Seit dem kometenhaften Aufstieg von Unternehmen wie Nvidia, Palantir oder C3.ai wird an den Börsen fieberhaft auf alles gesetzt, was „KI“ im Namen trägt. Doch sind die Bewertungen dieser Aktien noch realistisch – oder befinden wir uns bereits mitten in einer neuen Tech-Blase?
Ein ungebremster Höhenflug – mit Risiken
Die Euphorie rund um künstliche Intelligenz (KI) hat den Aktienmärkten in den letzten zwei Jahren neue Höhen beschert. Unternehmen wie Nvidia erlebten einen bemerkenswerten Anstieg: Die Aktie des GPU-Herstellers, der im Zentrum der KI-Revolution steht, legte zwischen Januar 2023 und Juli 2025 mehr als 400 % zu. Für viele Anleger ein Zeichen, dass KI das nächste große Ding ist – vergleichbar mit dem Internetboom der Jahrtausendwende. Doch genau diese Vergleiche sind es auch, die erste Warnsignale einer möglichen Blasenbildung senden.
Nach Zahlen des Analysehauses Statista lag die Marktkapitalisierung der zehn führenden US-KI-Unternehmen im August 2025 bei über 9,1 Billionen US-Dollar – mehr als das Doppelte der Bewertung ein Jahr zuvor. Parallel dazu zeigen Untersuchungen von Goldman Sachs, dass viele dieser Unternehmen trotz hoher Bewertungen weiterhin kaum Gewinne erzielen oder sogar Verluste schreiben.
Die Mechanismen der Blasenbildung
Blasen entstehen häufig, wenn technische Innovationen mit übersteigerten Zukunftserwartungen kombiniert werden. Die KI-Welle ist da keine Ausnahme. Ein treibender Faktor ist das sogenannte „Narrativ-Investing“: Investoren kaufen Aktien nicht wegen der Fundamentaldaten, sondern aufgrund der Geschichte, die hinter dem Unternehmen steht – etwa die Vorstellung, dass KI die Arbeitswelt disruptiert, den Fachkräftemangel kompensiert oder Millionen Arbeitsstunden einspart.
Hinzu kommen FOMO-getriebene Investitionsentscheidungen, befeuert durch Medienberichte und soziale Netzwerke. Plattformen wie Reddit oder TikTok zeigen ein deutlich zunehmendes Interesse junger Anleger an KI-Aktien – oft ohne ausreichendes Verständnis der Unternehmenskennzahlen. Einzelne Titel wie SoundHound oder BigBear.ai verzeichneten 2024 Kursgewinne von über 300 %, obwohl sie über kein tragfähiges Geschäftsmodell verfügen.
Ein Blick zurück: Parallelen zur Dotcom-Blase
Die Parallelen zur Dotcom-Blase sind frappierend. Auch damals – um das Jahr 2000 – flossen Milliarden Dollar in Internet-Start-ups ohne nachgewiesene Einnahmen. Die Kurse schossen in die Höhe, bevor sie krachend einbrachen. Laut einer Analyse der Bank of America (Juli 2025) sind die Bewertungskennzahlen vieler KI-Unternehmen heute sogar deutlich höher als vergleichbare Dotcom-Werte vor dem Crash.
So lag das durchschnittliche Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV) der 20 größten KI-Aktien im Juni 2025 bei über 27 – deutlich über der historischen Dotcom-Spitze (KUV 19 im Jahr 1999). Die Gefahr eines Rückschlags ist also real und nicht nur theoretisch.
Crash oder Marktbereinigung? Drei mögliche Szenarien
Die Frage ist daher nicht nur, ob es zu einem Crash kommt – sondern wie dieser ablaufen könnte. Experten wie Jeremy Grantham, Mitgründer des Investmenthauses GMO, sehen eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine „bedeutende Korrektur“, die insbesondere spekulativ bewertete Kleinkapitalisierungen betreffen wird. Drei mögliche Szenarien zeichnen sich ab:
- Sanfte Marktbereinigung: Überbewertete Titel verlieren langsam an Boden. Unternehmen mit Substanz bleiben stabil, während Hype-Aktien aus dem Fokus rücken.
- Plötzlicher Crash: Ein zentrales Ereignis – etwa enttäuschende Quartalszahlen oder negative Regulierungsentscheidungen – löst eine Verkaufswelle aus, die den gesamten Tech-Sektor trifft.
- Transformation statt Blase: Der Markt differenziert zunehmend zwischen echten KI-Innovatoren und hohen Erwartungen. Die Bewertungen normalisieren sich organisch, ohne massiven Abschwung.
Obwohl ein vollständiger Crash nicht unausweichlich ist, mahnen viele Analysten zur Vorsicht – darunter auch Cathie Wood (ARK Invest), die zwar vom langfristigen Potenzial überzeugt ist, aber aktuell eine Überhitzung beobachtet.
Langfristige Perspektiven für KI-Investments
Trotz aller kurzfristigen Risiken spricht vieles für das langfristige Potenzial von künstlicher Intelligenz. PwC schätzt, dass KI-Anwendungen bis 2030 weltweit einen Wirtschaftszuwachs von rund 15,7 Billionen US-Dollar generieren könnten. Dieser Wert verteilt sich jedoch nicht linear auf alle Akteure – nur ein Bruchteil der heutigen KI-Unternehmen wird langfristig erfolgreich sein.
Große Technologiekonzerne mit solider Infrastruktur, Forschungsressourcen und Rechenkapazität – darunter Alphabet, Microsoft oder Amazon – dürften am ehesten von dieser Entwicklung profitieren. Start-ups, deren Geschäftsmodelle rein auf Visionen und hochgerechneten Nutzerzahlen basieren, sind hingegen deutlich gefährdeter.
Expertentipps: Wie Anleger jetzt reagieren sollten
Vor dem Hintergrund überzogener Erwartungen und volatiler Kurse sind fundierte Entscheidungen für Anleger essenziell. Wer jetzt investieren oder seine Positionen überprüfen möchte, sollte folgende Ratschläge beherzigen:
- Substanz prüfen: Setzen Sie auf Unternehmen mit klar nachvollziehbaren Umsätzen, echten Kundenbeziehungen und Technologien mit Marktreife.
- Diversifikation ernster nehmen: Bauen Sie keine Positionen nur auf ein oder zwei KI-Titel. Streuen Sie Risiken über verschiedene Branchen und Technologiefelder.
- Emotionen kontrollieren: Lassen Sie sich nicht von kurzfristiger Panik oder Euphorie leiten. Langfristige Visionen brauchen auch Geduld.
Zudem sollten Anleger aktuelle Marktberichte und Quartalszahlen intensiv prüfen: Wie entwickelt sich der Cashflow? Gibt es konkrete Anwendungsfälle und Referenzkunden? Wie abhängig ist das Geschäftsmodell von kurzfristigen Trends wie generativer KI?
Fazit: Zwischen Überhitzung und echter Wachstumsdynamik
Die rasante Kursentwicklung vieler KI-Aktien erinnert an historische Blasen – doch nicht alles ist Hype. Die zugrunde liegende Technologie hat das Potenzial, Wirtschaft und Gesellschaft grundlegend zu verändern. Dennoch sollte zwischen substanzlosen Spekulationen und echten Innovationstreibern differenziert werden.
Denn ebenso wie viele Dotcom-Unternehmen im Jahr 2000 untergingen und andere – wie Amazon und Google – langfristig zu Giganten wurden, wird auch die KI-Branche Gewinner und Verlierer hervorbringen. In dieser Transformationsphase ist nüchternes Urteilsvermögen gefragt.
Teile Deine Einschätzung mit uns: Welche KI-Aktien hältst Du für überbewertet – und welche könnten die Gewinner der nächsten Dekade sein? Diskutiere mit uns in den Kommentaren oder auf unseren Social-Media-Kanälen.




