Cloud oder On-Premise? Vor dieser strategischen Weichenstellung stehen Unternehmen aller Größen in einem zunehmend digitalen Wettbewerb. Während einige Organisationen auf Geschwindigkeit und Skalierbarkeit setzen, bevorzugen andere Kontrolle und Datensouveränität. Der Schlüssel liegt in einer fundierten Entscheidung – basierend auf technischer, wirtschaftlicher und regulatorischer Abwägung.
Cloud vs. On-Premise: Ein Überblick über zwei Welten
Cloud und On-Premise stehen für zwei grundsätzlich unterschiedliche Philosophien im IT-Infrastrukturmanagement. Bei On-Premise handelt es sich um IT-Systeme, die lokal im Rechenzentrum eines Unternehmens betrieben werden. Die Verantwortung für Wartung, Sicherheit und Verfügbarkeit liegt vollständig bei der internen IT. Im Gegensatz dazu werden Cloud-Services über externe Anbieter bereitgestellt: Ressourcen wie Speicher, Rechenleistung oder Software laufen in der Regel skalierbar, hochverfügbar und bedarfsgesteuert auf entfernten Servern.
Während traditionelle On-Premises-Infrastrukturen vor allem sicherheitsaffine Unternehmen mit hoher Kontrolle überzeugen, punkten Cloud-Lösungen mit Flexibilität, Aktualität und Skaleneffekten. In den letzten Jahren hat sich das Kräfteverhältnis dabei deutlich verschoben – nicht zuletzt durch Vorbilder wie Atlassian.
Atlassians strategischer Wechsel in die Cloud
Der australische Softwarehersteller Atlassian – bekannt durch Tools wie Jira, Confluence und Bitbucket – hat seine Infrastrukturstrategie bereits 2020 radikal verändert. Mit dem erklärten Ziel, vollständig Cloud-zentriert zu werden, stellte Atlassian 2021 den Verkauf neuer On-Premise-Server-Lizenzen ein und wird den Support für diese Variante Anfang 2024 vollständig einstellen.
Diese Entscheidung ist symptomatisch für den übergreifenden Branchentrend: Unternehmen sollen von einer agileren und innovativeren Cloud-Strategie profitieren. Laut Atlassians eigenen Angaben reduzierten Kunden durch den Wechsel in die Cloud ihre administrative IT-Belastung im Schnitt um 30%. Gleichzeitig stieg die Release-Geschwindigkeit vieler Teams durch automatisierte Updates und Continuous Delivery-Pipelines erheblich.
Dieser Paradigmenwechsel wirft jedoch auch Herausforderungen auf – nicht nur technologisch, sondern auch kulturell und organisatorisch.
Vorteile und Herausforderungen der Cloud
Die Vorteile von Cloud Computing liegen auf der Hand: Skalierbarkeit, Hochverfügbarkeit, Flexibilität und ein nutzungsbasiertes Preismodell. Unternehmen können neue Dienste in Minuten statt Wochen ausrollen. Besonders kleine und mittelständische Betriebe profitieren von der geringeren Einstiegshürde und niedrigeren Total Cost of Ownership (TCO).
Statistische Zahlen untermauern diesen Trend: Laut der Studie „Cloud Monitor 2024“ von Bitkom Research und KPMG setzen mittlerweile 86 % der Unternehmen in Deutschland auf Cloud-Lösungen – ein Anstieg von sieben Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr. Dabei greifen 34 % auf Public-Cloud-Services zurück, während 52 % ausschließlich oder zusätzlich Private-Cloud-Umgebungen nutzen.
Doch die Cloud bringt auch Risiken mit sich: Datenschutz und Compliance-Anforderungen nach DSGVO, Vendor Lock-In – also die Abhängigkeit von einzelnen Anbietern – und mögliche Ausfälle in der Internetanbindung bleiben reale Herausforderungen. Kritische Infrastrukturen wie Banken oder das Gesundheitswesen zögern daher mitunter, ihre Kernsysteme vollständig auszulagern.
On-Premise: Sicherheit, Kontrolle – und hohe Verantwortung
On-Premise-Systeme bieten Unternehmen volle Souveränität über ihre Daten, physische Sicherheit und die Möglichkeit, individuelle Anforderungen bis ins Detail umzusetzen. Besonders in regulierten Branchen oder dort, wo sensible Daten verarbeitet werden, bleibt der lokale Betrieb gefragt.
Laut einer aktuellen Umfrage von IDC Deutschland aus dem Jahr 2024 betreiben noch 41 % der deutschen Unternehmen ihre wichtigsten geschäftskritischen Workloads On-Premise. Das zeigt: Die Cloud ist kein Allheilmittel. In-Place Data Processing, vollständige Isolation von Drittsystemen oder extreme Latenzanforderungen können klare Argumente für das Beibehalten oder sogar Ausbauen lokaler Infrastrukturen sein.
Allerdings steigen mit dem Eigenbetrieb auch die Anforderungen an Fachpersonal, Investitionen in Hardware und die Compliance-Umsetzung. Gerade mittelständischen Unternehmen fällt es zunehmend schwer, mit der Geschwindigkeit externer Rechenzentren und Clouddienste mitzuhalten.
Entscheidungsfaktoren: Welche Lösung passt wann?
Ob Cloud oder On-Premise – in der Realität ist die Entscheidung oft weniger binär als angenommen. Viele Unternehmen verfolgen hybride Ansätze oder Bewegung entlang einer sogenannten Cloud Journey. Folgende Faktoren sollten strategisch abgewogen werden:
- Branchenspezifische Anforderungen: In stark regulierten Sektoren (z. B. Pharma, Finanzwesen) kann eine vollständige Cloud-Nutzung problematisch sein.
- IT-Budget und Skalierbarkeit: Cloud ermöglicht lineare Kosten bei wachsender Nutzung, während On-Premise durch hohe Fixkosten oft weniger flexibel ist.
- Sicherheitsbedenken: Wer höchste Kontrolle über Daten und Infrastruktur benötigt, trifft mit On-Premise eine sichere Wahl – sofern ausreichende Ressourcen für Wartung und Schutz vorhanden sind.
- Modernisierungsdruck: Bestehende Altlasten und „Legacy“-Software lassen sich oft leichter in internen Infrastrukturen integrieren. Für neue Anwendungen ist die Cloud jedoch meist besser geeignet.
Ein gut dokumentiertes Beispiel: Die Schweizer Versicherung Helvetia verfolgt seit 2023 einen hybriden Weg. Bestimmte sensible Kundendaten bleiben im Rechenzentrum in Zürich, während alle Frontends und nicht-sensitiven Komponenten in Azure Cloud migriert wurden. Die Verzahnung gelingt durch einen modernen Kubernetes-Orchestrierungsansatz.
Hybride und Multi-Cloud-Strategien auf dem Vormarsch
Angesichts der genannten Vor- und Nachteile setzen viele Unternehmen heute auf hybride oder Multi-Cloud-Architekturen. Hierbei werden verschiedene Betriebsmodelle kombiniert – etwa mit einer lokalen Infrastruktur für kritische Datenverarbeitung und einer Public Cloud für Web-Anwendungen oder Analyseplattformen.
Auch Multi-Cloud-Ansätze, bei denen Dienste von zwei oder mehr Anbietern wie AWS, Microsoft Azure und Google Cloud genutzt werden, ermöglichen höhere Ausfallsicherheit und geringere Abhängigkeit.
Besonders wichtig dabei: Governance, Datenklassifizierung und automatisierte Deployment-Prozesse, um komplexe Umgebungen skalierbar und sicher zu betreiben. Tools wie Terraform, ArgoCD oder HashiCorp Vault gewinnen in diesem Kontext zunehmend an Bedeutung.
Praktische Handlungsempfehlungen für Entscheider
Um die passende Infrastrukturstrategie erfolgreich zu definieren und umzusetzen, sollten Unternehmen folgende Best Practices beachten:
- Führen Sie eine umfassende Anforderungsanalyse durch – inklusive Compliance-Vorgaben, notwendigen Service Levels und Skalierbarkeitsbedarfen.
- Etablieren Sie klare Schnittstellen und Datenklassifizierungen für hybride Modelle, etwa durch Network Segmentation oder Data Fencing.
- Setzen Sie auf Automatisierung und Infrastructure-as-Code, um sowohl On-Premise- als auch Cloud-Komponenten konsistent zu verwalten.
Zusätzlich empfiehlt sich ein regelmäßiger Kostenabgleich beider Modelle über TCO-Kalkulationen sowie externe Audits zur Sicherheitsbewertung.
Fazit: Kein Entweder-oder, sondern ein strategisches Sowohl-als-auch
Die Entscheidung zwischen Cloud und On-Premise ist keine reine Kostenrechnung – sondern eine ganzheitliche Frage von Unternehmensstrategie, Compliance und Innovationskraft. Während Pioniere wie Atlassian die Cloud als Standard propagieren, bleibt für viele Organisationen eine hybride Infrastruktur die praktikabelste Lösung.
In einer Zeit rasanter Transformationen gilt es, Flexibilität mit Governance zu vereinen. Unternehmen, die ihr Infrastrukturmodell regelmäßig evaluieren und anpassen, sichern sich nicht nur Wettbewerbsfähigkeit – sondern auch ihre technologische Zukunftsfähigkeit.
Welche Strategie verfolgt Ihr Unternehmen? Diskutieren Sie mit unserer Community und teilen Sie Ihre Erfahrungen – wir freuen uns auf Ihren Beitrag!