Der Begriff „KI-gestützt“ steht derzeit in vielen Marketingkampagnen an prominenter Stelle. Doch aktuelle Studien zeigen: Dieses Label schreckt Konsumenten oft eher ab, als Vertrauen aufzubauen. Was steckt hinter dem Misstrauen – und wie können Unternehmen künstliche Intelligenz tatsächlich gewinnbringend im Marketing einsetzen?
KI im Marketing: Zwischen Innovationsversprechen und Skepsis
Künstliche Intelligenz (KI) ist zu einem der zentralen Innovationsmotoren moderner Marketingstrategien geworden. Ob personalisierte Inhalte, automatisierte Kundeninteraktion oder Vorhersage von Nutzerverhalten – Unternehmen setzen KI-Tools zunehmend ein, um Effizienz und Relevanz zu steigern. Laut einer McKinsey-Studie von 2024 nutzen 57 % der befragten Marketingverantwortlichen weltweit bereits KI in mindestens einem strategischen Bereich.
Diese technologische Entwicklung trifft jedoch auf ambivalente Kundenreaktionen. In einer repräsentativen Studie des Capgemini Research Institute (2023) gaben 52 % der Konsumenten an, Empfehlungen von „KI-gestützten Systemen“ prinzipiell weniger zu vertrauen als solchen von Menschen. Besonders kritisch wurde KI im Kontext sensibler Entscheidungen wie Finanzdienstleistungen, Gesundheit oder persönliche Kommunikation beurteilt.
Wieso das Label „KI-gestützt“ abschreckend wirken kann
Die Ursache für die ablehnende Haltung vieler Konsumenten liegt oft im Spannungsfeld zwischen technologischem Fortschritt und mangelndem Vertrauen. Zahlreiche Untersuchungen belegen, dass der bloße Hinweis auf den Einsatz von KI automatisiertes Handeln und fehlende menschliche Kontrolle suggerieren kann – selbst wenn die tatsächlichen Prozesse deutlich komplexer und kontrollierter sind. Eine Harvard Business Review-Analyse (2023) zeigte: Wenn Produkte oder Leistungen explizit mit dem Zusatz „KI-gestützt“ beworben wurden, sank die Kaufbereitschaft im Schnitt um 13 %, insbesondere bei technisch weniger versierten Zielgruppen.
Hinzu kommen ethische Bedenken: Die teilweise Intransparenz von KI-Algorithmen verstärkt bei Konsumenten das Gefühl mangelnder Kontrollierbarkeit. Begrifflichkeiten wie „Blackbox-KI“ oder „algorithmische Voreingenommenheit“ sind inzwischen in der breiten Öffentlichkeit angekommen und tragen zur Skepsis bei.
Zu viel Technikrhetorik – zu wenig Nutzerfokus
Viele Marketingverantwortliche überschätzen den positiven Effekt technologischer Begriffe. Das Label „KI-gestützt“ soll Modernität und Effizienz ausstrahlen, vernachlässigt aber häufig die emotionale Reaktion der Zielgruppen. Besonders problematisch ist dies, wenn der Zusatz keinen erkennbaren Mehrwert für den Nutzer kommuniziert. Das Ergebnis: Verunsicherung statt Vertrauen.
Ein klassisches Beispiel: Ein Online-Shop preist seine Empfehlungstechnologie als KI-basiert an – ohne zu erklären, was das für den Nutzer bedeutet. Statt Vertrauen aufzubauen, entsteht Skepsis: Werden meine Daten analysiert? Bin ich nur noch ein Profil?
KI im Marketing effektiv kommunizieren: Best Practices
Um KI erfolgreich in die Markenkommunikation zu integrieren, ist ein Perspektivwechsel notwendig: Weg vom technikzentrierten Ansatz, hin zur problemorientierten Nutzenargumentation. Die Technologie darf nicht im Vordergrund stehen – sondern die Verbesserung des Nutzererlebnisses.
Praxisbeispiele zeigen, dass eine differenzierte Kommunikation nicht nur erfolgreicher, sondern auch nachhaltiger ist. So nutzt Spotify maschinelles Lernen zur Erstellung personalisierter Playlists, hebt dabei jedoch nicht die Technologie hervor, sondern den emotionalen Mehrwert: „Entdecke Musik, die dich bewegt.“
Amazon wiederum verzichtet gänzlich auf werbliche Hinweise auf KI – obwohl personalisierte Produktempfehlungen und dynamisches Pricing zu den datengetriebensten Features der Plattform zählen.
Warum Transparenz nicht gleich Techniknennung bedeutet
Transparenz ist zweifellos entscheidend für den ethischen Einsatz von KI – das bedeutet jedoch nicht, dass jedes KI-Element explizit beworben werden muss. Viel wirksamer ist es oft, den funktionalen Mehrwert sprachlich zu vermitteln, ohne auf technologische Begriffe zurückzugreifen.
Studien belegen, dass Konsumenten Vertrauen aufbauen, wenn sie sich verstanden und individuell angesprochen fühlen – unabhängig davon, ob sie wissen, ob ein Algorithmus oder ein Mensch den Inhalt erstellt hat. Eine Gartner-Prognose (2024) schätzt sogar, dass Unternehmen, die sich auf personalisierte, aber technologie-abstrahierte Kommunikation konzentrieren, bis 2026 eine um 25 % höhere Kundenbindung erzielen als Unternehmen, die stark KI-zentrierte Botschaften vermitteln.
Wie Unternehmen KI im Marketing sinnvoll einsetzen können
Der erfolgreiche Einsatz von KI im Marketing erfordert ein balanciertes Zusammenspiel aus Technologie, Kommunikation und ethischer Verantwortung. Unternehmen sollten gewährleisten, dass KI-gestützte Prozesse nachvollziehbar, sicher und nutzerfreundlich sind – und ihre Kommunikation entsprechend gestalten.
- Nutzen vor Technik: Stellen Sie den konkreten Vorteil für den Kunden in den Vordergrund – z. B. Zeitersparnis, bessere Personalisierung oder mehr Relevanz.
- Feinfühlige Sprache: Vermeiden Sie technische Buzzwords („Deep Learning“, „NLP“, „Generative KI“), wenn diese keinen direkten Mehrwert transportieren.
- Transparent, aber zielgruppengerecht: Erklären Sie bei Bedarf nachvollziehbar, wie Daten verwendet werden – aber in einer Sprache, die zur Zielgruppe passt.
Zudem sollten Unternehmen intern evaluieren, wie ihre Zielgruppen technologischen Entwicklungen gegenüber eingestellt sind. Was für eine Digital-Native-Community selbstverständlich ist, kann bei weniger technikaffinen Kund:innen abschreckend wirken.
Fazit: Vertrauen gewinnt, wer Bedürfnisse versteht
Künstliche Intelligenz birgt enormes Potenzial für kreative und effiziente Marketingansätze – allerdings nur, wenn sie sinnvoll, verantwortungsvoll und empathisch eingesetzt wird. Statt KI als Selbstzweck zu kommunizieren, sollten Marken deren Nutzen für den Kunden in den Mittelpunkt stellen. So wird aus einem technologieorientierten Innovationsansatz eine echte Nutzererfahrung, die überzeugt.
Welche Erfahrungen haben Sie mit KI im Marketing gemacht – als Unternehmen oder Konsument:in? Diskutieren Sie mit uns in den Kommentaren und teilen Sie Ihre Perspektive!