Künstliche Intelligenz

Halluzinationen in KI-Modellen: Unlösbares Problem?

Ein hell erleuchtetes, modernes Büro mit warmem Tageslicht, in dem eine diverse Gruppe von Fachleuten konzentriert und doch entspannt an Laptops und Tablets arbeitet, während im Hintergrund eine große Tafel mit komplexen Daten und Diagrammen eine Atmosphäre intensiver Forschung und technischer Innovation vermittelt.

Große Sprachmodelle wie GPT-5 beeindrucken mit ihrer Ausdruckskraft – doch hinter der Fassade verbirgt sich ein Problem, das selbst die fortschrittlichsten KI-Experten noch nicht umfassend lösen konnten: Halluzinationen. Falschinformationen, ausgedachte Quellen oder konstruierte Fakten stellen ein echtes Risiko dar – insbesondere in kritischen Einsatzbereichen. Wie entsteht dieses Phänomen, was unternimmt die Forschung dagegen und wie können Unternehmen damit umgehen?

Was sind Halluzinationen großer Sprachmodelle?

In der KI-Community bezeichnet eine „Halluzination“ den Fall, wenn ein Modell überzeugend wirkende, jedoch faktisch inkorrekte oder vollständig erfundene Inhalte liefert. Diese Falschaussagen reichen von ungenauen historischen Angaben über nicht existierende wissenschaftliche Paper bis hin zu frei erfundenen Zitaten angeblicher Experten.

Insbesondere generative Sprachmodelle wie OpenAIs GPT-5 oder Googles Gemini 2 haben trotz erheblicher Fortschritte in Skalierung und Architektur dieses Problem noch nicht vollständig in den Griff bekommen. Laut einem Bericht von Stanford CRFM (2024) geben GPT-4 und vergleichbare Systeme in über 10 % der responsiven Antworten auf fachliche Fragen zumindest teilweise halluzinierende Inhalte wieder.

Woher kommen die Halluzinationen?

Die Ursachen für Halluzinationen liegen tief in der Architektur und im Training großsprachiger Modelle begründet. Diese Modelle lernen, auf Basis gigantischer Textkorpora das statistisch wahrscheinlichste nächste Wort zu generieren – nicht das inhaltlich korrekte. Daraus ergibt sich eine inhärente Spannweite möglicher Ausgaben. OpenAI beschreibt in einem Technical Report zu GPT-5 (2025), dass auch der massive Einsatz menschlichen Feedbacks („RLHF“ – Reinforcement Learning from Human Feedback) Halluzinationen nicht vollständig eliminieren kann, da selbst menschliche Annotatoren Fehler machen, oder bei komplexen Inhalten die Faktenlage nicht validieren können.

Ein weiterer Faktor liegt in der unvollständigen oder veralteten Trainingsbasis. Selbst bei Zugriff auf Webdaten enden viele Datensätze einige Monate bis Jahre vor dem Modell-Release. In Echtzeitszenarien (z.B. News oder wissenschaftliche Entdeckungen) führen veraltete Daten daher leicht zu fehlerhaften Aussagen.

Aktuelle Versuche zur Reduktion des Problems

OpenAI, Anthropic, Google DeepMind und weitere führende Unternehmen arbeiten intensiv an der Minimierung dieser Halluzinationen. Die wichtigsten Ansätze im Überblick:

  • Retrieval-Augmented Generation (RAG): Sprachmodelle greifen beim Antworten auf eine externe, aktuelle Wissensdatenbank zu. Diese Technik soll faktische Genauigkeit steigern, z.B. durch Zugriff auf Suchergebnisse oder Unternehmensdokumente.
  • Chain-of-Thought Prompting: Durch explizite logische Zwischenschritte im Prompt wird das Modell angeleitet, den Denkprozess „nachzuvollziehen“. Studien zeigen, dass dies die Faktengenauigkeit um bis zu 20 % steigern kann (Google Research, 2023).
  • Systematische Faktchecking-Module: Meta AI entwickelt Modelle wie Toolformer, die eigenständig externe Tools (Rechner, Suchmaschinen) bei der Antwortgenerierung einbinden, um faktenbasiert zu agieren.

Laut dem AI Index Report 2024 (Stanford University) konnte durch solche Techniken die durchschnittliche Halluzinationsrate führender Modelle signifikant reduziert werden. GPT-4 verzeichnete nach RLHF-Feintuning und Integration von RAG eine korrekte Antwortquote von bis zu 86 % in standardisierten Benchmarks.

Wo werden Halluzinationen zum Risiko?

Je nach Anwendungsfall stellen Halluzinationen ein unterschiedliches Risiko dar. Während kreative Schreibanwendungen zum Teil bewusst mit Fiktion arbeiten, ist in anderen Bereichen höchste Faktentreue gefordert:

  • Juristische Anwendungen: In einem vielbeachteten Fall 2023 hat ein US-Anwalt ChatGPT genutzt, um sich bei einer Klageschrift auf erfundene Gerichtsurteile zu beziehen – ein folgenschwerer Fauxpas mit disziplinarischen Konsequenzen.
  • Wissenschaft und Medizin: KI-generierte Texte mit erfundenen Publikationen oder fehlerhaften Diagnosen bergen ernste Risiken für Forschung und Patienten – besonders wenn sie ungeprüft übernommen werden.
  • Unternehmenskommunikation: Halluzinierte Inhalte etwa in Präsentationen oder Kunden-KIs können Reputationsschäden oder rechtliche Folgen nach sich ziehen.

Eine aktuelle Umfrage von Gartner (2024) zeigte, dass 73 % der befragten Unternehmen die Frage nach Faktenkonsistenz als eines der Haupthemmnisse für LLM-Einsatz in Businessprozessen sehen.

Wie Nutzer:innen verantwortungsvoll mit LLMs arbeiten können

Angesichts des fortbestehenden Problems stellt sich die Frage: Wie kann man heute produktiv und sicher mit Sprachmodellen agieren – trotz Halluzinationen?

  • Verifizieren Sie Fakten – insbesondere bei daten- und faktenbezogenen Aufgaben sollten Modelleingaben und -ausgaben durch zuverlässige Quellen gegengeprüft werden.
  • Nutzen Sie Retrieval-basierte Systeme – wählen Sie Tools, die eine Anbindung an aktuelle Datenbanken oder Wissensquellen bieten, statt rein textbasiert zu arbeiten.
  • Verwenden Sie Modelle kontextabhängig – setzen Sie generative KIs dort ein, wo kreative oder sprachliche Stärke gefragt ist, nicht für kritische Entscheidungen ohne weitere Prüfung.

OpenAI bietet mit GPTs, also benutzerdefinierten GPT-Instanzen, mittlerweile auch Tools an, die gezielt mit unternehmensinternen Daten arbeiten. Dadurch lassen sich Antworten stärker kontrollieren oder einschränken.

Ausblick: Bleiben Halluzinationen ein strukturelles Problem?

Auch wenn Fortschritte sichtbar sind, zeichnet sich ab: Halluzinationen werden sich vermutlich nie vollständig eliminieren lassen. Dafür sind Sprachmodelle zu sehr auf statistischen Textvorhersagen aufgebaut. Aber: Sie lassen sich besser steuern, minimieren und – noch wichtiger – erkennen.

2025 liegt der Fokus vieler KI-Labs daher auf transparenten Ausgabeformaten (z.B. Zitationsketten), modularen Systemarchitekturen und der Integration klassischer Faktenprüfmechanismen. Auch regulatorisch wächst der Druck – etwa durch den EU AI Act und ähnliche Regelungen weltweit – verlässliche KI-Transparenz zu schaffen.

Fazit: Ein lösbares, aber nicht löschbares Problem

Halluzinationen sind derzeit kein vollständig lösbares, aber durchaus kontrollierbares Problem generativer Sprachmodelle. Mit steigender Rechenleistung, besseren Evaluierungsmethoden und gezieltem Prompting sinkt die Fehlerquote kontinuierlich. Dennoch bleibt die Verantwortung beim Nutzer – ob Entwickler, Unternehmer oder Content-Creator.

Welche Erfahrungen habt Ihr mit Halluzinationen in LLMs gemacht? Welche Tools oder Strategien verwendet Ihr zur Risikominimierung? Tauscht Euch mit uns und der Community aus – wir freuen uns auf Eure Beiträge!

Schreibe einen Kommentar