Tech & Trends

Die unsichtbare Hand im Quantenmarkt: Investorenstrategien

Ein hell erleuchtetes, modernes Büro mit entspannten Investoren, die bei natürlichem Tageslicht an nebeneinanderstehenden Bildschirmen konzentriert innovative Quantencomputing-Daten analysieren, während warme Sonnenstrahlen eine freundliche Atmosphäre voller Zuversicht und Fortschritt schaffen.

Quantencomputing verspricht nichts Geringeres als die nächste große technologische Revolution. Doch während Forscher an der Realisierung arbeiten, sind es Investoren, die mit ihrem Kapital die Richtung vorgeben. Welche Strategien verfolgen sie heute – und was können wir aus den Fehlern der Vergangenheit lernen?

Ein Markt zwischen Hype und Realismus

Die Investitionen in Quantencomputing-Projekte haben in den letzten Jahren exponentiell zugenommen: Laut einer Analyse von McKinsey betrugen die weltweiten privaten Investitionen in Quantenstartups 2022 rund 2,3 Mrd. US-Dollar – ein Zuwachs von über 150 % im Vergleich zu 2020. Dennoch ist der Weg zur wirtschaftlichen Reife des Quantencomputings lang. Viele Technologien befinden sich noch im Anfangsstadium, und greifbare kommerzielle Anwendungen sind bislang rar.

„Wir beobachten ein Investitionsverhalten, das stark an frühe KI- und Blockchain-Zyklen erinnert“, sagt Dr. Elena Novac, Marktanalystin beim Beratungsunternehmen Quantum Delta Europe. Sie warnt davor, kurzfristige Profitversprechen über technologische Machbarkeit zu stellen. „Der Quantenmarkt braucht Geduld, methodisches Kapital – und ein stärkeres Verständnis für die Eigenheiten der zugrundeliegenden Physik.“

Rückblick: Die Fehler der ersten Investitionswelle

Die erste Quanteninvestitionswelle, die zwischen 2017 und 2020 ihren Höhepunkt erreichte, war stark vom Silicon-Valley-Mantra „move fast and break things“ geprägt. Projekte wie D-Wave Systems, Rigetti oder IonQ sammelten hunderte Millionen Dollar ein – häufig ohne klaren Weg zur Produktreife. Viele Anleger verwechselten Prototypen-Designs mit skalierbaren Plattformen.

Zahlreiche Finanzierungsrunden erfolgten damals ohne Due Diligence im klassischen Sinne. Stattdessen dominierten emotionale Pitchdecks und medienwirksame Versprechungen. Das Ergebnis: Sinkende Bewertungen (insbesondere bei börsennotierten SPACs wie Rigetti), Entlassungswellen und eine generelle Ernüchterung. „Fast 40 % der 2019 finanzierten Quantenstartups existieren heute nicht mehr oder haben ihr Geschäftsmodell vollständig geändert“, so eine Marktstudie von The Quantum Insider (2024).

Strategiewechsel: Von spekulativem Kapital zu langfristiger Partnerschaft

Ab 2023 ist ein Strategiewechsel im globalen Quantenmarkt feststellbar. Statt kurzer Skalierung setzen institutionelle Investoren nun verstärkt auf langfristige Partnerschaften mit Universitäten, Deep-Tech-Inkubatoren und Industriepartnern. Großbanken wie HSBC und JPMorgan investieren gezielt in Quanten-Algorithmen für Finanzmodelle. IBM, Google und Amazon Web Services treiben eigene Plattformen voran – meist mit Co-Finanzierung durch Fördergelder und Forschungspartnerschaften.

Diese neue Herangehensweise wird auch von Venture-Capital-Fonds getragen. Lux Capital, Alps Ventures und Quantonation weisen in ihren Fondsprofilen auf restriktivere Kriterien hin: Technologiereife, Patentschutz, Teamqualität und Zielmärkte sind heute essenzielle Bewertungskategorien.

Was Investoren heute wissen (müssen)

Eine aktuelle Befragung von BCG und QED-C (Quantum Economic Development Consortium) unter institutionellen Investoren zeigt, dass sich die Erwartungen an die Entwicklungszeiträume verschieben. Mehr als 70 % der Befragten rechnen erst 2030 mit signifikanten Umsätzen durch Quantenanwendungen. Statt schneller Skalierung liegt der Fokus auf robusten IP-Portfolios und fundierten Quantenstrategien – ein Paradigmenwechsel, der auch die Due-Diligence-Prozesse erheblich verändert.

  • Technologische Substanz zuerst: Funktionierende Hardware ist das Herzstück jeder Quantenroadmap. Investoren analysieren heute gezielt Systemreife, Fehlerraten, Kühlmethodik und Compiler-Verfügbarkeit.
  • Algorithmen und Use-Cases: Investitionen fließen vor allem in Anwendungsbereiche wie Optimierung, Materialsynthese, Kryptografie und maschinelles Lernen – oft gekoppelt mit Pilotprojekten großer Industriepartner (z. B. BASF, Airbus, Volkswagen).
  • Schutz vor Fehlinvestitionen: Tieferes Verständnis der Quantenmechanik sowie unabhängige Evaluierungen sind inzwischen Standard. Viele Fonds beschäftigen eigene Physiker oder kooperieren mit Forschungseinrichtungen wie dem Fraunhofer Institut oder CERN.

Handlungsempfehlungen: So investieren Sie klug in Quantentechnologie

  • Langfristigkeit ist essenziell: Planen Sie Beteiligungen im Quantenmarkt mit einem Horizont von mindestens 7–10 Jahren. Setzen Sie auf Unternehmen mit belastbarer R&D-Pipeline und kollaborativem Netzwerk.
  • Due Diligence erweitern: Integrieren Sie wissenschaftliche Peer Reviews, Patentanalyse und interdisziplinäres Fachwissen in Ihre Bewertung. Scheuen Sie nicht vor Beratungen mit Physikern und Fachjuristen zurück.
  • Blasen vermeiden: Prüfen Sie die geplanten Roadmaps kritisch. Seien Sie insbesondere bei SPACs und überbewerteten IPOs skeptisch. Binden Sie Off-Market-Stakeholder zur Einschätzung ein (z. B. akademische Partner oder Frühanwender).

Fallstudie: QuantWare – Ein Beispiel für wachstumsorientierte Kapitalstrategien

Die niederländische Firma QuantWare verfolgt einen anderen Weg: Sie bietet skalierbare supraleitende Qubit-Module im B2B-Modell an. Der Fokus liegt nicht auf Endkonsumenten, sondern auf der Ausrüstung anderer Startups und Forschungslabore. Seit 2022 konnte QuantWare so über 15 Mio. Euro an Wachstumsfinanzierung von institutionellen Investoren einwerben – darunter High-Tech Gründerfonds und Forward.One.

„Uns war von Anfang an klar, dass wir keine MVP-Versprechen verkaufen dürfen“, sagt Mitgründer Matthijs Rijlaarsdam. QuantWare positioniert sich bewusst nicht als Vollanbieter, sondern als Systemkomponente in einer offenen Quantenökologie – vergleichbar mit ARM-Prozessoren im klassischen Computing. Diese Nischenstrategie erweist sich als widerstandsfähiges Modell in einem volatilen Markt.

Expertenblick: Wie Analysten den Markt 2025 bewerten

Laut der neuen Gartner Hype Cycle-Analyse (Oktober 2024) befindet sich Quantencomputing inzwischen auf dem Weg vom „Gipfel der überzogenen Erwartungen“ in das „Tal der Enttäuschungen“. Doch genau hier zeigen sich belastbare Innovationscluster: Unternehmen wie Xanadu, PsiQuantum und Nord Quantique verfolgen konkrete Roadmaps mit industriell validierten Testszenarien. Deloitte rechnet in einer Studie von 2025 damit, dass ab 2027 „narrow quantum supremacy“ in einzelnen Sektoren Realität wird – etwa in der Pharmaforschung oder Katalysatorentwicklung.

Dr. Michael Kreuzberg, Investmentanalyst bei EQT Ventures, bleibt dennoch vorsichtig optimistisch: „Der Quantenmarkt ist strategisch wichtig, aber derzeit noch nicht im Produktivitätsbereich. Wer heute investiert, muss mehr als Kapital mitbringen: technisches Verständnis, Geduld und eine Bereitschaft zur aktiven Co-Kooperation mit Wissenschaft.“

Europa zieht nach – aber wie nachhaltig?

Europa investiert über Programme wie das Quantum Flagship (>1 Mrd. Euro bis 2030) massiv in Infrastruktur und Forschungsökosysteme. Staaten wie Deutschland, die Niederlande und Frankreich fördern gezielt Hardwareentwicklung und Bildungsinitiativen. Gleichzeitig wächst die Zahl der paneuropäischen Venture-Fonds für Quantentechnologie. Ob diese Initiativen jedoch den Rückstand gegenüber den USA und China verringern, bleibt offen – China hat bis 2025 Investitionen von über 15 Mrd. US-Dollar angekündigt (Quelle: Nature, 2024), unter anderem in supraleitende Netzwerke und Quantenkommunikation.

Wichtiger ist: Europa muss Technologietransfer und Kapitalmarktintegration verbessern. Nur wenn Startups schneller von der Forschung in den Markt kommen, können Investoren nachhaltig profitieren. Das bedeutet weniger Fragmentierung, mehr europäisches Risikokapital – und transparente politische Rahmenbedingungen.

Fazit: Eine neue Investorendefinition für Quantenmärkte

Der Wandel im Quantencomputing-Sektor zeigt: Es geht nicht mehr um schnelle Erfolge, sondern um strategisch geplante Transformationen. Investoren spielen dabei eine Schlüsselrolle – nicht als Spekulanten, sondern als strukturierte Partner zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Nutzung. Wer die nächste Welle des Quantenboosts entscheidend mitgestalten will, braucht mehr als Kapital: Er braucht strategischen Atem, technische Tiefe und ein belastbares Netzwerk.

Wie sehen Sie die Zukunft der Quantenmärkte? Haben Sie selbst Investitionserfahrungen gemacht oder befinden sich in der Planung? Teilen Sie Ihre Fragen, Beobachtungen und Einschätzungen in den Kommentaren – und werden Sie Teil einer informierten Debatte über eines der spannendsten Felder der kommenden Dekade.

Schreibe einen Kommentar