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Der Einfluss von Supercomputern auf die Wissenschaftslandschaft

Ein strahlend helles, editorial aufgenommenes Bild eines hochmodernen, lichtdurchfluteten Rechenzentrums mit futuristischen Supercomputern, deren komplexe Technik durch warme Sonnenstrahlen sanft betont wird, während Forschende im Hintergrund konzentriert und motiviert an vernetzten Monitoren arbeiten und so die lebendige Atmosphäre von Innovation und wissenschaftlichem Fortschritt in Deutschland widerspiegeln.

Kaum ein Fortschritt der letzten Jahrzehnte hat die Art und Weise, wie wir forschen, simulieren und verstehen, so stark verändert wie die Entwicklung von Supercomputern. Mit dem geplanten Hochleistungsrechner Herder im HLRS III steht Deutschland nun an der Schwelle zu einer neuen Ära wissenschaftlicher Entdeckungen – unterstützt durch Petascale- und perspektivisch Exascale-Rechenleistung.

Supercomputer: Die neuen Katalysatoren wissenschaftlicher Revolutionen

Supercomputer sind mehr als nur beeindruckende Rechenzentren – sie sind Katalysatoren für Fortschritt. Die stärksten Rechner der Welt verarbeiten komplexeste Algorithmen in atemberaubender Geschwindigkeit und ermöglichen wissenschaftliche Durchbrüche in kürzester Zeitspanne. In Deutschland entsteht derzeit mit dem High-Performance Computing Center Stuttgart (HLRS) der nächste Leistungssprung: Der Supercomputer „Herder“, vorgesehen für das HLRS III, verspricht Rechenkapazitäten auf höchstem internationalen Niveau.

HLRS III soll laut Angaben des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) eine theoretische Spitzenleistung von über 70 Petaflops erreichen – das entspricht rund 70 Billiarden Rechenoperationen pro Sekunde. Perspektivisch kann die Architektur sogar auf Exascale-Niveau skaliert werden. Zum Vergleich: Der aktuelle HLRS-Rechner „Hawk“ leistet bereits 26 Petaflops und zählt damit zu Europas schnellsten Systemen.

Forschung unter Hochspannung – Disziplinen im Wandel

Die Auswirkungen auf die deutsche und internationale Forschungslandschaft sind enorm. Denn Supercomputer ermöglichen detaillierte Simulationen dort, wo herkömmliche Experimente zu teuer, zu langsam oder schlicht unmöglich wären. Besonders profitieren fünf zentrale Disziplinen:

  • Klimaforschung: Modellierungen des globalen Klimas auf regionaler Ebene benötigen gewaltige Datenmengen. Supercomputer helfen, präzise Vorhersagen zu treffen und Auswirkungen des Klimawandels zu simulieren.
  • Pharmaforschung: Neue Wirkstoffmoleküle können in virtuellen Laboren auf ihre Bindungsfähigkeit zu Zielproteinen getestet werden. Das beschleunigt Entwicklungszeiten drastisch – laut McKinsey bis zu 50 %.
  • Materialwissenschaften: Die Entdeckung neuartiger Werkstoffe, etwa für Akkus, Halbleiter oder nachhaltige Baustoffe, erfordert Simulationen atomarer Strukturen in Reaktionsumgebungen.
  • Astrophysik: Kosmologische Modelle benötigen immense Datenstrukturen. Die Simulation schwarzer Löcher oder Galaxienkollisionen wäre ohne Superrechner undenkbar.
  • Ingenieurswissenschaften: Flugzeugdesigns, Brückenstrukturen oder Motoroptimierungen werden inzwischen primär im virtuellen Raum entwickelt – schneller, günstiger und nachhaltiger.

Die Fähigkeit, realistische physikalische Modellierungen im virtuellen Raum vorzunehmen, ebnet den Weg für technologische und gesellschaftliche Innovationen. Die deutsche Forschung profitiert somit sowohl strategisch als auch wirtschaftlich.

Industrieanwendungen: Vom Turbomotor bis zur Medikamentenpipeline

Auch jenseits der akademischen Welt haben Supercomputer ihren festen Platz. Gerade im Bereich der digitalen Produktentwicklung und Optimierung versprechen Projekte wie der Herder enorme Einsparpotenziale. Siemens beispielsweise nutzt Supercomputing, um Turbomaschinen energieeffizienter zu gestalten. BMW arbeitet virtuell an der Crashsicherheit zukünftiger Fahrzeugplattformen.

Im pharmazeutischen Umfeld erlaubt sogenanntes „In-silico-Screening“ das Testen tausender Molekülvarianten vor der tatsächlichen Laborphase. Laut Daten von Statista aus dem Jahr 2023 konnte durch virtuelle Modellierung die präklinische Testzeit im Schnitt um 40 % reduziert werden.

Ein weiteres Beispiel: BASF setzt Supercomputer ein, um chemische Prozesse auf molekularer Ebene zu simulieren und so ressourcenschonendere Produktionslinien zu entwickeln. Für KMU werden Cloud-basierte Modelle zunehmend attraktiv, da Infrastrukturkosten durch zentrale Bereitstellung entfallen.

Deutschland im internationalen Vergleich: Spitzenreitern auf den Fersen

Deutschland zählt zwar zu den global führenden Nationen im Bereich des High Performance Computing (HPC), muss sich jedoch im internationalen Wettbewerb behaupten. Knapp 16 % der Top500-Supercomputer weltweit (Stand Juni 2024) stehen in Europa, davon immerhin 7 Systeme in Deutschland – darunter JUWELS am Forschungszentrum Jülich und eben Hawk am HLRS.

Internationaler Spitzenreiter ist seit Mai 2022 der Exascale-Rechner Frontier am Oak Ridge National Laboratory mit über 1,1 Exaflops Leistung – finanziert vom US-Energieministerium. Doch Europa zieht nach: Der EuroHPC JU (Joint Undertaking) fördert mit über 7 Milliarden Euro bis 2027 HPC-Infrastruktur, mit Fokus auf Exascale-Architekturen aus europäischer Fertigung.

Deutschland verfolgt dabei einen „HPC made in Europe“-Ansatz – mit starkem Fokus auf Nachhaltigkeit, wie beim HLRS III ersichtlich wird: Durch Flüssigkühlungen sowie Abwärmenutzung für den Fernwärmeverbund Stuttgart soll Herder zu einem der energieeffizientesten Supercomputer Europas werden.

Supercomputing im Wandel: Von Exklusivität zu Zugänglichkeit

Eine Schlüsselherausforderung bleibt die Demokratisierung des Zugangs zu Supercomputing-Ressourcen. Während Universitäten und Großunternehmen relativ leicht Zugang zu HLRS, JSC & Co. finden, stoßen Start-ups und kleinere Forschungseinrichtungen oft an administrative wie finanzielle Hürden.

Doch Projekte wie das Gauss Centre for Supercomputing (GCS) bieten inzwischen Förderprogramme an, die explizit den Mittelstand und junge Unternehmen adressieren. Zusätzlich stehen mit Gaia-X und Cloud-basierten HPC-Angeboten wie AWS ParallelCluster oder Azure CycleCloud wachsende Alternativen bereit.

  • Tipp: Start-ups sollten gezielt nach HPC-Kooperationen in regionalen Innovationsclustern suchen – beispielsweise über EuroHPC oder EXIST-Förderstrukturen.
  • Tipp: Unternehmen in traditionellen Industrien (Bauwesen, Textilien, Chemie) profitieren oft stark von ersten Testläufen in virtuellen Umgebungen – Pilotprojekte mit Forschungszentren können den Einstieg erleichtern.
  • Tipp: Wissenschaftseinrichtungen sollten frühzeitig Rechenslots in nationalen HPC-Zentren beantragen – der Andrang auf Ressourcen steigt analog zur Rechenleistung.

Statistiken, die überzeugen

Laut dem „IDC Worldwide High-Performance Computing Forecast“ (2024) wird der globale HPC-Markt bis 2027 auf über 78 Milliarden US-Dollar anwachsen – ein jährliches Wachstum von durchschnittlich 7,5 %. Der europäische Marktanteil liegt dabei bei etwa 25 %.

Eine Studie der Europäischen Kommission beziffert den ROI (Return on Investment) von HPC-Projekten im Industriesektor mit einem Mittelwert von €500 pro investiertem Euro – Ergebnis einer Auswertung von über 100 Fallstudien in der EU.

Ausblick: Herder und die Zukunft des denkenden Rechnens

Mit der Inbetriebnahme von Herder im HLRS III rückt Deutschland 2026 erneut ins strategische Zentrum des wissenschaftlichen Rechnens. Die neue Architektur wird nicht nur klassische Simulationen beschleunigen, sondern auch eng mit AI-getriebenen Workloads verzahnt sein – von probabilistischer Optimierung bis Quantennahem Computing.

Besonders vielversprechend ist die Kopplung aus KI und HPC: Deep Learning auf strukturierter Simulationsausgabe eröffnet neue Horizonte in Bereichen wie Genomik, Smart Energy Grids oder robotergestützter Automation. Dabei bleibt eines klar: Der Supercomputer ersetzt nicht die Forschung – er erweitert ihren Möglichkeitsraum.

In einer Welt, in der Geschwindigkeit, Präzision und Nachhaltigkeit die Maximen von Innovation sind, werden Supercomputer wie Herder zum entscheidenden Faktor. Ob Wissenschaft, Industrie oder Gesellschaft: Die nächste Welle der Erkenntnis läuft auf Höchstleistung.

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