Die Ära der klassischen Passwörter neigt sich ihrem Ende zu. Passkeys – als moderne, benutzerfreundliche und sichere Alternative – gewinnen rasant an Boden, insbesondere im Android-Ökosystem. Dieser Artikel liefert einen fundierten Leitfaden für Entwickler, die den technologischen Umbruch aktiv mitgestalten wollen.
Was sind Passkeys – und warum ersetzen sie Passwörter?
Passkeys sind kryptografisch gesicherte Schlüsselpaare, mit denen sich Nutzer ohne klassische Passworteingabe authentifizieren können. Sie basieren auf WebAuthn und FIDO2-Standards und ermöglichen gerätebasierte, phishing-resistente Authentifizierung. Anstelle eines gemeinsam genutzten Geheimnisses (wie bei Passwörtern) wird ein privater Schlüssel sicher auf dem Gerät gespeichert, während ein öffentlicher Schlüssel am Server hinterlegt wird.
Große Technologiekonzerne wie Google, Apple und Microsoft haben Passkeys bereits integriert. Seit Android 14 und Play Services 23.30.00 lassen sich Passkeys systemweit über den Credential Manager verwalten und plattformübergreifend per Synchronisation über Google Password Manager nutzen.
Vorteile von Passkeys gegenüber herkömmlichen Passwörtern
- Höhere Sicherheit: Passkeys sind phishing-resistent, da sie nur mit dem legitimen Ursprung funktionieren.
- Keine Wiederverwendung: Jeder Passkey ist einzigartig für einen spezifischen Dienst – das klassische Problem mehrfach genutzter Passwörter entfällt.
- Bessere UX: Passkeys ermöglichen eine reibungslose Anmeldung mittels Biometrie (Fingerprint oder Gesichtserkennung), Gerätesperre oder PIN – ganz ohne Eingabe langer Zeichenketten.
Laut Google haben bis Ende 2024 über 500 Millionen Accounts weltweit Passkeys aktiviert (Quelle: Google, Mai 2024). Gleichzeitig zeigen Daten von FIDO Alliance, dass 67 % der Nutzer Passkeys als bequemer empfinden als Passwörter (FIDO UX Research, April 2024).
Android und Passkeys: Technische Voraussetzungen
Google hat mit Android 14 und dem neuen Credential Manager API einen entscheidenden Schritt zur Harmonisierung der Authentifizierung getan. Der API vereint verschiedene Authentifikationsmethoden (Passwörter, OAuth, Passkeys) in einem einheitlichen Interface. Die Integration erfolgt über Jetpack-Bibliotheken und unterstützt sowohl native als auch WebView-Umgebungen.
Voraussetzungen für die Nutzung von Passkeys auf Android-Seite:
- Android 9 oder höher (für Credential Manager; volle Unterstützung ab Android 14)
- Aktuelle Version von Google Play Services (mindestens Version 23.30.00)
- Verwendung der Jetpack Credential Manager Bibliothek (androidx.credentials)
- Backend-Unterstützung für FIDO2/WebAuthn
Implementierung: So integrieren Android-Entwickler Passkeys in ihre App
Die Implementierung von Passkeys umfasst mehrere Schritte, beginnend bei der Backend-Unterstützung für FIDO2 über das Aushandeln von Public-Key-Credentials bis hin zur UI-Integration auf Android.
Auf Android-Seite läuft die Integration über den neuen Credential Manager ab Android 14. Dieser konsolidiert Passwort, OAuth und Passkey-Support über einheitliche APIs.
Wichtige Schritte zur Implementierung:
- Einrichten eines FIDO2-fähigen Backends mit Bibliotheken wie Yubico WebAuthn Server, Auth0 oder Firebase Authentication.
- Einbinden der Jetpack-Bibliothek androidx.credentials:credentials und Hinzufügen der CredentialManager-Abfrage in der Activity.
- Erstellen eines RegistrationFlows zur Generierung und Speicherung des Passkeys.
- Erstellen eines Sign-In-Flows über den BeginSignInRequest mit PasskeyRequestOption.
Google stellt eine umfassende Entwicklerdokumentation sowie ein offizielles Jetpack-Demo auf GitHub bereit (android-passkey-demo).
Herausforderungen bei der Migration bestehender Nutzer
Die Umstellung von klassischer Passwortauthentifizierung auf Passkeys wirft vor allem bei Bestandsnutzern technische und UX-Fragen auf. Wichtig ist ein gleitender Übergang – etwa mit parallelem Login via Passwort und Passkey sowie schrittweiser Ermutigung zur Migration.
Zu beachten sind dabei:
- Verknüpfung eines Passkeys mit einem bereits bestehenden Nutzerkonto
- Migrationsfluss mit Benutzerbestätigung und optionalem Backup-E-Mail oder 2FA
- Klare UX-Kommunikation: Wann lohnt sich Umstieg? Warum? Wie sicher ist er?
In einer von Deloitte 2024 durchgeführten Umfrage gaben 41 % der Unternehmen an, die Akzeptanzprobleme bei Nutzern als größte Hürde bei der Umstellung auf passwortlose Authentifizierung zu sehen (Quelle: Deloitte Cyber Survey Q1/2024).
Best Practices für Android-Entwickler
Die erfolgreiche Einführung von Passkeys in Android-Apps verlangt nicht nur technisches Know-how, sondern auch gutes UX-Design und Sicherheitsverständnis.
- Leite neue Nutzer initial direkt in einen Passkey-Anmeldeflow, statt eines klassischen Passwort-Dialogs.
- Nutze Hybrid Auth Flows (z. B. Silent Sign-In mit Passkey + Fallback auf Passwort), solange viele Nutzer noch keine Passkeys eingerichtet haben.
- Integriere klare erklärende Hinweise in der App, warum Passkeys sicherer und komfortabler sind – z. B. via Tooltips, Dialoge oder Hilfe-Sektionen.
Tools wie Google Credential Manager oder libraries wie PasskeyAuth (Open-Source Community) helfen bei der Integration über verschiedene Plattformen und vereinfachen Testing in Staging-Umgebungen.
Plattformübergreifende Synchronisation: Apple, Android und der Weg zur Interoperabilität
Ein großer Vorteil von Passkeys liegt in der geräteübergreifenden Nutzung. Apple verwendet hierfür iCloud Keychain, Google nutzt seinen Password Manager. Dank der FIDO2-Kompatibilität und Domain-Binding können Passkeys auf verschiedenen Geräten (auch über QR-Code oder Nearby Share) verwendet werden.
Seit Juni 2023 ermöglichen die FIDO-Standards Cross-Device-Enrollment und Recovery – etwa bei verlorenem Gerät. Allerdings gibt es hier noch Verbesserungspotenzial in puncto Interoperabilität, wie aktuelle Tests von Heise Security zeigen (Quelle: Heise, Sept. 2024).
Entwickler sollten deshalb stets:
- Plattformneutrale Schlüsselverwaltung und Recovery-Routinen implementieren
- Fallback-Mechanismen dokumentieren (z. B. 2FA via E-Mail oder Einmalcode)
- Mit Diensten wie Passkeys.dev oder WebAuthn.io testen, wie sich ein Passkey auf Browsern und Geräten unterschiedlicher Anbieter verhält
Fazit: Jetzt ist der richtige Zeitpunkt für den Umstieg
Passkeys sind nicht nur ein weiteres Authentifizierungsverfahren – sie markieren den Beginn einer neuen, passwortfreien Ära. Android bietet mit dem Credential Manager inzwischen eine einheitliche API, die den Umstieg auf Passkeys auch in hybriden Apps überschaubar macht.
Angesichts steigender Phishing-Angriffe, regulatorischer Anforderungen und wachsender Nutzerakzeptanz führt mittelfristig kaum ein Weg mehr an Passkeys vorbei.
Unser Rat an Android-Entwickler: Beginnt jetzt mit der Integration, testet in Pilotgruppen und beobachtet das Nutzerverhalten. Die Tools sind da – jetzt ist es an der Community, den Wandel mitzugestalten.
Welche Erfahrungen habt ihr bei der Implementierung von Passkeys gemacht? Tauscht euch mit uns in den Kommentaren oder im Entwicklerforum aus – wir sind gespannt auf eure Lösungen, Fragen und Learnings!