Tech & Trends

Der aktuelle Forschungsstand zu photonischen Quantenrechnern

Ein heller, freundlicher Laborraum mit modernem photonischen Quantencomputersystem aus siliziumbasierten Mikrochips und optischen Fasern, in dem Forscherin im weißen Kittel konzentriert an einem leuchtenden, detailreichen Experiment mit sanft strahlenden Lichtquanten arbeitet, umgeben von natürlichem Tageslicht und edlem, warmem Holzmöbel-Ambiente.

Photonische Quantenrechner gelten als vielversprechender Ansatz, um die Grenzen klassischer Hochleistungsrechner zu durchbrechen. Neue Fortschritte in Forschung und Entwicklung treiben diese Technologie rasant voran – doch wie weit ist sie tatsächlich? Dieser Artikel beleuchtet den aktuellen Stand, weltweit führende Projekte und die Perspektiven eines künftigen Marktes für photonische Quantenrechner.

Was sind photonische Quantenrechner?

Photonische Quantenrechner nutzen einzelne Photonen – also Lichtteilchen – als Qubits, um Informationen gemäß den Prinzipien der Quantenmechanik zu verarbeiten. Anders als supraleitende Qubits, die tiefe Temperaturen benötigen, arbeiten photonische Systeme bei Raumtemperatur und sind potenziell einfacher skalierbar.

Die zentrale Idee: Mithilfe sogenannter linear-optischer Netzwerke (bestehend aus Beam-Splittern, Phasenschiebern und Detektoren) können Quantenzustände manipuliert und komplexe Rechenoperationen durchgeführt werden. Photonen zeigen dabei eine geringe Kopplung zur Umgebung und weisen extreme Übertragungsstabilität auf – ideale Voraussetzungen für eine qubit-basierte Informationsverarbeitung.

Führende Akteure und internationale Forschungsinitiativen

Die Forschung an photonischen Quantencomputern ist weltweit in vollem Gange. Einige der einflussreichsten Unternehmen und akademischen Einrichtungen treiben diese Technologie aktiv voran:

  • Xanadu Quantum Technologies (Kanada): Bekannt durch seinen programmierbaren photonischen Quantencomputer „Borealis“, der 2022 erstmals Quantenüberlegenheit bei einer bosonischen Abtastaufgabe zeigte (Nature, Juni 2022).
  • PsiQuantum (USA): Entwickelt hochskalierbare photonische Quantencomputer auf Siliziumbasis. In Zusammenarbeit mit GlobalFoundries soll ein 1-Millionen-Qubit-System entstehen.
  • University of Science and Technology of China (USTC): Das Projekt „Jiuzhang“ zeigte mit Technologien wie Multiphotonen-Messungen wegweisende Experimente zur Quantenüberlegenheit in photonischen Systemen.
  • Fraunhofer-Institute und QuNET (Deutschland): Arbeiten im Umfeld sicherer Quantenkommunikation und photonischer Integrationsplattformen – mit stetig wachsender Anwendungsperspektive.

Darüber hinaus formieren sich globale Forschungsprogramme. Das EU-finanzierte Quantum Flagship fördert zwischen 2018–2028 über 1 Milliarde Euro in Quantentechnologien, dabei speziell auch photonische Ansätze – etwa in den Projekten PhoQus oder Qu-Pilot. Die USA koordinieren ihre Bestrebungen über die National Quantum Initiative (NQI), mit jährlich wachsenden Investitionen (2024: rund 1,4 Milliarden USD).

Technologische Meilensteine und aktuelle Herausforderungen

Zu den wichtigsten Erfolgen der vergangenen Jahre gehört die erfolgreiche Implementierung sogenannter bosonischer Sampling-Experimente. Diese Spezialaufgaben, bei denen Photonen durch Zufallsnetzwerke geleitet und statistisch analysiert werden, gelten als quantitative Nachweise für Rechenleistungen jenseits klassischer Supercomputer.

Im Juni 2022 demonstrierte Xanadu mit „Borealis“ die Lösung eines GBS-Problems (Gaussian Boson Sampling), das ein klassischer Rechner mit heutigen Mitteln nicht in vertretbarer Zeit hätte lösen können (Quelle: Nature, doi:10.1038/s41586-022-04725-x).

Dennoch bestehen weiterhin kritische Engpässe für die Skalierung photonischer Quantensysteme:

  • Zuverlässige Einzelphotonenquellen, idealerweise auf Halbleiterbasis.
  • Integrierbare optische Komponenten auf Mikrochips (z.B. Silizium-Photonik).
  • Verbesserte Fehlerkorrekturmethoden und Photonenverlustraten.
  • Effiziente Interferometrie und Synchronisation.

Ein besonders dynamischer Forschungszweig widmet sich der Verwendung verschränkter Photonenzustände und kontinuierlich variierender Quantenzustände (CV-Qubits), mit dem Ziel, die Fehlertoleranz photonischer Systeme drastisch zu verbessern.

Potenzial und Marktprognosen

Laut einer Analyse von Markets and Markets (Q2/2024) wird der globale Markt für Quantencomputer bis 2030 ein Volumen von 9,6 Milliarden US-Dollar erreichen – mit photonischen Systemen als einem der Haupttreiber für industrielle Anwendungen aufgrund ihrer höheren Energieeffizienz und besseren Integrationsfähigkeit.

Eine Studie von McKinsey (Januar 2024) prognostiziert außerdem, dass photonische Quantentechnologien langfristig vor allem im Bereich Machine Learning, Finanzmodellierung sowie bei der Drogenentwicklung eine tragende Rolle spielen werden. Besonders Start-ups und Sektoren mit kurzer Innovationszyklen zeigen reges Interesse, da photonische Systeme bereits frühzeitig prototypisch genutzt werden können.

Dennoch ist unklar, wann die Technologie tatsächlich marktreif wird. Experten wie Dr. Stephanie Wehner vom QuTech (TU Delft) sehen konkrete Anwendungen nicht vor 2030, aber betonen zugleich, dass der industrielle und akademische Technologie-Stack bereits heute gut vorbereitet werden könne.

Unternehmen, die sich frühzeitig mit photonischer Quantenhardware beschäftigen, sollten daher folgende Empfehlungen beachten:

  • Technologievigilanz aufbauen: Verfolgen Sie Branchentrends, Konferenzbeiträge und Roadmaps der führenden Anbieter systematisch.
  • Partnerschaften eingehen: Kooperieren Sie mit Forschungseinrichtungen oder Start-ups, um Testzugänge zu erhalten.
  • Early Applications erforschen: Entwickeln Sie Use Cases mit hoher Fehlertoleranz, z.B. für Simulationen oder KI-Modellierung im Labormaßstab.

Zukunftsperspektiven: Integration, Standardisierung und Kommerzialisierung

In den nächsten Jahren steht die photonische Quantenforschung vor einem grundlegenden Wandel: Weg von Einzellaboren hin zu umfangreichen Silizium-basierten Photonik-Chips, die Hunderte bis Tausende optischer Gatter auf kleinstem Raum abbilden können.

Wichtige Impulse gehen dabei von der Halbleiterindustrie aus – Unternehmen wie Intel und GlobalFoundries investieren verstärkt in photonische Integrationsplattformen, um Synergieeffekte mit bestehenden Fertigungslinien zu schaffen. Standards für photonisches Packaging und Quantenbus-Interfaces (z.B. QBridge oder OpenQASM-Photonics) sind derzeit in Erarbeitung.

Zusätzlich wächst die Bedeutung hybrider Architekturen, bei denen photonische Systeme mit supraleitenden oder Ionenbasierten Qubits kombiniert werden. Ziel ist es, energieeffiziente Kommunikation mit hoher Rechenpräzision zu koppeln.

Fazit: Die stille Revolution des Lichts

Photonische Quantencomputer haben das Potenzial, nicht nur bestehende Quantenarchitekturen zu ergänzen, sondern in bestimmten Anwendungsfeldern zu dominieren. Ihre Vorteile bei Raumtemperaturbetrieb, chipbasierter Integration und hoher Skalierbarkeit machen sie besonders für die Industrialisierung quantentechnologischer Anwendungen attraktiv.

Obwohl viele Herausforderungen bestehen bleiben, zeichnet sich eine Phase der Beschleunigung ab. Wer heute einsteigt, kann den Wandel maßgeblich mitgestalten – als Anwender, Entwickler oder Förderer.

Welche Erfahrungen haben Sie mit photonischen Quantensystemen gemacht? Diskutieren Sie mit unserer Community und teilen Sie Ihre Einschätzung zu den jüngsten Fortschritten!

Schreibe einen Kommentar