Die Führung eines IT-Projekts steht und fällt mit der Qualität der Projektleitung. Doch nicht jede Führungskraft ist für die komplexen Anforderungen in der Webentwicklung gemacht. In diesem Artikel analysieren wir fünf gefährliche Projektleiter-Typen, die IT-Vorhaben unbemerkt in den Abgrund steuern – samt konkreten Beispielen, Risiken und Handlungsempfehlungen.
Warum erfolgreiche IT-Projekte gute Führung brauchen
In der heutigen dynamischen IT-Landschaft kommt es in Projekten nicht nur auf technisches Know-how, sondern auch auf Führungskompetenz an. Laut dem „Pulse of the Profession Report 2023“ des Project Management Institute (PMI) scheitern weltweit über 11,4 % der Projekte aufgrund unzureichender Führungsleistung. Besonders in der Webentwicklung, wo komplexe Technologiestapel auf agile Teams treffen, ist eine fehlgeleitete Projektleitung oft folgenschwer.
Missverständnisse, fehlende Entscheidungsfreude oder chaotische Planung verursachen nicht selten Projektabbrüche, erhebliche Budgetüberschreitungen oder drastische Zeitverzüge. Eine Bitkom-Studie von 2023 zeigt, dass jedes dritte digitale Projekt in deutschen Unternehmen länger dauert oder teurer wird als geplant – häufig durch mangelhafte Steuerung.
1. Der Mikromanagement-Tyrann
Dieser Projektleiter will alles im Blick haben – und zwar jede Zeile Code. Entscheidungen trifft er selbst, Aufgaben kontrolliert er permanent. Das führt in Entwicklerteams schnell zu Frustration, ineffizienter Kommunikation und geringer Eigenverantwortung.
Symptome: täglich lange Statusmeetings, ständige Einmischung in technische Details, Verbot eigenständiger Entscheidungen ohne Rücksprache.
Risiko: Produktivitätseinbruch im Entwicklerteam, hohe Personalfluktuation, Blockade agiler Prozesse.
- Setze klare Rollenverteilungen und Entscheidungsräume durch, z. B. durch RACI-Matrizen.
- Nutze agile Metriken (z. B. Velocity), um Vertrauen aufzubauen statt Kontrolle auszuüben.
- Fördere Ownership-Kultur durch regelmäßige Retrospektiven mit gezieltem Feedback.
2. Der Technokrat ohne Kommunikationsfähigkeit
Seine Stärke liegt im Code – seine Schwäche im Gespräch. Technokraten-Projektleiter brillieren fachlich, doch ihre Kommunikation ist oft technisch überladen, unstrukturiert oder fehlt ganz. Besonders im Austausch mit nicht-technischen Stakeholdern scheitert dieser Typ regelmäßig.
Symptome: komplizierte Status-Updates, fehlende Übersetzbarkeit technischer Risiken, unklare Roadmaps für Business-Verantwortliche.
Risiko: Fehlgeleitete Erwartungshaltungen, Widerstand im Management, Projektdrift ohne Rückhalt.
- Führe Storytelling-Workshops zur Vermittlung technischer Inhalte ein.
- Arbeite mit Stakeholder-Präsentationen auf Management-Level („Executive Summaries“).
- Verbinde technische KPIs mit Business-Zielen (z. B. Ladezeit ↔ Conversion Rate).
3. Der Abwesenheits-Projektleiter
Ob durch parallele Projekte oder fehlende Priorisierung: Dieser Typ taucht nur episodisch auf, oft dann, wenn Probleme eskalieren. Entscheidungen verzögern sich, das Team agiert im Blindflug und technische oder organisatorische Schulden häufen sich an.
Symptome: unerreichbar per Slack oder Mail, unbesetzte Meetings, wenig Präsenz in Sprint-Reviews oder Plannings.
Risiko: Orientierungslosigkeit, Konflikte im Team, ungeklärte Zuständigkeiten, verlagerte Verantwortung.
- Integriere klare Verfügbarkeitsroutinen in Projektvereinbarungen.
- Nutze Delegation Poker oder OKR-Workshops, um aktive Führung neu zu etablieren.
- Setze auf „Accountability Loops“: regelmäßige Reflexion der Führungsrolle im Team.
Statistik: Laut einer Umfrage von McKinsey & Company (2024) berichten 69 % der befragten IT-Teams von mangelndem Leadership-Commitment als Hauptgrund für technische Projektschwächen.
4. Der Konfliktvermeider
Harmonie ist sein oberstes Ziel – auch wenn es das Projekt kostet. Der Konfliktvermeider scheut jede Konfrontation, duldet überfällige Performance-Probleme, ignoriert Teamdynamiken und trifft Entscheidungen oft zu spät, um noch steuernd eingreifen zu können.
Symptome: keine Eskalationen, auch wenn nötig; ungelöste Zielkonflikte; keine Priorisierung in kritischen Phasen.
Risiko: ufernde Anforderungen, Uneinigkeit im Entwicklungsteam, technische Inkonsistenz.
- Fördere Feedbackkultur durch strukturierte Dialogformate wie „Radical Candor“-Gespräche.
- Führe kontinuierliche Priorisierungsrunden zu Features und Bugs auf Basis von Business Impact durch.
- Nimm Stakeholder mit in klärende Gespräche auf Augenhöhe, statt sie zu vermeiden.
5. Der Alleskönner – aber ohne Teamführung
Er übernimmt Coding, Architektur, Testing und Deployment – allein. Der Alleskönner fühlt sich verantwortlich für alles Technische, zieht aber keine Kollegen mit. Dabei verfehlt er elementare Aufgaben von Führung: Motivation, Entwicklung und Koordination des Teams.
Symptome: Bus-Faktor 1, keine Wissensverteilung, überlasteter Projektleiter, kaum Team-Skalierung möglich.
Risiko: hoher Projektausfall bei Krankheit oder Kündigung, kaum Onboarding neuer Teammitglieder, Innovationshemmung.
- Etabliere strukturierte Code Reviews und Pair Programming als Standard.
- Fördere Cross-Training der Teammitglieder für vertikale Wissensverteilung.
- Delegiere gezielt Teilverantwortung an Tech Leads oder Chapter Leads.
Woran scheitert IT-Projektleitung heute – und wie können wir es besser machen?
Die genannten Typen stellen nur Extremformen dar, aber sie verdeutlichen, wie stark Führungsverhalten IT-Projekte prägt. Laut dem „State of Software Development Report 2024“ von CodingSans sagen 56 % der Entwickler, dass schlechte Projektleitung mehr Probleme verursacht als technische Anforderungen.
Die Lösung liegt in bewusster Führungskultur: Kommunikationsfähigkeit, Verantwortungsbewusstsein, Entscheidungsfreude und Teamorientierung sind entscheidend. Wer Projektverantwortung trägt, muss nicht perfekt sein – aber bereit, sich weiterzuentwickeln. Die Einführung regelmäßiger Feedback-Loops, der Einsatz agiler Methoden und eine transparente Fehlerkultur sorgen langfristig für reifere Führungsrollen.
Fazit: IT-Projekte sind keine One-Man-Shows – sie leben von Teams, die geführt, inspiriert und unterstützt werden müssen. Achten wir als Branche stärker auf Führungskompetenz, können wir nicht nur Projekte erfolgreicher machen, sondern auch Menschen befähigen, ihr Potenzial voll zu entfalten.
Welche Führungserfahrungen habt ihr in euren Webprojekten gemacht? Diskutiert mit uns in den Kommentaren und teilt euren Blick auf moderne IT-Projektleitung.




