Holz scheint auf den ersten Blick ein ungewöhnliches Material für Hochleistungsrechenzentren zu sein – doch Meta beweist derzeit das Gegenteil. Mit einem innovativen Ansatz zur Nutzung holzbasierter Hybridmaterialien will das Technologieunternehmen nicht nur neue Maßstäbe im Bauwesen setzen, sondern auch die Klimaziele bis 2030 vorantreiben. Eine neue Ära nachhaltiger IT-Infrastrukturen beginnt.
Meta und die nachhaltige Rechenzentrumsstrategie
Rechenzentren sind das Rückgrat der digitalen Gesellschaft – aber auch echte Energie- und Ressourcenfresser: Laut der International Energy Agency (IEA) verbrauchten Rechenzentren und ihre zugehörige Infrastruktur im Jahr 2022 rund 460 Terawattstunden (TWh) weltweit – Tendenz steigend. Angesichts dieser Zahlen nimmt die Bedeutung nachhaltiger Bau- und Betriebsweisen zu.
Meta (ehemals Facebook) investiert seit Jahren in grüne Infrastruktur und verfolgt das Ziel, bis 2030 vollständige Netto-Null-Emissionen in seinem gesamten Wertschöpfungsnetz zu erreichen. Ein zentraler Bestandteil dieser Strategie: die Entwicklung und Pilotierung holzbasierter Baumethoden für Rechen- und Büroinfrastrukturen. Die Idee dahinter ist einfach und doch revolutionär – durch die Nutzung von Massivholz und sogenannten Brettsperrholz-Komponenten (Cross-Laminated Timber, CLT) will Meta den CO₂-Fußabdruck seiner Neubauten signifikant senken.
Holz statt Beton: Warum CLT die Bauweise verändert
Brettsperrholz gilt schon heute als ein Schlüsselelement für emissionsarmen Hochbau: Es ist leichter als Beton, benötigt bei der Verarbeitung deutlich weniger Energie und speichert gebundenes CO₂ über lange Zeit. Zudem weist es hohe Tragfähigkeiten auf und eignet sich in Kombination mit intelligentem Design sogar für mehrstöckige Gebäude mit IT-Infrastruktur.
Meta arbeitet hierfür mit renommierten Forschungseinrichtungen und Bauunternehmen in Nordamerika und Europa zusammen, um hybride Tragwerksmodelle zu entwickeln. Diese kombinieren tragende Holzkerne mit Verstärkungselementen aus Stahl oder Carbonfaser – unter anderem zur Erhöhung der Brandschutz- und Erdbebensicherheit.
Claire Stack, Director of Sustainability bei Meta Building & Data Infrastructure, betont in einem aktuellen TechPaper: „Durch die Kombination aus digitalem Design, nachhaltigen Materialien und lokaler Vorfertigung schaffen wir Bauwerke mit bis zu 40 % weniger Emissionen im Vergleich zu herkömmlichen Rechenzentren.“
Case Study: Metas Pilotprojekt in Menlo Park
Ein Pilotprojekt in Metas Headquarters in Menlo Park, Kalifornien, zeigt bereits erste greifbare Erfolge: Das neue, 12.000 m² große Bürogebäude aus verstärktem Brettschichtholz wurde Mitte 2024 fertiggestellt und dient gleichzeitig als Testumgebung für zukünftige Rechenzentrumsmodelle. Laut den Architekturpartnern von WRNS Studio konnte durch die Umsetzung in Holzbauweise eine Einsparung von rund 4.500 Tonnen CO₂-Äquivalenten erzielt werden – das entspricht den jährlichen Emissionen von mehr als 950 PKWs.
Das Team testet hier unter realen Bedingungen verschiedene Systeme für Kühlung, Kabelmanagement und modulare Serverracks – abgestimmt auf die Eigenschaften des neuen Materials. Erste Ergebnisse zeigen, dass die Wärmeverteilung in Holzstrukturen sogar effizientere Kühlstrategien ermöglichen kann, da Feuchtigkeitsmanagement und Wärmepufferung verbessert werden.
Ökologische Vorteile: CO₂-Speicherung und Materialökonomie
Laut Zahlen von WoodWorks USA speichert ein Kubikmeter CLT durchschnittlich knapp eine Tonne CO₂. Wenn man bedenkt, dass moderne Rechenzentren schnell mehrere tausend Kubikmeter an Konstruktionsvolumen umfassen, eröffnet das erhebliche Klimapotenziale. Meta kalkuliert, dass ein vollständig aus Holz hybrisiertes Rechenzentrum – abhängig von Größe und Konfiguration – zwischen 20.000 und 65.000 Tonnen CO₂ während der Lebenszeit einsparen kann.
Zusätzlich lassen sich Produktionsreste oft erneut verwenden, modular verarbeiten oder sogar kompostieren – ein Pluspunkt auch für die spätere Rückbauphase. Der Einsatz in Rechenzentren ist insbesondere deshalb sinnvoll, weil hier in der Regel eine klare Netzstruktur und statische Belastungslinien vorherrschen, die sich gut für standardisierte Holzmodule eignen.
Herausforderungen und technische Hürden
Trotz der ökologischen Potenziale bleibt der Weg zur Massentauglichkeit anspruchsvoll. Eine der größten Hürden ist die Gewährleistung umfassender Brandschutzstandards für betriebskritische Infrastruktur. Zwar zeigen Studien (u. a. von der Universität Graz), dass dicke CLT-Elemente im Brandfall verkohlen statt durchzuflammen – trotzdem erfordert dies spezielle Planung, Materialien und Genehmigungsprozesse.
Ebenso stellen elektromagnetische Abschirmung und Schallschutz zusätzliche Herausforderungen dar, die mit kreativen Architektur- und Techniklösungen – etwa integrierten Metallfolien oder schwimmenden Doppelböden – gelöst werden müssen.
Ein weiteres offenes Thema: die Skalierung. Bisher sind die meisten CLT-Produzenten auf den Wohn- und Gewerbebau ausgelegt. Die Nachfrage nach großformatigen Elementen für Datacenter-Bauwerke wird in den kommenden Jahren drastisch steigen – eine Entwicklung, die auch die Lieferkette und Preisstruktur beeinflussen dürfte.
Meta als Vorreiterrolle im Green IT-Bauwesen
Mit dem Bau holzbasierter Rechenzentren positioniert sich Meta einmal mehr als Vorreiter im Bereich nachhaltiger Digitalisierung – und könnte damit auch Standards für zukünftige Industriepraktiken setzen. Bereits heute lassen sich Parallelen zur Entwicklung unternehmenseigener Energiesysteme beobachten: Meta setzt seit 2020 ausschließlich auf erneuerbare Energien für seine Rechenzentren und betreibt inzwischen über 10 Gigawatt installierte Solar- und Windkraft, so der Nachhaltigkeitsbericht 2024.
Gleichzeitig hat Meta konkrete Richtlinien für eine kreislauffähige Materialwirtschaft bei Neubauten veröffentlicht. Bauprojekte müssen künftig einen sogenannten „Embodied Carbon Report“ vorlegen, der gesamte Emissionen aus Ressourcen, Transport, Herstellung und Lebenszyklus analysiert. Holzbasierte Systeme schneiden in diesen Prüfungen regelmäßig besser ab als klassische Stahlskelett- oder Betonlösungen.
Wenn der Menlo-Park-Pilot weiterhin erfolgreich ist, plant Meta ab 2026 die Umsetzung größerer holzbasierter Rechenzentren in Irland, Schweden und North Carolina.
Tipps für nachhaltiges Bauen mit Holz in der IT-Infrastruktur
- Setzen Sie frühzeitig auf integrierte Planungsteams (Architekten, Tragwerksplaner, IT-Infrastruktur), um Material, Technik und Nutzung optimal abzustimmen.
- Wählen Sie zertifizierte CLT-Produkte mit Herkunftsnachweis und bevorzugen Sie regionale Lieferketten, um Transportemissionen zu reduzieren.
- Nutzen Sie digitale Entwurfsverfahren (Building Information Modeling, Life Cycle Analysis), um die CO₂-Intensität des gesamten Bauwerks transparent zu modellieren und zu optimieren.
Der globale Ausblick: Holz als Baustandard für Rechenzentren?
Obwohl Meta derzeit branchenführend ist, interessieren sich auch andere Tech-Konzerne für holzbasierte Infrastruktur. Microsoft testet laut einer internen Bauprojektskizze 2024 erste CLT-Einheiten für Azure-Edge-Rechenzentren in Washington State. Zugleich richtet sich der Blick auf neue Normierungen: Die European Committee for Standardization (CEN) arbeitet aktuell an einer erweitert gültigen Norm EN 16351:2025, die auch Rechenzentrumslasten abdecken soll.
Holz gewinnt damit in der Tech-Welt zunehmend strategische Bedeutung – insbesondere, wenn Nachhaltigkeit kein Schlagwort mehr, sondern definierter Erfolgsfaktor in Unternehmenskennzahlen wird. Investoren achten verstärkt auf ESG-konforme Bauweise und Betriebsführung. Die Voraussetzung: Innovation, wie sie Meta aktuell vormacht.
Der Anfang einer Bau-Revolution?
Die Entscheidung für Holz bei der Errichtung kritischer digitaler Infrastruktur wirkt wie ein radikaler Bruch mit jahrzehntealten Bauprinzipien. Doch die positiven ökologischen Auswirkungen, verbunden mit technologischer Innovationskraft, könnten neue Standards schaffen. Meta beweist mit konkreten Pilotprojekten, dass Nachhaltigkeit und Hochtechnologie kein Widerspruch sein müssen.
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