Webentwicklung

Die Rolle von Open Source in der Entwicklung moderner Bildformate

Ein lichtdurchflutetes, detailreiches Autorenbüro mit warmen Holztönen, in dem ein aufgeschlagener Laptop, offene Programmiernotizen und bunte Bildschirmfenster die kreative Zusammenarbeit einer engagierten Open-Source-Community symbolisieren, eingefangen in natürlichem Tageslicht für eine freundliche, einladende Atmosphäre.

Moderne Bildformate wie JPEG XL versprechen eine bessere Kompression, höhere Qualität und zukunftssichere Features. Doch wer sorgt eigentlich für die Entwicklung solcher Standards – und warum spielt die Open-Source-Community dabei eine zentrale Rolle? Ein Blick hinter die Kulissen zeigt, wie entscheidend offene Entwicklungsmodelle für die Bild-Zukunft im Web sind.

Warum neue Bildformate notwendig sind

Mit dem stetig wachsenden Datenverkehr im Web wird die Effizienz von Bildkompression immer wichtiger. Laut dem HTTP Archive machten Bilder im Jahr 2023 rund 46 % des durchschnittlichen Seitengewichts einer Desktop-Website aus. Bei mobilen Seiten liegt dieser Anteil sogar bei über 50 %. Gleichzeitig wachsen die Bildschirmauflösungen und Nutzer erwarten gestochen scharfe, verlustfreie Darstellung.

Bestehende Formate wie JPEG, PNG oder GIF stoßen an Grenzen – sei es in puncto Dateigröße, Farbtreue oder Transparenzfunktionen. Neue Formate wie WebP, AVIF und vor allem JPEG XL versprechen Lösungen für diese Herausforderungen. Doch ihre Entwicklung ist komplex, und hier kommt die Open-Source-Szene ins Spiel.

Open Source als Innovationstreiber

Open-Source-Projekte ermöglichen eine transparente, gemeinschaftsbasierte Entwicklung von Technologien. Das gilt auch für moderne Bildformate: Viele neue Codecs starten als quelloffene Forschungsprojekte, die anschließend durch die Community geprüft, verbessert und verbreitet werden. Beispiele sind der quelloffene AVIF-Codec libavif oder JPEG XL, dessen Codierung auf dem öffentlich zugänglichen Projekt libjxl basiert.

Die öffentlich zugänglichen Repositorien fördern Audits, Benchmarking und Interoperabilitätstests. Besonders im Bereich von Web-Standards – wo Browserhersteller, CDN-Anbieter und Entwickler zusammenkommen – braucht es offene Strukturen, um Vertrauen zu schaffen. Projekte wie JPEG XL profitierten maßgeblich von dieser Offenheit bei ihrer Konzeption: Die Spezifikation wurde unter breiter Community-Beteiligung entwickelt, öffentlich diskutiert und regelmäßig in Open-Standards-Gremien wie der JPEG Working Group eingebracht.

JPEG XL: Ein Paradebeispiel für openen Fortschritt

JPEG XL wurde als Langzeit-Nachfolger des klassischen JPEG entwickelt. Ziel war es, bei gleicher Qualität bis zu 60 % geringere Dateigrößen zu erreichen, dabei volle Rückwärtskompatibilität mit JPEG-Bildern zu ermöglichen und zukunftsweisende Features wie Animationen, verlustfreie Codierung und HDR zu integrieren.

Anders als proprietäre Formate wurde JPEG XL vollständig offen entwickelt. Die Referenzimplementierung libjxl ist unter einer BSD-ähnlichen Lizenz frei verfügbar. Die Entwicklung auf GitHub erlaubt externe Beiträge, und viele Tests zu Kompressionsleistung wurden öffentlich durchgeführt. Laut einer Analyse von Cloudinary aus dem Jahr 2023 bietet JPEG XL im Vergleich zu JPEG eine durchschnittliche Einsparung von 35-50 % bei vergleichbarer visueller Qualität.

Besonders browserseitig war die Diskussion spannend: Während Mozilla früh mit einer Implementierung in Firefox Nightly experimentierte, legte Google zunächst großen Fokus auf AVIF – trotz der Co-Autorenschaft Googles am JPEG XL-Standard. Diese Dynamik unterstreicht, wie politischen und ökonomischen Interessen Einfluss auf offene Standards nehmen können, selbst wenn diese technisch überlegen sind.

Wie Open-Source-Communities Standards pushen

Neben der reinen Code-Entwicklung ist auch die Akzeptanz neuer Bildformate entscheidend. Open-Source-Communities spielen hierbei eine wichtige Rolle: Sie erstellen Testsuiten, sorgen für Desktop- und Server-Decoder, entwickeln Plug-ins für Bildbearbeitungstools und tragen zur Verbreitung durch Tutorials und Integrationen bei.

Ein Beispiel: Die Community rund um JPEG XL entwickelte u.a. Plug-ins für GIMP und Photoshop, Browser-Erweiterungen und CLI-Tools. Open-Source-CDNs wie Thumbor oder imgproxy integrieren es schneller, da sie nicht von proprietären Roadmaps abhängig sind. Dazu kommen populäre Bibliotheken wie ImageMagick und libvips, die durch Open-Source-Contributor frühzeitig Unterstützung bieten.

Ohne die Hartnäckigkeit und Expertise dieser freiwilligen Entwickler wäre JPEG XL trotz technischer Überlegenheit vermutlich nicht so weit verbreitet, wie es heute ist – trotz struktureller Rückschläge: Google kündigte 2022 an, den Support in Chrome wieder zu entfernen, was teils als politisches Signal gegen JPEG XL gewertet wurde. Doch dank Open-Source-Unterstützung bleibt das Format lebendig und weiterentwickelt.

Herausforderungen: Politik, Ressourcen und Fragmentierung

Trotz aller Vorteile stößt die Open-Source-Entwicklung an strukturelle Grenzen:

  • Politische Interessen: Große Konzerne priorisieren Formate, bei denen sie Kontrolle oder direkte Investitionen eingebracht haben. Offene Formate wie JPEG XL haben es schwerer, ohne institutionellen Druck.
  • Fragmentierung: Browser, CDNs, CMS und Bildeditoren müssen neue Formate aktiv integrieren. Fehlt eine kritische Masse an Unterstützung, stagnieren sie trotz technischer Reife.
  • Ressourcenmangel: Viele Open-Source-Projekte werden von wenigen Maintainer:innen getragen. Es fehlt an Finanzierung, hauptamtlicher Entwicklung und langfristiger Planungssicherheit.

Interessant ist dabei, dass immer mehr staatliche Initiativen indirekt helfen: Die EU fördert interoperable, offene Standards im Rahmen von GAIA-X, und auch staatliche Softwareentwicklungen tendieren zu Open Source – was perspektivisch neue Dynamiken erzeugen kann.

Statistiken: Verbreitung und Potenzial

Obwohl JPEG XL in Mainstream-Browsern begrenzt verfügbar ist, zeigt sich eine zunehmende Unterstützung im Backend-Bereich. Laut einer Analyse von StatCounter (Q2 2025) lag die native Unterstützung von AVIF bei rund 86 %, WebP sogar bei 96 %. JPEG XL liegt browserseitig noch unter 4 %, wird jedoch von über 30 populären Bild-Frameworks und -Tools bereits unterstützt (Quelle: caniuse.com, Oktober 2025).

Eine interne Analyse der Plattform Cloudinary zeigte zudem, dass JPEG XL im Vergleich zu WebP in 28 % der Fälle kleinere Dateien bei gleicher oder besserer Qualität produzierte. Diese Effizienz kann besonders bei mobilen Anwendungen und Bild-Heavy-Websites eine Rolle spielen.

Praktische Handlungsempfehlungen für Entwickler

  • Behalten Sie die Browserkompatibilität aktueller Formate wie AVIF, WebP und JPEG XL stets im Blick. Ein Fallback-System über picture-Elemente ist ratsam.
  • Integrieren Sie offene Bildformate frühzeitig auf Backend-Ebene – etwa durch konfigurierbare Encoder (z. B. libjxl, libavif) oder optimierte CDN-Auslieferung.
  • Beobachten Sie Open-Source-Projekte auf GitHub und beteiligen Sie sich aktiv an der Diskussion und Fehlerbehebung, um Einfluss auf relevante Standards zu nehmen.

Fazit: Die Zukunft ist offen – aber nicht automatisch fair

Die Geschichte rund um JPEG XL zeigt, wie stark Open Source die Tech-Innovation im Web beeinflusst – aber auch, wie abhängig neue Formate von institutioneller Unterstützung sind. Ohne transparenten Diskurs und freiwilliges Engagement wäre kaum ein Fortschritt denkbar. Dennoch reichen offene Standards allein nicht, wenn große Plattformen sie ignorieren.

Deshalb braucht es eine starke, zusammenarbeitende Community, die Standards nicht nur entwickelt, sondern auch durchsetzt – in Form von Tools, Dokumentation, Schulung und politischer Lobbyarbeit. Als Entwickler:in, Designer:in oder Tech-Lead können Sie Teil dieser Bewegung sein und die Zukunft des offenen Webs aktiv mitgestalten.

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