Künstliche Intelligenz

Agentic AI: Warum so viele Projekte scheitern

Ein sonnendurchflutetes modernes Büro zeigt konzentrierte Fachleute in lebendiger Teamarbeit vor großen Bildschirmen mit komplexen Diagrammen, die gemeinsam fokussiert an innovativen KI-Projekten feilen – eine warme, realistische Momentaufnahme technischer Dynamik und menschlicher Kooperation in einem hellen, klar strukturierten Umfeld.

Agentic AI gilt als vielversprechender Katalysator des nächsten KI-Zeitalters. Doch während Investments und Erwartungen steigen, zeigt sich eine ernüchternde Realität: Ein Großteil der Projekte scheitert frühzeitig. Warum ist das so – und wie lässt sich das verhindern?

Was ist Agentic AI – und warum ist das Konzept so verlockend?

Der Begriff „Agentic AI“ beschreibt KI-Systeme, die nicht nur Informationen verarbeiten, sondern aktiv Aufgaben planen, priorisieren und ausführen – autonom und kontextsensitiv. Anders als traditionelle KI-Modelle, die auf Input reagieren, können Agentic-Systeme Ziele selbstständig verfolgen und Zwischenziele ableiten. In der Praxis sollen sie Workflows automatisieren, Entscheidungen vorbereiten oder ganze Prozesse orchestrieren.

Beispiele für agentische KI sind personalisierte digitale Assistenten, autonome Software-Agenten für komplexe Geschäftsprozesse oder multi-agentenbasierte Systeme zur Optimierung logistischer Ketten. Der Schlüssel liegt darin, dass diese KI nicht passiv agiert, sondern aktiv „Agent“ ihres Zieles ist.

Gartner-Prognose: Mehrheit der Agentic-KI-Projekte wird bis 2027 eingestellt

Laut einer aktuellen Prognose des IT-Analystenhauses Gartner werden bis 2027 mehr als 70 Prozent aller kommerziellen Agentic-AI-Initiativen entweder zurückgefahren oder komplett eingestellt (Gartner, 2024). Hauptgründe seien neben technischen Hürden vor allem unrealistische Erwartungen, unerwartete Kostenentwicklungen und ungelöste ethische sowie regulatorische Fragen.

Ein zentrales Problem: Viele Unternehmen setzen auf Agentic-AI-Modelle, ohne das volle Ausmaß der erforderlichen Infrastruktur, des Datenmanagements und der regulatorischen Komplexität zu verstehen. Was als fortschrittliches Pilotprojekt beginnt, endet oft in gescheiterten Proof-of-Concepts oder Budgetkürzungen im zweiten Jahr.

Die häufigsten Ursachen für das Scheitern

Die Gründe hinter der hohen Quote gescheiterter Projekte sind vielfältig – aber sie lassen sich auf einige zentrale Muster zurückführen:

  • Explodierende Kosten: Anders als bei klassischen KI-Anwendungen erfordern Agentic-Systeme erheblich mehr Entwicklungszeit, Iteration und Ressourcen. Allein die Trainingskosten komplexer Agenten haben sich zwischen 2022 und 2024 im Schnitt vervierfacht (Quelle: McKinsey AI Pulse Report 2024).
  • Fehlende Kontextkompetenz: Agentic-KI muss nicht nur Aufgaben erkennen, sondern auch situativ reagieren – etwa Prioritäten ändern oder unerwartete Ereignisse antizipieren. Viele Systeme scheitern an dieser Flexibilität.
  • Unzureichende Datenqualität: Entscheidungen durch Agentic-AI beruhen auf feingranularem Kontextwissen. Schlechte, veraltete oder verzerrte Daten führen schnell zu Fehlentscheidungen der Agenten.
  • Regulatorische Unsicherheit: Die rechtliche Verantwortung autonom agierender KI ist in vielen Ländern nicht klar geregelt. Dies führt bei Unternehmen zu Projektstopp oder Risikovermeidung.
  • Ethische Debatten: Wer trägt die Verantwortung, wenn ein Agentic-System eigenständig handelt und Schaden anrichtet? Solche Fragen sind nicht abschließend geklärt – und verlangsamen großflächige Implementierungen.

Statistik: Realitätscheck für Agentic AI

Ein Blick auf aktuelle Zahlen zeigt, wie groß die Lücke zwischen Vision und Umsetzung ist:

  • Laut einer globalen Umfrage von Deloitte (2024) gaben 62 % der Unternehmen an, mindestens ein Agentic-AI-Projekt pausiert oder aufgegeben zu haben, weil die technische Umsetzung komplexer war als erwartet.
  • Der AI Adoption Report von O’Reilly (2024) zeigt, dass nur 18 % der befragten Unternehmen mit fortgeschrittenen KI-Pilotprojekten positive Geschäftsergebnisse in produktiven Agentic-Anwendungen erzielen konnten.

Praxisfall: Agentic AI im Einkauf – Risiken am Beispiel

Ein internationaler Handelskonzern testete 2023 die Einführung einer Agentic-AI im strategischen Einkauf. Ziel war es, eingehende Markttrends zu analysieren und eigenständig Bestellentscheidungen zu treffen. Nach sechs Monaten zeigten sich massive Abstimmungsprobleme: Das System agierte zu reaktiv, missachtete Vertragsgrenzen und verursachte Überbestellungen. Das Projekt wurde gestoppt – laut interner Analyse wurden „Agentenentscheidungen ohne ausreichende Kontextmodellierung“ getroffen.

Der Fall steht stellvertretend für viele Early-Adopter-Versuche in der Industrie, bei denen Agentic-Systeme nicht hinreichend getestet oder in komplexe unternehmerische Prozesse eingebettet waren.

Was wir von erfolgreichen Projekten lernen können

Während viele Projekte scheitern, zeigt eine zunehmende Zahl an Best Practices, wie Agentic-AI erfolgreich implementiert werden kann. Erfolgreiche Beispiele stammen oft aus eng abgegrenzten Domänen mit hohem Reifegrad beim Datenmanagement – etwa Predictive Maintenance in der Fertigung oder autonome Datencenter-Verwaltung. Diese drei Prinzipien haben sich bewährt:

  • Iteratives Vorgehen statt Visionärexperiment: Erfolgreiche Agentic-AI-Projekte starten mit klar definierten, eng begrenzten Use Cases – etwa die autonome Pflege von FAQs im Servicebereich oder das Scheduling interner Ressourcen.
  • Kontextfirst-Architekturen bevorzugen: Systeme sollten im Design auf kontextgetriebene Entscheidungsmodelle ausgerichtet werden – also nicht nur Input-Output-Logik, sondern auch situative Faktoren und learned memory.
  • Governance & Ethics by Design berücksichtigen: Schon beim Piloten sollten Unternehmen Ethikgremien einführen und regulatorische Audits simulieren. Nur so kann Vertrauen in die Agentenlogik entstehen – vor allem in regulierten Branchen.

Chancen 2025–2027: Reiferer Markt, bessere Tools

Trotz aller Skepsis ist das Potenzial von Agentic AI langfristig enorm. Analysten von Forrester und IDC prognostizieren für den Zeitraum 2025–2027 eine Konsolidierung der Anbieterlandschaft und eine stärkere Verbreitung standardisierter Agentic-Frameworks. Große Cloud- und KI-Plattformen wie OpenAI, Google DeepMind und Anthropic arbeiten bereits an modularen Toolkits, mit denen Unternehmen eigene Agenten trainieren können – etwa auf Basis von ReAct oder AutoGPT Frameworks.

Ein weiterer Treiber ist die Open-Source-Community: Projekte wie LangChain, CrewAI oder AutoGen ermöglichen heute schon erste produktionsreife Agentic-Anwendungen – etwa bei der Web-Automatisierung oder Research-Synthese.

Fazit: Realismus und Struktur statt Hype

Agentic AI markiert einen Meilenstein in der Weiterentwicklung autonomer Systeme – vorausgesetzt, sie wird verantwortungsbewusst geplant, technisch sauber implementiert und kontinuierlich evaluiert. Die hohe Scheiterquote ist kein Todesurteil, sondern ein Signal an die Community: Nur wer ambitionierte Ziele mit realistischer Umsetzung vereint, kann von der neuen KI-Generation profitieren.

Welche Erfahrungen haben Sie mit Agentic AI gesammelt? Haben Sie bereits erste Projekte gestartet oder Herausforderungen gemeistert? Diskutieren Sie mit uns in den Kommentaren oder teilen Sie Ihre Erkenntnisse auf LinkedIn unter dem Hashtag #AgenticAI.

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