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Mehr Rechenleistung für Kinderkrebsforschung: Wie das Kitz von neuen Datenbanklösungen profitiert

In einem hell erleuchteten, modernen Labor strahlt ein Team von Forscherinnen und Forschern in freundlicher, konzentrierter Atmosphäre, während sie an Bildschirmen mit komplexen Datenströmen arbeiten und so Hoffnung und Fortschritt in der Kinderkrebsforschung visualisieren.

Medizinische Innovationen erfordern immense Datenmengen – besonders in der Krebsforschung. Das Hopp-Kindertumorzentrum Heidelberg (Kitz) setzt seit Kurzem auf modernste Datenbank- und Infrastrukturlösungen, um große Mengen an Forschungsdaten effizienter auszuwerten. Die neuen Systeme leisten nicht nur einen Beitrag zur Therapieentwicklung, sondern beschleunigen auch die Translation von Laborerkenntnissen in die Klinik.

Rechenleistung trifft auf medizinische Notwendigkeit

Das Hopp-Kindertumorzentrum Heidelberg, kurz Kitz, gehört zu den führenden Einrichtungen in Europa für die Erforschung und Behandlung von Krebserkrankungen im Kindesalter. Die Institution, ein gemeinsames Vorhaben des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), des Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD) sowie der Hopp-Stiftung, verfolgt einen translationalen Forschungsansatz. Das bedeutet: Ergebnisse aus der Grundlagenforschung sollen zügig in klinisch anwendbare Therapien übertragen werden.

Ein elementarer Bestandteil dieser Arbeit ist der Umgang mit Massendaten. Immer neue Sequenziertechnologien und bildgebende Verfahren liefern Terabytes an informationsträchtigen Daten – von Genomdaten über Histologiebefunde bis hin zu klinischen Verläufen. Diese Daten sinnvoll zu strukturieren, zu analysieren und zugänglich zu machen, ist Voraussetzung für medizinischen Fortschritt. Genau hier setzt die neue IT-Infrastruktur des Kitz an.

Neue Datenbanklösungen für Hochdurchsatzdaten

Im Zentrum der technologischen Neuerung steht die Implementierung performanter, skalierbarer Datenbanksysteme auf Basis moderner Cloud- und On-Premises-Komponenten. Kitz nutzt nun unter anderem PostgreSQL in Kombination mit spezialisierten Data-Lake-Technologien wie Apache Iceberg und Delta Lake sowie Hochleistungs-Speicherlösungen von NetApp zur Langzeitarchivierung. Durch den Einsatz von Containerisierung und Kubernetes-Orchestrierung kann die Recheninfrastruktur flexibel an wechselnde Anforderungen angepasst werden.

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Integration semantischer Datenbanken wie Neo4j, die eine graphenbasierte Analyse komplexer biologischer Zusammenhänge ermöglichen, etwa zur Genregulation oder zum Wirkstoffmechanismus. Mittels moderner ETL-Prozesse (Extract, Transform, Load) wird gleichzeitig eine Brücke zwischen Klinik, Labor und IT geschlagen. Alle diese Komponenten werden durch ein zentrales Monitoring auf Basis von Prometheus und Grafana überwacht, um eine hohe Verfügbarkeit und Performance sicherzustellen.

Vorteile für Forschung und Therapieentwicklung

Die neuen Systeme zeigen bereits konkrete Wirkung: Analyseprozesse, die früher mehrere Tage benötigten, lassen sich heute innerhalb weniger Stunden durchführen. Durch eine verbesserte Datenvernetzung können Forscher:innen Tumorprofile detaillierter analysieren, personalisierte Therapieansätze gezielter entwickeln und Rückschlüsse auf Wirksamkeit und Nebenwirkungspotenziale neuer Medikamente ziehen.

Ein konkretes Beispiel ist die beschleunigte Auswertung von Single-Cell-RNA-Sequenzierungen. Frühere Bottlenecks im Datenimport und der strukturellen Indizierung wurden durch integrierte Pipelines und Indizierungstechniken wie GIN-Indexe in PostgreSQL eliminiert. Dies beschleunigt den Zugang zu zelltypspezifischen Expressionsdaten enorm – ein Vorteil beim Verständnis von Tumorheterogenität.

Parallel dazu sorgt die Einbettung in sichere und DSGVO-konforme IT-Strukturen für eine datenschutzgerechte Verarbeitung. Über hybride Cloudlösungen mit regionalen Hostingpartnern wird der datensensible Bereich medizinischer Informationen eigenständig verwaltet, während rechenintensive Prozesse auf skalierbare Cloudsysteme ausgelagert werden.

Technischer Ausbau im Kontext aktueller Anforderungen

Die Architektur ist explizit auf horizontale Skalierbarkeit ausgelegt: Neue Rechenknoten lassen sich ohne Unterbrechung anbinden, Batch- und Stream-Verarbeitung laufen parallel. Das DevOps-Team am Kitz setzt dabei stark auf Infrastructure as Code (IaC) mit Terraform und Ansible, um konsistente Systemstände zu gewährleisten. Die Kombination aus lokalem Hochleistungsrechenzentrum und externer, cloudbasierter Compute-Kapazität in Kooperation mit europäischen GAIA-X-kompatiblen Diensten erlaubt flexible Auslastungssteuerung bei stabilen Kosten.

Im Bereich der Analyseplattformen wurde insbesondere RStudio Server Pro und JupyterHub für die bioinformatische Verarbeitung nutzerfreundlich aufgesetzt. So greifen interdisziplinäre Teams aus Medizin, Bioinformatik und Datenwissenschaft auf eine abgestimmte Umgebung mit standardisierten Analysepipelines zu. Eine zentrale Benutzerverwaltung auf LDAP-Basis mit rollenbasierten Zugriffsrechten gewährleistet Datensicherheit zugleich mit hoher Usability.

Aktuelle Zahlen belegen die Notwendigkeit solcher Infrastrukturen:

  • Laut der Deutschen Krebshilfe erkranken jährlich etwa 2.200 Kinder in Deutschland neu an Krebs (Deutsche Krebshilfe).
  • Laut einer Studie im Fachmagazin Nature Medicine aus dem Jahr 2024 ermöglicht personalisierte Hochdurchsatz-Analyse bei pädiatrischen Tumoren eine durchschnittlich 37 % höhere Therapieerfolgsrate (Nature Medicine, 2024).

Diese Entwicklungen zeigen deutlich, wie wichtig leistungsfähige IT für die moderne Medizin ist.

Herausforderungen: Datenethik, Skalierbarkeit und Nachhaltigkeit

Bei aller technischer Raffinesse stellen ethische, regulatorische und ökologische Aspekte hohe Anforderungen an die IT-Landschaft. Der Betrieb großer Rechenzentren belastet Umweltressourcen – ein Punkt, den das KITZ adressiert durch den Einsatz stromsparender Serverkomponenten, Wärmerückgewinnung sowie die konsequente Nutzung zertifizierter Grünstromtarife.

Auch die Vereinbarkeit großer Datenmengen mit geltendem Datenschutzrecht ist eine Herausforderung. Das KITZ arbeitet daher mit dedizierten Datenschutzbeauftragten und Ethikkommissionen zusammen. Alle neuen Anwendungen durchlaufen eine Privacy Impact Assessment (PIA), bevor sie produktiv eingesetzt werden. Zudem setzt man auf Pseudonymisierungsverfahren und Zero-Knowledge-Tokenisierung, wo immer möglich.

Auch die langfristige Skalierbarkeit bleibt ein Thema. Neue Projekte wie multimodale Datenanalysen, z. B. durch die Verknüpfung von Bilddaten, Genomsequenzen und Therapieverläufen, werden in den kommenden Jahren exponentiell mehr Storage und Rechenleistung erfordern.

Drei Empfehlungen für IT-Teams in der medizinischen Forschung

  • Frühzeitige Einbindung klinischer und ethischer Anforderungen: Eine enge Abstimmung mit medizinischem Personal, Datenschutzbeauftragten und Ethikkommissionen verhindert spätere Umbaumaßnahmen.
  • Modular planen: Setzen Sie auf ausbaubare, offene Systemarchitekturen mit klaren Schnittstellen (APIs), die neue Anwendungen oder Datenquellen ohne Redesign integrieren können.
  • Monitoring konsequent etablieren: Permanente Überwachung auf Systemebene (CPU, RAM, IO) und Anwendungsebene hilft, Engpässe schnell zu identifizieren und auszuräumen.

Fazit: Datengestützte Medizin beginnt mit Infrastruktur

Die Initiative des Hopp-Kindertumorzentrums beweist eindrucksvoll, wie durchdachte IT-Infrastruktur medizinische Innovationen gezielt beschleunigen kann. Die Integration moderner Datenbanksysteme, semantischer Modelle und skalierbarer Analyseplattformen verkürzt nicht nur die Zeit bis zur Therapieentscheidung – sie ermöglicht auch einen wissenschaftlich fundierteren Blick auf hochkomplexe Krankheitsmuster. Damit rückt das Ziel einer individualisierten und effektivierten Krebsbehandlung bei Kindern ein gutes Stück näher.

Der Weg dahin erfordert jedoch nicht nur Technikaffinität, sondern auch Verantwortungsbewusstsein. Wir laden unsere Community daher ein, eigene Erfahrungen, Tools, Best Practices oder Herausforderungen im Bereich medizinischer Dateninfrastruktur im Forum zu teilen. Gestalten wir gemeinsam die Zukunft einer datengestützten Medizintechnologie mit menschlichem Maß.

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