Webentwicklung

Warum der Monolith ein Comeback feiert

Ein strahlend helles, natürlich beleuchtetes Büro mit einem entspannten Team, das konzentriert an einem großen, modernen Bildschirm an klar strukturiertem Code arbeitet, während warme Sonnenstrahlen durch die Fenster fallen und eine freundliche, innovative Atmosphäre schaffen.

Micro-Frontends galten als die Antwort auf komplexe, nicht mehr skalierbare Frontend-Architekturen. Doch immer mehr Unternehmen setzen wieder auf monolithische Ansätze. Was steckt hinter diesem bemerkenswerten Wandel – und welche Lehren lassen sich daraus ziehen?

Vom Hype zum Realitätscheck: Die Micro-Frontend-Evolution

Vor einigen Jahren begannen viele Unternehmen, ihre Frontend-Architektur in kleinere, entkoppelte Einheiten zu zerlegen – den sogenannten Micro-Frontends. Inspiriert vom Prinzip der Microservices im Backend, sollte dieser Ansatz mehr Flexibilität, Skalierbarkeit und Team-Autonomie ermöglichen.

Ein prominentes Beispiel ist Zalando, das bereits 2016 Pionierarbeit mit Micro-Frontends leistete. Der Ansatz ermöglichte autonome Teams mit vollständiger Ownership über ihren Teil der Frontend-Anwendung.

Doch der Trend zeigt mittlerweile eine Gegenbewegung. Immer mehr Unternehmen berichten von unerwarteter Komplexität, erhöhtem Wartungsaufwand und fragmentierten Nutzererfahrungen bei der Arbeit mit Micro-Frontends.

Warum Monolithen heute wieder überzeugen

Wenn ein monolithischer Code auf den ersten Blick starr und schwer skalierbar wirkt, warum entscheiden sich immer mehr Teams dafür, zurückzukehren? Die Gründe liegen tiefer, als es zunächst scheint.

1. Weniger Overhead – mehr Fokus auf Business-Value

Micro-Frontend-Architekturen bringen eine Vielzahl an Herausforderungen mit sich: Jeder Micro-Frontend muss unabhängig deploybar, versionierbar und entkoppelt sein. Das führt zu komplexer Infrastruktur – inklusive eigenständiger CI/CD-Pipelines, Rollout-Prozessen und Server-rendering-Szenarien.

Laut einer Umfrage von JetBrains im „State of Developer Ecosystem 2024“ gaben 41 % der Entwickler an, dass die Integration multipler Micro-Frontends zu erhöhtem Build- und Deploy-Aufwand führt (Quelle: JetBrains 2024).

Monolithische Architekturen eliminieren viele dieser Schnittstellenprobleme. Durch weniger Infrastruktur-Ballast können sich Teams stärker auf den eigentlichen Produktausbau konzentrieren. Auch das Onboarding neuer Entwickler gestaltet sich hier oft einfacher.

2. Geringere Wartungskosten im Langzeitbetrieb

Ein häufig übersehener Aspekt bei Micro-Frontends ist die langfristige Pflege heterogener Technologie-Stacks. Wenn jedes Team eigene Frameworks, Libraries oder Routing-Strategien verwendet, entsteht technologische Fragmentierung.

Die Folge: Größere Aufwände bei der Versionspflege, Testing und Sicherheitsupgrades. Laut Datadog führen inkonsistente Tooling-Stacks über einen Zeitraum von 3–5 Jahren zu 30–60 % höheren Wartungskosten, verglichen mit monolithischen Frontends (Quelle: Datadog Q1 Infrastructure Trend Report 2024).

3. Konsistente User Experience als Wettbewerbsvorteil

Micro-Frontends laufen oft in separaten Contexts innerhalb einer Anwendung. Das birgt die Gefahr unterschiedlicher Performance-Werte, Styling-Abweichungen und UI-Inkonsistenzen.

Viele Unternehmen, darunter Spotify und eBay, berichten aus der Praxis von Schwierigkeiten bei der Angleichung von Design-Systemen in Micro-Frontend-Umgebungen. Ein konsistentes Look & Feel im Monolith entsteht naturgemäß einfacher – und das spüren die Nutzer.

Besonders in Märkten mit hohem Wettbewerb kann UI-Kohärenz ein entscheidender Erfolgsfaktor sein.

Expertenstimmen: „Es geht um Balance statt Dogma“

Martin Fowler, Softwarearchitektur-Vordenker, betont in einem aktuellen Interview zu Architekturstrategien: „Ein Monolith ist nicht per se schlecht. Es kommt auf die Modularität und die Umsicht der Teams an.“

Und Frontend-Architektin Cecilia Göhre (Otto Group) schreibt in ihrem Blogpost von 2024: „Wir haben viele Teile zurück in ein monolithisch strukturiertes Frontend überführt – einfach, weil es wartbarer war. Der zentrale Lerneffekt: Technologie darf niemals Selbstzweck sein.“

Wichtige Anwendungsfälle für Monolithen heute

Natürlich sind Monolithen keine Universallösung – doch sie gewinnen in bestimmten Szenarien wieder an Popularität:

  • Rapid Prototyping: Start-ups profitieren von schnellem Iterieren ohne Micro-Frontend-Overhead.
  • Inhouse-Business-Tools: Anwendungen mit klar definierten Nutzergruppen und überschaubaren Feature-Sets brauchen selten eine Micro-Architektur.
  • Design-zentrierte Anwendungen: Portale, bei denen Ästhetik und Konsistenz entscheidend sind, setzen verstärkt auf kontrollierte Monolithen.

Monolith != Monolith von gestern

Moderne Monolithen sind modular, sauber strukturiert und testgetrieben entwickelt. Sie nutzen häufig moderne Frameworks wie Next.js, Remix oder Astro mit integriertem Server-Side-Rendering und schlanker Architektur.

GitHub selbst baut große Teile seines Frontends als modularen Monolith in Rails, gestützt von Hotwire und Turbo-Streams. Auch Shopify hat seinen Stack vom Micro-Ansatz teilweise wieder konsolidiert, etwa für den Admin-Bereich.

Statt Micro-Frontend vs. Monolith müssen Teams heute die richtige Architektur entlang von fachlichen Grenzen, Teamauswahl und technischer Reife treffen.

Was bedeutet das für Web-Teams in der Praxis?

  • Technologie-Entscheidungen regelmäßig überprüfen: Statt langfristigen Dogmen sollten Teams ihre Architekturstrategie jährlich hinterfragen – entlang von Businesszielen, Developer Experience und Wartbarkeit.
  • Monolithen modular aufbauen: Ein Monolith kann durch klare Domain-Driven-Design-Grenzen skalierbar bleiben. Libraries wie Nx, Turborepo oder Module Federation (in einem Hybridansatz) helfen dabei.
  • Monitoring und DX im Blick behalten: Eine gute Developer Experience (DX) wirkt sich unmittelbar auf Produktivität und Codequalität aus. Tools wie Vite, Storybook und Playwright helfen auch im Monolith-Kontext.

SEO-relevante Rückkehr: Auch Google mag monolithisches HTML

Was häufig übersehen wird: Auch aus SEO-Perspektive kann ein gut aufgebauter Monolith Vorteile haben. Server-Rendered HTML, geringe Zahl an Dynamik-Fetzen und direkte Routenstruktur helfen Google beim Crawlen und Indexieren.

Eine Vergleichsstudie von Screaming Frog (2024) ergab, dass Websites mit konsistentem HTML-DOM-Austausch im Schnitt 12 % bessere Core Web Vitals-Werte aufwiesen als fragmentierte Micro-Frontend-Pages.

Fazit: Mehr Erfahrung führt zu reflektierteren Architekturentscheidungen

Der vermeintliche Rückschritt zum Monolith ist kein Scheitern des Micro-Frontend-Paradigmas – sondern Ausdruck gewachsener Reife. Die Branche hat gelernt, nicht jeder Hypetheorie blind zu folgen, sondern Architekturentscheidungen an realen Bedürfnissen auszurichten.

Das Comeback des Monolithen zeigt: Einfachheit, Wartbarkeit und Nutzerzentrierung gewinnen immer. Und oftmals sind monolithische Systeme der praktikabelste Weg dorthin.

Welche Erfahrung hast du mit monolithischen Systemen oder Micro-Frontends gemacht? Teile deinen Case mit der Community – wir freuen uns auf lebhafte Diskussionen!

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