieren: Entscheidungslogik anhand der Prinzipien festhalten – hilfreich bei Übergaben oder Retrospektiven.
  • Regelmäßige Prinzipien-Reviews: Alle 3–6 Monate prüfen, ob Prinzipien noch zu Produkt und Nutzer:innen passen – Anpassungsfähigkeit ist zentral.

Von Prinzipien zu Praxis – und wieder zurück

Designprinzipien sind keine statischen Dogmen. Sie leben durch Anwendung, Reflexion und Anpassung. Besonders agile Teams ohne UX-Ressourcen profitieren davon, weil sie damit ein starkes Fundament für konsistentes Nutzererlebnis schaffen – auch unter Zeitdruck und wachsender Produktkomplexität.

In der Community liegt enormes Potenzial: Welche Prinzipien haben sich in deiner Arbeit bewährt? Tausche dich mit anderen Teams aus, teile deine Erfahrungen – und lass Design zu einer echten Teamleistung werden.

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