Die Zeiten aufwendiger manueller Retusche und stundenlanger Bildauswahl sind vorbei: Adobe Lightroom setzt zunehmend auf künstliche Intelligenz, um den kreativen Workflow von Profis und ambitionierten Hobbyfotograf:innen zu optimieren. Mit neuen KI-basierten Funktionen macht das Tool nicht nur die Nachbearbeitung effizienter, sondern definiert auch den Anspruch an moderne Bildbearbeitung neu.
Revolution der Bildbearbeitung durch KI
Adobe hat mit seinen jüngsten Versionen von Lightroom einen bedeutenden Sprung in Richtung Automatisierung gemacht. Mithilfe von KI-Algorithmen transformiert die Software zahlreiche bislang zeitintensive Bearbeitungsschritte in nahezu sofortige Prozesse. Vor allem drei neue Funktionen stechen hervor: die intelligente mobile Retusche, automatische Bildauswahl und präzise Staubentfernung.
Mobile Retusche: KI trifft auf Flexibilität
Professionelle Fotograf:innen stehen häufig vor dem Problem, große Mengen an Bildmaterial auf Reisen oder außerhalb des eigenen Studios bearbeiten zu müssen. Lightroom Mobile nutzt fortschrittliche KI-Technologie, um Retuschefunktionen, die bisher Desktops vorbehalten waren, auch auf Smartphones und Tablets flüssig bereitzustellen. Die KI erkennt automatisch Hauttöne, Objekte und Strukturen, passt Belichtung, Schärfe und Farben auf Knopfdruck an – mit adaptiven Presets, die sich an das Motiv anpassen.
Besonders nützlich ist dabei die Integration des Generativen KI-Moduls Adobe Firefly. Dieses erlaubt es Nutzer:innen, bestimmte Bildbereiche zu überarbeiten oder zu ersetzen – etwa Hintergründe zu ändern oder störende Objekte zu entfernen –, ohne manuell Masken anlegen zu müssen.
Automatische Bildauswahl: Wenn KI besser kuratiert als der Mensch
Ein oft unterschätzter Zeitfresser im fotografischen Workflow ist das Aussortieren und Bewerten großer Bildmengen, insbesondere bei Event- oder Porträtfotografie. Mit der Funktion „Auto Selection“ stellt Adobe Lightroom eine KI-gestützte Bildauswahl bereit, die auf Mimik, Schärfe, Bildkomposition und sogar Emotionserkennung basiert. Adobe trainierte dafür eigene Machine-Learning-Modelle auf Basis Millionen kuratierter Fotobeispiele.
Ein Praxistest der Redaktion von DPReview zeigte, dass die KI-Auswahl bis zu 80 % der Aufnahmen weitgehend korrekt als brauchbar oder nicht brauchbar klassifizieren konnte – ein beachtlicher Wert, der je nach Genre noch weiter steigt. Die tägliche Bildarbeit vieler Profis kann damit auf Stunden pro Woche reduziert werden.
Staubentfernung mit Deep Learning
Ein weiteres Highlight ist die KI-basierte Staubentfernung. Während frühere Methoden auf pixelbasierten Algorithmen beruhten, nutzt Lightroom mittlerweile Deep Learning, um sensorbedingte Verschmutzungen automatisch zu erkennen – selbst bei strukturarmen Hintergründen wie Himmel oder Wänden. Die Funktion lokalisiert nicht nur die betroffenen Pixel, sondern analysiert auch die Umgebung, um ein realistisches Retuschierergebnis ohne sichtbare Spuren zu gewährleisten.
Das Feature basiert auf Technologien aus dem KI-Forschungslabor von Adobe Sensei. Diese lernenden Systeme erkennen wiederkehrende Muster und kalkulieren die optimale Retusche in Sekundenbruchteilen.
Marktauswirkungen: Ist die manuelle Retusche ein Auslaufmodell?
Mit dem zunehmenden Einsatz von KI in Lightroom und vergleichbarer Software stellt sich die Frage, ob klassische manuelle Bearbeitung ausgedient hat. Zwar betont Adobe, dass künstliche Intelligenz Hilfestellung leisten und keine kreativen Entscheidungen ersetzen soll – doch in der Praxis übernehmen KI-Tools bereits einen Großteil der Postproduktion.
Laut einer Umfrage des Online-Fotografieportals Picterra von Ende 2024 gaben 67 % der befragten Berufsfotograf:innen an, bereits regelmäßig KI-gestützte Funktionen in ihren Bearbeitungsflüssen zu nutzen. Dabei sehen 73 % eine durchschnittliche Zeiteinsparung von 2 bis 4 Stunden pro Auftrag (Quelle: Picterra Research, Q4 2024 Einsendungen, n=1.032).
Diese Effizienz hat auch Einfluss auf den Markt: Immer mehr Dienstleister bieten automatisierte Fotobearbeitung als Service an, aufbauend auf Tools wie Lightroom. Gleichzeitig erfordert die Bedienung einen gewissen Technik- und Softwareüberblick, der nicht jedem Kunden zur Verfügung steht – hier entsteht eine neue Nachfrage nach Workflow-Coaching und spezialisierten KI-Fotoberatern.
Praktische Tipps für den Einstieg in die KI-unterstützte Lightroom-Arbeit:
- Aktualisieren Sie regelmäßig Ihre Lightroom-Version: Viele KI-Funktionen sind nur über das Cloud-Abo zugänglich und werden fortlaufend erweitert.
- Nutzen Sie Smart Presets und automatische Anpassungen als Ausgangsbasis, aber prüfen Sie stets die Ergebnisse kritisch nach – KI denkt nicht kreativ.
- Testen Sie die Funktion „Adaptive Presets“ gezielt an verschiedenen Motivgruppen. Menschen, Landschaften und Architektur reagieren unterschiedlich auf automatisierte Algorithmen.
Ein weiterer Geheimtipp: Adobe stellt regelmäßig neue KI-Funktionen zunächst in Lightroom Beta bereit. Wer sich für den Zugang anmeldet, kann neue Features frühzeitig testen und die Entwicklung mit Feedback beeinflussen.
Sprach- und Bildverarbeitung wachsen zusammen
Ein Trend, der sich weltweit abzeichnet: Multimodale KI-Systeme, die Sprache, Text und Bilddaten kombinieren. Adobe experimentiert laut eigenen Angaben bereits mit Sprachbefehlen zur Steuerung visueller Effekte in Lightroom. Nutzer:innen könnten perspektivisch Anweisungen wie „Mache den Himmel dramatischer“ oder „Füge einen weicheren Look hinzu“ nutzen, um komplexe Bearbeitungsprozesse verbal anzustoßen.
Auch Wettbewerber wie Skylum (Luminar Neo), ON1 Photo RAW und Topaz Labs setzen verstärkt auf neuronale Netze zur Bildverbesserung. Die Integration von generativer KI, wie bei Firefly, dürfte zunehmend zum Branchenstandard werden.
Fazit: KI als kreative Partnerin statt Ersatz
Die KI-Funktionen in Adobe Lightroom markieren einen Paradigmenwechsel: von manueller Retusche hin zu einem assistierten, datengestützten Workflow, der mehr Zeit für kreative Arbeit lässt. Gleichzeitig ist klar: Die Verantwortung für die finale Bildaussage liegt weiterhin beim Menschen.
Wer sich jetzt mit den neuen Technologien auseinandersetzt, verschafft sich einen deutlichen Vorsprung – in Effizienz, Qualität und Wettbewerbsfähigkeit. Die Zukunft der Fotografie ist hybrid, und wer sie aktiv mitgestalten will, sollte die neuen Werkzeuge nicht nur kennen, sondern beherrschen lernen.
Welche Erfahrungen habt ihr mit KI in der Bildbearbeitung gemacht? Nutzt ihr die neuen Lightroom-Tools bereits – oder sind bei euch noch die klassischen Regler im Einsatz? Diskutiert mit uns in den Kommentaren und teilt eure besten Bearbeitungstipps!




