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Der Weg zur Multimobilität: Fortschritte und Herausforderungen in der Robotik

In einem sonnendurchfluteten Hightech-Labor steht ein eleganter, multifunktionaler Roboter mit silbrig-matten Oberflächen und fein beweglichen Gliedern bereit, dynamisch vor einem Hintergrund aus modernem Forschungsequipment, während warmes Tageslicht sanft die komplexen Details seiner Sensoren und Mechaniken betont und so die Vision von flexibler Multimobilität in der Robotik mit einer einladenden, zukunftsoptimistischen Atmosphäre lebendig werden lässt.

Fliegen, rollen, springen oder gar schwimmen – moderne Roboter sollen sich künftig in vielfältigen Umgebungen flexibel und effizient fortbewegen. Multimobilität gilt als Schlüsseltechnologie für die nächste Generation autonomer Systeme. Doch auf dem Weg dorthin warten erhebliche technische, materialwissenschaftliche und ethische Hürden.

Multimobilität als Paradigmenwechsel der Robotik

In der Robotik bezeichnet Multimobilität die Fähigkeit eines Systems, mehrere Fortbewegungsarten – auch über verschiedene Geländearten hinweg – zu beherrschen und dynamisch zu wechseln. Statt sich ausschließlich zu rollen, wie klassische Serviceroboter, oder zu fliegen wie Drohnen, kombinieren multimobile Roboter diese Fähigkeiten. Der Nutzen liegt in der hohen Flexibilität: Ein multimobiler Roboter kann beispielsweise auf ebenem Terrain rollen, über Hindernisse hinwegklettern, in unwegsamem Gelände springen oder im Katastrophengebiet fliegend operieren.

Der Trend zur Multimobilität wird zusätzlich durch technologische Konvergenz begünstigt: Fortschritte im Leichtbau, in der Aktuatorik sowie bei Steuerungsalgorithmen auf Basis von Künstlicher Intelligenz (KI) und maschinellem Lernen erlauben zunehmend komplexere und adaptivere Bewegungsformen.

Beispiele aus Forschung und Praxis

Wissenschaftler am ETH-Labor RSL (Robotic Systems Lab) entwickelten mit dem Roboter „DynaQuad“ einen Prototyp, der Laufen mit punktuellem Springen kombiniert und sich so schnell über unwegsames Gelände bewegt. An der Carnegie Mellon University forscht man mit dem Projekt „Morphobot“ an einem System, das sich auf Wunsch in einen Roll-, Flug- oder Schreitmodus versetzen lässt. Und Boston Dynamics verknüpft bei seinem berühmten Atlas-Roboter neuartige Bewegungsalgorithmen für Parkour-artige Fortbewegung mit humanoider Kinematik.

Laut dem Branchenreport „Global Intelligent Mobile Robotics Market“ von MarketsandMarkets (2024) soll der globale Markt für mobile intelligente Roboter bis 2029 auf über 43,5 Milliarden US-Dollar wachsen – getrieben durch dynamischere Fähigkeiten und multimobile Designs. Dabei spielen insbesondere die Nachfrage nach Disaster-Response-Systemen, Instandhaltungsrobotern für gefährliche Orte sowie flexiblen Produktionsrobotern eine Rolle.

Technische Herausforderungen auf dem Weg zur Multimobilität

So faszinierend die Idee multimobiler Roboter ist – die technische Umsetzung ist äußerst komplex. Zu den größten Herausforderungen zählen:

  • Mechanische Integration: Die Verbindung mehrerer Fortbewegungssysteme erfordert kreative ingenieurstechnische Lösungen, da jedes zusätzliche Modul Komplexität, Gewicht und Energieverbrauch erhöht.
  • Steuerungsintelligenz: Ein multimobiler Roboter muss den richtigen Modus in Echtzeit erkennen und aktivieren – das gelingt nur mit fortgeschrittener Sensorfusion und lernfähiger Steuerungssoftware.
  • Energieversorgung: Mehrere Modi bedeuten auch höhere Anforderungen an Akkuleistung und Energiemanagement. Flugfähigkeiten stellen unter anderem enorme Belastungen dar.

Ein Beispiel: Das Projekt „FSTAR“ (Flying Sprawled Tunable Autonomous Robot) der Ben-Gurion Universität kombiniert Rollen und Fliegen. Während der Rollmodus effizient arbeitet, ist der Flugmodus energieintensiv und wird daher gezielt nur eingesetzt, wenn Hindernisse eine Umfahrung unmöglich machen. Dies erfordert nicht nur ausgeklügelte Steuerungsalgorithmen, sondern auch ein hochintegriertes Sensor-Feedback-System.

KI und maschinelles Lernen als Enabler

Maschinelles Lernen spielt eine zentrale Rolle, um die Vielzahl an sensordatenbasierten Entscheidungen bei der Fortbewegung effizient zu treffen. Durch reinforcement learning können Roboter in Simulation oder realer Umgebung Bewegungen erlernen, bewerten und optimieren.

Ein prominentes Beispiel ist das OpenAI-gesteuerte Modellierungsframework „Gym“ in Verbindung mit Simulationsumgebungen wie MuJoCo oder NVIDIA Isaac Sim. Forschende nutzen diese Tools, um multimobile Roboterkörper in virtuellen Umgebungen zu trainieren – bis hin zur Integration in reale Hardwareplattformen.

Sicherheitsaspekte und ethische Fragestellungen

Multimobile Roboter stellen neue Sicherheitsherausforderungen. Ihr Wechsel zwischen Fortbewegungsmodi – insbesondere der Übergang in den Flugmodus – kann gefährlich sein, wenn Personen in der Nähe sind. Entsprechend wichtig sind Prüfnormen und Regulierungen. Die International Electrotechnical Commission (IEC) arbeitet aktuell an einem erweiterten Normenrahmen für hochagile Servicemaschinen.

Auch ethische Aspekte werden in Fachkreisen diskutiert: Was bedeutet es, wenn Roboter durch ihre Bewegungsvielfalt unberechenbarer werden? Wie kann sichergestellt werden, dass sie in öffentlichen Räumen sicher agieren, ohne Privatsphäre oder Eigentum zu verletzen? Hier ist interdisziplinäre Regulierung gefragt – unter Einbeziehung von Soziologie, Technikfolgenabschätzung und KI-Ethik.

Industrieeinsätze und wirtschaftliche Potenziale

Industrie, Logistik und Rettungsdienste zählen zu den Hauptanwendungsfeldern. So setzt DHL erste pilotierte Modelle ein, die sich autonom durch Lagerhallen rollen, aber auf Wunsch Kletterfunktionen aktivieren können, um Höhenregale zu erreichen. In Japan testet das Unternehmen Cyberdyne multimobile Exoskelette für Pflegekräfte, die sowohl auf ebenem Grund wie auch auf Treppen einsetzbar sind.

Ein Data Point aus einer Studie von Statista (2024): 62 % der Industrieunternehmen weltweit planen bis 2027 Investitionen in adaptive Robotiklösungen mit multimodaler Mobilität – getrieben durch Produktionsdiversifikation und steigende Anforderungen an Flexibilität.

Darüber hinaus erschließen multimobile Roboter neue Geschäftsfelder in der Unterwasserinspektion, der Landwirtschaft (wie der Erntemaschine „AgX Multimotion 4.0“) und der Mars- bzw. Lunarrobotik. Die NASA setzt etwa auf Hybrid-Konzepte, bei denen Rover wahlweise rollen oder springen können, um die Marsoberfläche besser zu durchqueren.

Praktische Empfehlungen für Unternehmen und Entwickler

Für Unternehmen, die den Einstieg in multimobile Robotik erwägen, empfiehlt sich ein gestuftes Vorgehen:

  • Beginnen Sie mit Simulationsumgebungen wie Webots oder Gazebo, um multimobile Designs effizient zu testen.
  • Fokus auf modulare Hardwarearchitektur: Flexibilität in der Anpassung ist entscheidend für künftige Bewegungsmodi.
  • Stellen Sie interdisziplinäre Teams aus KI-Spezialisten, Robotikern, Materialwissenschaftlern und UX-Designern zusammen, um komplexe Systeme nutzerzentriert zu entwickeln.

Zukunftsausblick: Multimobile Roboter als Alltagsrealität?

Ob in der Pflege, in der industriellen Wertschöpfung oder auf anderen Planeten – alles deutet darauf hin, dass multimobile Roboter mittelfristig zu einem festen Bestandteil technischer Infrastruktur werden. Ihre Anpassungsfähigkeit an unterschiedlichste Umgebungen macht sie zur idealen Lösung für Aufgaben, bei denen heutige einmodale Systeme rasch an Grenzen stoßen.

Experten wie Prof. Dr. Sandra Hirzel vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) betonen jedoch die Notwendigkeit von Standardisierungen: „Nur wenn wir gemeinsame Schnittstellen und Sicherheitsstandards etablieren, wird Multimobilität skalierbar.“

Gleichzeitig erfordert der Fortschritt gesellschaftliche Auseinandersetzungen: Wer haftet bei Fehlverhalten? Wie beurteilen Menschen Maschinen, die sich bewegen wie Tiere oder Menschen selbst?

Die Antworten auf diese Fragen werden die Gestaltung zukünftiger Tech-Ökosysteme maßgeblich beeinflussen.

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